Austin-StrafeWut über Regelauslegung – Norris motzt: „Andere Fahrer auch nicht einverstanden“

Lando Norris (r.) im Gespräch mit Max Verstappen.

Lando Norris (r.) fühlt sich im Vergleich zu Max Verstappen ungerecht behandelt. (Foto: 19. Oktober 2024)

Wird in der Formel 1 mit zweierlei Maß gemessen? Ja, findet Lando Norris.

von Oliver Reuter  (reu)

Im Fußball stehen fast jeden Spieltag die Schiedsrichter und Videoassistenten wegen unterschiedlicher Regelauslegungen in der Kritik. Vor allem bei Handspielen im Strafraum nach dem EM-Skandal um den Spanier Marc Cucurella (26).

Auch in der Formel 1 sorgen die FIA-Rennkommissare für Dauer-Ärger. Hier geht es um Strafen für das Verlassen der Strecke („Track Limits“). Und da wurde im letzten Rennen in Austin wieder mit zweierlei Maß gemessen – sehr zum Leidwesen von WM-Anwärter Lando Norris (24).

Lando Norris deutet „Lex Verstappen“ an

Der McLaren-Verfolger des WM-Führenden Max Verstappen (27, Red Bull) hatte den Niederländer in Austin kurz vor Schluss außen überholt, war dabei von „Mad Max“ aber von der Strecken gedrängt und von den FIA-Rennkommissaren Garry Connelly (Australien), Dennis Dean (USA), Loic Bacquelaine (Belgien) und Derek Warwick (England) mit einer Fünf-Sekunden-Strafe belegt worden. Dadurch verlor der Brite Platz drei wieder an Verstappen, der dadurch vor dem Mexiko-GP (Sonntag, 27. Oktober 2024, 21 Uhr, Sky) mit 57 WM-Punkten vor Norris führt.

Dagegen hatte der McLaren-Pilot gewettert („Max hat sich hart und außerhalb der Strecke verteidigt“) und sein Team Protest eingelegt. Teamchef Andrea Stella (53) führte gegen die eigentlich nicht anfechtbare Tatsachenentscheidung bei einer FIA-Anhörung mit Videoaufnahmen als neue Beweislage an, dass Norris beim Bremspunkt klar vor Verstappen gelegen und damit nicht überholt, sondern seinen Platz verteidigt habe.

„Ich war vollständig vor Max. Ich war mehr als eine Wagenlänge vor ihm, also war ich nicht mehr das angreifende Auto, sondern er. Also effektiv gesehen ist er zu hart reingefahren und hat abseits der Strecke überholt. Ich habe nur meine Position gehalten“, bestätigte Norris.

Er kritisierte Verstappens rüde Fahrweise: „Er ist am Scheitelpunkt nur vor mir gewesen, weil er neben die Strecke gefahren ist. Er wäre am Scheitelpunkt nicht vor mir gewesen, wenn er dort gebremst hätte, wo er hätte bremsen sollen, und auf der Strecke geblieben wäre. Ich denke, das ist eindeutig.“

Doch die Rennkommissare sahen darin keine neuen Beweise und lehnten die Möglichkeit eines Einspruchs ab. „Es gibt kein neues Element“, hieß es in der Begründung. Und das ist umso fragwürdiger, da sie in einer vergleichbaren Szene in Austin die Track-Limits-Regel komplett andersherum auslegten.

Mercedes-Pilot George Russell (26) überholte an der gleichen Stelle Valtteri Bottas (35) und drängte dessen Sauber dabei wie Verstappen außerhalb der Strecke. Danach belegte die Rennleitung Russell mit einer Fünf-Sekunden-Strafe, woraufhin der Brite in den Funk schrie („Was?“) und Mercedes-Teamchef Toto Wolff (52) ihm beipflichtete: „Totaler Witz mit der Strafe, George, totaler Witz.“

Dieses Messen mit zweierlei Maß ärgert Fahrer und Fans, Norris deutete in Austin bereits eine „Lex Verstappen“ an, da die FIA dem Dreifach-Weltmeister seine Rüpeleien zu oft durchgehen ließe. Diesen Standpunkt unterstrich er nun in Mexiko: „Der generelle Gedankenprozess, wie sie die Regeln anwenden, ist ihr Job. Und wenn das Regelbuch sagt, dass es eine Strafe gibt, dann müssen sie die auch anwenden. Was letztes Wochenende passiert ist, ist nicht in diese Richtlinien gefallen.“ Norris weiß viele Kollegen auf seiner Seite: „Viele andere Fahrer waren auch nicht einverstanden, und auch andere Teams waren nicht einverstanden.“