Milliarden-Geschäft Olympia. Doch was passiert eigentlich mit den Gewinnen? Bisher streicht das Internationale Olympische Komitee unter Präsident Thomas Bach (67) fast die gesamten Einnahmen ein. Hinter den Kulissen formiert sich nun eine Großzahl der Athleten, um für eine faire Bezahlung zu kämpfen. Die deutschen Sportler haben dabei zumindest schon einen Teilerfolg gefeiert.
Milliarden GewinneAthleten attackieren IOC-Funktionäre und kämpfen für faire Bezahlung
Tokio/Köln. Wer Gold für Deutschland holt wird nicht reich: 20.000 Euro gibt es als Prämie von der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Ruderer Oliver Zeidler ist entsetzt. „20.000 Euro ist wirklich ein bisschen peinlich“, sagte er vor den Spielen beim Presseclub in München: „Da kann man mindestens eine Null dranhängen.“
Seit 2014 sind die Prämien in Deutschland gleich: 20.000 Euro für Gold, 15.000 für Silber, 10.000 für Bronze. Vor Steuern. Es gibt Geld bis zum achten Platz (1500 Euro).
Olympia: Deutsche Athleten bekommen 20.000 Euro für Gold
In anderen Ländern gibt es wesentlich mehr: Singapur zahlt für Gold 850.000 Euro. In Indonesien gibt es 631.000 Euro, in Kasachstan 211.000 Euro. Auch die Italiener zahlen deutlich mehr für Gold als die Deutschen: 150.000 Euro. Für polnische Sieger gibt es sogar eine lebenslange, steuerfreie Rente.
Die deutschen Athleten sind weltweit mit am schlechtesten bezahlt was die Prämien angeht. Wer zwei oder mehr Goldmedaillen holt, wird zudem nur einmal ausbezahlt. IOC-Präsident Thomas Bach sagte vor den Spielen in Rio 2016: „Wenn jemand Leistungssportler wird, um durch einen Olympiasieg ausgesorgt zu haben, dann würde ich ihm - flapsig gesprochen - eher empfehlen, zur Lotto-Annahmestelle zu gehen.“ Ein Satz der wie eine Ohrfeige bei den Athleten wirkt.
Geht es nach den Athleten, kann sich Bach seine Sprüche sparen. Das IOC macht nämlich mit Olympia und der Vermarktung Milliarden-Gewinne. Davon entfallen lediglich vier Prozent indirekt an die Hauptakteure, die Athleten.
„Athleten Deutschland“ fordern faire Bezahlung
Die Vereinigung „Athleten Deutschland“ kämpft schon Jahre um eine faire Beteiligung der Sportler an den Gewinnen. Fechter Maximilan Hartung (31) Gründungspräsident von „Athleten Deutschland“ hat klare Forderungen und kritisiert das IOC scharf im ZDF: „Wir haben nach Rio gefordert, dass wir fair verhandeln müssen, dass wir als Athleten fair beteiligt werden müssen. Die, die dafür sorgen, dass hier so viel Geld umgesetzt wird, werden aber nicht fair beteiligt.“
Das IOC bleibt aber stur. Die IOC-Funktionäre residieren in einem der teuersten Hotels in Tokio. Mit den Spielen in Japan sollen knapp vier Milliarden Euro verdient werden. Der Kanadier Rob Koehler (früher bei der Wada) kämpft heute als Gewerkschafter für die Athleten. Er sagt gegenüber dem ZDF: „Es ist ein archaisches System, das sich seit Jahrzehnten nicht verändert hat. Das IOC diktiert alles. Vor allem, was die Athleten bekommen oder eben nicht bekommen. Das größte Problem in meinen Augen ist, dass es keine faire finanzielle Grundlage gibt, keine Beteiligung am Gewinn und kaum Mitsprache.“
Köhler hat sich die IOC-Finanzen mit Wirtschaftsexperten genau angeschaut und sagt: „Auf das Jahr gerechnet nimmt das IOC rund 1,4 Milliarden US –Dollar ein. Davon gehen indirekt vier Prozent an die Athleten durch Förderprogramme der nationalen Verbände. Heißt also: Das IOC kassiert Milliarden und behält quasi alles für sich selbst.“
Hartung will für Änderungen kämpfen: „Ich glaube, dass wir unsere Interessen nicht ausreichend organisieren. Dass wir also nicht sagen können: Wir, die Athleten, wir sind 10.000 aus allen möglichen Ländern, wenn die Bedingungen nicht fair sind, dann treten wir nicht an. Wenn man an die amerikanischen Profiligen denkt und stelle sich vor, dass die Sportler dort nicht mitverdienen würden – das geht irgendwie nur bei den Olympischen Spielen.“
Bundeskartellamt kippt Regel 40 des IOC
Auch die Vermarktung wird vom IOC knallhart vorgegeben in der Regel 40, die Sportler dürfen nicht für ihre eigenen Partner werben während der Spiele. Die „Athleten Deutschland“ haben diese Regel aber für ihr Team gekippt. Das Bundeskartellamt hat 2019 entschieden, dass Regel 40 unzulässig ist. Das IOC müsse sich an das Wettbewerbsrecht halten.
Auch in anderen Ländern wollen Athleten jetzt gegen das IOC klagen. Hartung: „Ich glaube schon, dass wir eine einzigartige Organisation aufgebaut haben und das andere Athleten jetzt gucken: Wie macht ihr das in Deutschland?“ Immer mehr unabhängige Athleten wollen dem IOC in Zukunft die Stirn bieten.