„Nicht so oft in die Kiste hüpfen“Turn-Trainerin mischte sich sogar ins Sexleben ein

Kim Bui verabschiedet sich vom Leistung-Turnen und vom Publikum. Über den Schultern trägt sie eine Deutschland-Flagge.

Kim Bui verabschiedete sich bei der EM am 14. August 2022 vom Leistung-Turnen. Nun blickt sie zurück und macht Missstände öffentlich.

Erst vor Kurzem hatte Kim Bui ihre Essstörung öffentlich gemacht. Nun hat die ehemalige Turnerin über weitere Missstände in ihrem Sport gesprochen.

Die frühere Kunstturnerin Kim Bui hat schwere Missstände in ihrer Sportart angeprangert. „Mündige Sportler sind oftmals nicht gewollt, die stören nur“, sagte die 34-Jährige im „Stern“-Interview Anfang März 2023.

Die langjährige Athletin des MTV Stuttgart, die mehr als 20 Jahre dem Kader des Deutschen Turner-Bundes (DTB) angehörte, beklagte vor allem Grenzüberschreitungen des Trainerstabs. Sie habe als Sportlerin „funktionieren“ müssen, so Bui.

Kim Bui: „Wie eine Drogenabhängige“

Bei Ansagen habe sie keine Widerworte geben dürfen. Sie habe nur das essen sollen, „was die Trainerin erlaubt“, auch Partys seien Tabu gewesen. Zudem habe sich eine Trainerin in ihre Intimsphäre eingemischt und empfohlen, dass sie mit ihrem Freund „nicht so oft in die Kiste hüpfen“ solle – denn dies schade dem Turnen.

Während ihrer Karriere hatte Bui mehrere Jahre unter einer Bulimie gelitten, Auslöser seien die ständigen Gewichtskontrollen durch ihre Coaches gewesen. Um die Gewichtsvorgaben einhalten zu können, erbrach sie sich. „Es war eine Quälerei“, schilderte Bui: „Ich habe gewürgt und gewürgt, bis endlich was kam. Ich hing danach neben der Toilettenschüssel wie eine Drogenabhängige, die sich einen Schuss gesetzt hat.“

Wegen ihrer Essstörung hatte sich Bui in therapeutische Behandlung begeben, heute bezeichnet sich die zweimalige EM-Dritte als geheilt.

In einer Dokumentation des Bayrischen Rundfunks „Hungern für Gold“, die seit 27. Februar in der ARD Mediathek und am 5. März im Ersten sowie am 8. März im BR zu sehen ist, wollen Bui und die frühere Langläuferin und Biathletin Miriam Neureuther (32) über das Tabuthema sprechen und damit anderen Betroffenen helfen.

„Es war sehr wichtig, dass ich mir professionelle Hilfe gesucht habe. Durch die Therapie habe ich wieder einen guten Bezug zu mir, meinem Körper und dem Essen bekommen“, sagte Bui in einem Interview mit der dpa.

Bui weiter: „Das Gewicht spielt immer eine Rolle im Turnen, da das Kraft-Last-Verhältnis wichtig ist. Gesunde Ernährung ist für mich unabdingbar und sollte es für jeden sein. Heute, ohne den Leistungssport, schaue ich das ein oder andere Mal weniger drauf, was auf den Teller kommt.“ (sid/dpa)