Viel Mühe nach Corona-SchockZweiter EM-Sieg: Keeper Klimpke bringt deutsche Handballer in Erfolgsspur

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat auch ihr zweites EM-Spiel gewonnen. Vor der Partie gegen Österreich musste Alfred Gislason den coronabedingten Ausfall von Torjäger Julius Kühn verkraften.

Sie klatschten sich erleichtert ab und pusteten einmal kräftig durch. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hatte in ihrer zweiten EM-Vorrunden-Partie am Sonntagabend (16. Januar 2022) gegen Österreich aber mehr Probleme als erwartet. Am Ende stand zwar mit 34:29 (15:16) der zweite Sieg für das Team, der war aber ein hartes Stück Arbeit.

Turnierdebütant Till Klimpke (23) zeigte etliche Paraden und führte die deutsche Mannschaft in die Spur. Für Christoph Steinert war der Keeper klar der Mann des Spiels. Die Turnierorganisatoren wählten jedoch Rechtsaußen Timo Kastening, der neun Tore erzielte.

Erneut legte die DHB-Auswahl einen Fehlstart hin, lief trotz einer in der Anfangsphase bärenstarken Torhüterleistung von Klimpke direkt einem 0:3-Rückstand hinterher. Zur Pause gingen die Österreicher mit einem 16:15-Vorsprung in die Kabine.

Wie schon beim Auftaktsieg gegen Belarus lief es im ersten Durchgang nicht beim deutschen Team. Die Ösis, die ihr erstes Spiel gegen Polen verloren hatten, wirkten wesentlich aggressiver. Beim deutschen Team stand die Defensive nicht stabil.

Die Führung wechselte mehrmals, bis zum 20:20 in der 40. Minute war die Partie total ausgeglichen. Erst dann riss das deutsche Team die Begegnung langsam an sich, obwohl sich in der Abwehr weiter große Lücken auftaten. In der 51. Minute stand mit 30:26 erstmals eine beruhigende Vier-Tore-Führung auf der Anzeigetafel.

Deutschlands Sebastian Heymann (M) versucht sich gegen Österreichs Tobias Wagner (r) durchzusetzen.

Der Österreichische „Koloss“ Tobias Wagner versucht Deutschlands Sebastian Heymann zu stoppen.

„Wir sind wieder nicht gut reingekommen, die Abwehr war in der ersten Hälfte extrem löchrig. Till Klimpke hat eine sehr gute Leistung gezeigt, in der zweiten Halbzeit war es vorne und hinten dann viel besser“, sagte Gislason in der ARD. „Es war nicht alles Gold, was glänzt. Die zweite Hälfte war eine Riesen-Steigerung. Till hat das wahnsinnig gemacht heute“, meinte Christoph Steinert.

Im abschließenden Vorrundenspiel am Dienstag (18 Uhr/ZDF) gegen Polen genügt nun ein Punkt für den sicheren Einzug in die nächste Turnierphase. Die ersten beiden Mannschaften aller sechs Vorrundengruppen qualifizieren sich für die Hauptrunde.

Nicht dabei beim deutschen Team war übrigens Julius Kühn (28). Der musste am Sonntagmorgen seine Koffer packen – Zwangsumzug ins Quarantänehotel. „Ich hoffe, dass ich möglichst bald wieder zum Team zurückkehren und das Turnier fortsetzen kann“, sagte Kühn. Doch zunächst heißt es für den coronainfizierten Torjäger der deutschen Handballer: Strenge Isolation statt sorgenfreie Titeljagd mit dem Team.

Julius Kühn wohnt nun im Quarantäne-Hotel

Kühn fällt bei der EM mindestens für den Rest der Vorrunde aus. Mit seinem positiven Befund hat das Coronavirus nun auch das deutsche Team erreicht – und die DHB-Auswahl in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

„Das war natürlich ein Schreck für uns alle, wir verfallen aber nicht in Panik“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer (45): „Wir werden unsere Hygieneregeln weiter strikt befolgen und müssen dennoch immer auf der Hut sein. Der Fall zeigt, dass es uns alle jederzeit treffen kann.“

Deutsche Handball-Nationalmannschaft in höchster Alarmbereitschaft

Die Schnelltests beim DHB-Team am Sonntagmorgen fielen durchweg negativ aus. Auch bei Kühn, laut DHB symptomfrei und geboostert, hatte ein solcher Schnelltest nicht angeschlagen. Noch am Nachmittag hatte der Rückraumspieler der MT Melsungen, der beim 33:29-Auftakterfolg gegen Belarus mit sechs Treffern zu den besten Torschützen zählte, das Abschlusstraining vor dem Duell mit Österreich absolviert. Doch das Ergebnis einer PCR-Testung fiel positiv aus.

Alfred Gislason nominierte Hendrik Wagner für das Polen-Spiel

Kühns positiver Befund ist nicht gleichbedeutend mit dessen EM-Aus. Weil die Europäische Handball-Föderation (EHF) die verpflichtende Quarantäne positiv getesteter Spieler bei Vorlage von zwei negativen PCR-Tests von 14 auf 5 Tage verkürzte, darf Kühn – bei sportlicher Qualifikation – auf eine Rückkehr in der Hauptrunde hoffen.

Deutschlands Julius Kühn in Aktion.

Julius Kühn gehörte im Spiel gegen Belarus am 14. Januar 2022 zu den erfolgreichsten deutschen Spielern.

Nach dem Ausfall Kühns beorderte Bundestrainer Alfred Gislason (62) kurzerhand Hendrik Wagner (24) in die Slowakei. Der Rückraumspieler vom Zweitligisten Eulen Ludwigshafen trat am Sonntag die Reise nach Bratislava an und könnte schon im abschließenden DHB-Vorrundenspiel am Dienstag (18 Uhr/ZDF) gegen Polen zum Einsatz kommen.

Die deutsche Delegation ist beileibe nicht das einzige von Corona betroffene Team. Im Vorfeld und während des Turniers waren bereits zahlreiche Spieler anderer Nationen positiv getestet worden. Die Sorgen sind überall riesig.

Gislason kritisiert lockere Corona-Bestimmungen in Ungarn

Dies gilt auch mit Blick auf die lockeren Corona-Bestimmungen im Co-Gastgeberland Ungarn. „Ich bin gespannt, wie das weitergeht in diesem Turnier“, sagte Gislason: „Wenn man sieht, dass in Budapest 20.000 bei einem Spiel sind und keiner eine Maske trägt, muss man sehen, welchen Verlauf das dann nimmt.“ Der Ausrichter ordnete nun für die ungarischen Spielorte eine Maskenpflicht an, eine Zuschauerbeschränkung gibt es weiterhin nicht. (msw/sid)