Ex-Schwimmer Oliver Zeidler muss das Tokio-Trauma überwinden, um seine Ruderkarriere endlich mit Olympia-Gold zu krönen.
Will Tokio-Trauma überwindenDeutsche Medaillen-Hoffnung: Ruder-Star Zeidler und der Traum von Gold
Die Momente, in denen sein Goldtraum im Hafen von Tokio versank, schießen Oliver Zeidler (28) noch immer durch den Kopf.
Drei Jahre liegt jenes verhängnisvolle Halbfinale zurück, das eigentlich nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Olympiasieg hätte sein sollen, sich stattdessen aber zur vielleicht bittersten Niederlage entwickelte. Doch in Paris will der deutsche Einer-Dominator sein Trauma endlich überwinden - und seine einzigartige Ruderkarriere krönen.
Oliver Zeidler: „Dann sollte auch eine Medaille herumkommen“
Seit diesem „herben Rückschlag“ bei den Sommerspielen 2021 hat Zeidler „sehr viel“ an sich gearbeitet. Deshalb geht er nun „mit sehr viel Selbstvertrauen in die olympische Regatta“, betont er vor dem Start in seine Olympia-Mission mit dem Vorlauf am Samstagmorgen.
Die Taktik für den erneuten Angriff auf den Ruderthron ist längst ausgetüftelt, „wenn ich sie umsetzen kann, bedeutet das, dass ich ein sehr gutes Rennen gefahren bin, und dann sollte auch eine Medaille herumkommen“.
Es ist das Mindestziel für den dreimaligen Weltmeister, der nach seinem Wechsel 2016 vom Schwimmen zum Rudern einen bemerkenswerten Aufstieg hinlegte. Seit Jahren beherrscht Zeidler die Einer-Szene, die einzige echte Medaillenhoffnung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) für Paris gewann zuletzt nahezu alles und erarbeitete sich wenig überraschend den Status als Topfavorit. Die Voraussetzungen vor Tokio waren allerdings ähnlich.
Dort aber hatte sich der Traum von Gold zum Albtraum entwickelt. Nach dem „mit Abstand schlechtesten Rennen“ seines Jahres mit schwierigen Windbedingungen schied Zeidler im Halbfinale aus, er war derart geknickt, dass er erst einen Tag später Worte für das unerwartete Desaster fand. Als Siebter reiste Zeidler letztlich aus Japan nach Hause - und brauchte im Anschluss erst einmal Abstand vom Rudern.
Zwei Monate dauerte die Auszeit, in der er mit einem Freund viel in den Bergen unterwegs gewesen war. Nahe des Rotsees in Luzern, seiner Lieblingsstrecke im Ruder-Weltcup, packte ihn dann wieder die Motivation - und dieser eine Gedanke: „Wenn ich nach Hause komme, steige ich wieder ins Boot und fange an zu rudern. Da war Paris auf jeden Fall in meinem Kopf“, sagt Zeidler im Rückblick.
Seither dreht sich fast alles im Leben des einstigen Schwimmers, der von seinem Vater und Trainer Heino betreut wird, um das Olympia-Finale am 3. August. Wie schon in Tokio müsse er sich im Wassersportstadion von Vaires-sur-Marne auf „schwierigere Bedingungen“ einstellen. Erst im Juni hatte Zeidler auch deshalb nochmal dort trainiert. „Ich bin Bestzeiten auf dieser Strecke gefahren“, berichtet er, „und mit sehr viel Selbstvertrauen nach Hause gereist.“
Nun ist Zeidler zurück in Paris. Die Eröffnungsfeier am Freitag lässt er sausen, dafür genoss er am Mittwoch noch seinen 28. Geburtstag im Kreise des deutschen Ruderteams mit einem Kuchen und Wunderkerzen. Und auch auf die Unterstützung seiner Freundin Sofia Meakin, die für die Schweiz rudert, kann er zählen. Alles scheint angerichtet - um die bösen Geister von Tokio endgültig zu vertreiben. (sid)