Titelverlust und Hymnen-SkandalJetzt spricht der Kölner Mahmoud Charr Klartext: „Ich war schockiert“

Mahmoud Charr vor seinem Boxkampf am 7. Dezember 2024 gegen Kubrat Pulwe in Sofia.

Mahmoud Charr vor seinem Boxkampf am 7. Dezember 2024 gegen Kubrat Pulwe in Sofia.

Boxer Mahmoud Charr verliert seinen WM-Titel an Kubrat Pulew. Der „Koloss aus Köln“ will trotzdem weiter boxen.

von Oliver Reuter  (reu)

Aus der Traum vom großen Titelvereinigungskampf gegen Alexander Usyk (37) oder Tyson Fury (36). Der Kölner Profiboxer Mahmoud Charr (40) hat seinen WBA-Gürtel an den Routinier Kubrat Pulew (43) verloren.

Der von Kult-Trainer Ulli Wegner (82) trainierte Bulgare gewann in seiner Heimatstadt Sofia einstimmig nach Punkten gegen Charr. Für den stellt sich nun die Frage, ob er weiterboxen möchte oder seine Karriere beendet.

Mahmoud Charr will auf jeden Fall weiterboxen

Sieben Jahre nach seinem Titelgewinn gegen den Russen Alexander Ustinov (47) in Oberhausen endet für den „Koloss von Köln“ eine von geplatzten Kämpfen und Rechtsstreitigkeiten mit Promoter Don King (93) geprägte Ära. Aufgrund seiner fehlenden Wettkampfpraxis war er trotz der Punktniederlage mit sich im Reinen.

EXPRESS.de erreichte Charr in Sofia. „Es war eine starke Leistung gegen einen guten Gegner, der im Gegensatz zu mir durchgängig geboxt hat und noch im März im Ring stand“, sagte der Kölner.

Und was war der Knackpunkt? „Ich war gut vorbereitet und mir hundert-prozent siegessicher. Dieses Gefühl hatte ich auch im Ring und wollte viel mehr machen. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich durch die lange Wettkampfpause etwas eingerostet war, meine Schläge kamen nicht richtig durch. Trotzdem bin ich zwölf Runden durchgegangen und stolz auf meine Leistung.“

Der von Ex-Chagaev-Coach Magomed Schaburow (54) trainierte Charr setzte aus seiner Doppel-Deckung heraus auf Körpertreffer. Pulew variierte neben dem linken Jab mit Haken und Schwingern. Ab der 3. Runde setzte Pulew dann klare Treffer, die Charr einen Cut an der linken Augenbraue bescherten. Den konnte sein Cutman Tim Kuchenbuch (52) aber gut schließen.

Der „Diamond Boy“ hatte angekündigt, in diesem Kampf noch einmal glänzen zu wollen und versuchte Pulew zuzusetzen. Doch außer einer blutenden Unterlippe und einem Cut am Kopf fügte er ihm keine Wirkungstreffer zu und musste in den letzten Runden schon auf einen Lucky Punch hoffen. Doch der blieb aus, und die Punktrichter urteilten mit zweimal 117-111 und 116-112 für Pulew.

Charr sagte: „In Sofia waren natürlich alle gegen mich. Wäre der Kampf in Deutschland gewesen, hätte es auch ein Remis geben können.“ Trotz des Titelverlustes stellt er klar: „Natürlich boxe ich weiter.“ Wann und gegen wen werde jetzt sein Management klären.

Skandal schon vor dem Kampf von Mahmoud Charr

Bevor der Fight in der mit 11.000 Fans gefüllten Arena unter ihnen auch die Ex-Weltmeister Sven Ottke (57) und Arthur Abraham (44) los ging, leisteten sich die Veranstalter einen Fauxpas. Bei der Hymne für Charr, der 2021 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hatte, spielten sie die verpönte erste Strophe („Deutschland, Deutschland über alles“).

Charr schaute irritiert, konnte aber nicht eingreifen. Am Sonntag sagte er gegenüber EXPRESS.de: „Das mit der falschen Strophe habe ich sofort gemerkt und es meinem Trainer gesagt. Das ist ja der größte Skandal, das geht bei so einem internationalen Titelkampf auf keinen Fall. Ich war schockiert.“ Auch Promoter Erol Ceylan (52) beschwerte sich: „Peinlich von der Organisation.“

Nach dem Titelverlust werden sich ihre Wege erstmal trennen. „Unser Vertrag ist beendet, jetzt bin ich vertragsfrei und orientiere mich neu wahrscheinlich in Saudi-Arabien“, erklärt der aktuell in Dubai lebende Charr. Die nächsten Tage verbringt er nun bei seiner Frau Marina und Sohn in der Schweiz, bevor er mal wieder nach Köln kommt. „Ich freue mich schon darauf, mal wieder Freunde in Köln zu treffen.“