Der Automobil-Weltverband FIA hat angekündigt, das Hoppeln der Formel-1-Boliden durch neue Reglements zu verhindern. Damit wird vor allem auf die Gesundheit der Fahrer Rücksicht genommen.
Formel 1Wegen Hoppel-Autos: Kölner Sportwissenschaftler warnt vor frühzeitigem Kariereende
„Ich habe auf die Zähne gebissen. Am Ende betet man nur noch, dass es zu Ende ist“, sagte Lewis Hamilton (37) nach dem Großen Preis von Aserbaidschan. Nur wenige Minuten zuvor war der Athlet wie ein alter Greis aus seinem Cockpit geklettert. Hintergrund waren enorme Rückenschmerzen, die durch das Hoppeln der Formel-1-Autos entstanden waren.
Nun darf Hamilton, wie auch alle anderen Piloten durchatmen. Der Automobil-Weltverband FIA hat am Donnerstag (16. Juni 2022) auf die Sorgen, Nöte und (Rücken-)Schmerzen der Formel-1-Stars reagiert und will das Hüpfen der neuen Rennwagengeneration umgehend „verringern“, am besten sogar „beseitigen“.
Die FIA beschloss ein Maßnahmenpaket gegen das sogenannte „Porpoising“, bereits beim Großen Preis von Kanada am Sonntag (19. Juni 2022, 20 Uhr/Sky) soll die Besserung sicht- und spürbar sein. Auch für Sportwissenschaftler Ingo Froböse (65) steht fest: „Das Hüpfen des Autos muss minimiert werden!“
Gefahr von Langzeit-Schäden an der Wirbelsäule: Froböse fordert schnelles Handeln
„Grundsätzlich sind Belastungen in einer vernünftigen Form insbesondere für den Rücken gut – der braucht Stoß-Belastungen, weil das Knochen-Wachstum dadurch gefördert wird“, erklärte der Sportwissenschaftler gegenüber der „Bild“.
Froböse betont jedoch: „Da die Sitze in den Formel-1-Autos nicht wirklich komfortabel gepolstert sind, kann es unter anderem zu kleinen Wirbel-Einbrüchen kommen, wenn der Rücken zu vielen Stoß-Belastungen ausgesetzt ist.“
„Was nicht passieren darf, ist, dass die Piloten zu häufig diesen heftigen Belastungen ausgesetzt sind. Ansonsten könnten Langzeit-Schäden an der Wirbelsäule entstehen, die die Fahrer zum frühzeitigen Karriereende zwingen könnten oder zu dauerhaften Schmerzen nach der aktiven Laufbahn“, mahnt der Gesundheits-Experte.
Wegen der Sicherheit: FIA kommt Wunsch der Fahrer nach
„Ich bin mehr als glücklich, dass sie es ernst nehmen“, sagte Pierre Gasly (26) am Donnerstag in Montreal nach der FIA-Ankündigung. Der AlphaTauri-Pilot hatte nach dem Hoppel-Rennen in Baku in der vergangenen Woche energisch Maßnahmen gefordert. Man dürfe die Fahrer nicht vor die Wahl zwischen „unserer Gesundheit und der Performance“ stellen, hatte der Franzose gesagt. Er wolle nicht mit 30 Jahren einen „Krückstock“ benötigen.
Die FIA erhörte ihn und die anderen prominenten Kritiker wie die Ex-Weltmeister Sebastian Vettel (34), Hamilton oder dessen Mercedes-Teamkollegen George Russell (24).
„In einem Sport, in dem die Teilnehmer mit Geschwindigkeiten von über 300 km/h fahren, muss die gesamte Konzentration eines Fahrers auf diese Aufgabe gerichtet sein, und übermäßige Müdigkeit oder Schmerzen eines Fahrers könnten erhebliche Folgen haben, wenn sie zu einem Konzentrationsverlust führen“, erklärte die FIA und verwies weiterhin auf „Bedenken in Bezug auf die unmittelbaren körperlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Fahrer“.
Konkret wollen die Regelhüter künftig unter anderem die Bodenplatten der Fahrzeuge schärfer auf Abnutzung kontrollieren. Außerdem soll eine Kennzahl festgelegt werden, die „eine quantitative Grenze für das akzeptable Maß an vertikalen Schwingungen darstellt“.
Andere Kräfteverhältnisse wegen Neu-Reglement?
Die große Frage lautet nun: Wer profitiert am meisten von der neuen Regelung – von den Piloten einmal abgesehen. Branchenführer Red Bull, der das Bouncing bislang vergleichsweise gut im Griff hatte? Oder doch Ferrari und die Teams des vorderen Mittelfelds um Mercedes?
Während Gasly glaubt, dass sich die Hackordnung durch die Anpassungen allenfalls „minimal“ verändern wird, hält Haas-Teamchef Günther Steiner „grundlegende“ Veränderungen im Kräfteverhältnis für möglich. Die nächsten Tage werden zeigen, wer richtig liegt.
Konfliktpotenzial bietet in jedem Fall der Umstand, dass während der Saison von außen massiv ins Geschehen eingegriffen wird. „Es wäre unfair, die zu bestrafen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben“, hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner im Vorfeld des Kanada-Rennens erklärt. (sid)