Nike Lorenz will in Tokio ein Zeichen für Vielfalt setzen. Doch die Kapitänin der deutschen Hockey-Nationalmannschaft vermisst die Rückendeckung des DOSB.
„Keine Rückmeldung“Regenbogen-Wirbel in Tokio: Deutscher Hockey-Star kritisiert DOSB scharf
Köln/Tokio. Bereits die jüngste Fußball-EM ist von mehreren Rassismus-Eklats überschattet worden – inklusive Debatten, die teils nur noch Kopfschütteln und Fassungslosigkeit ausgelöst hatten. Nun droht bei den Olympischen Spielen (23. Juli bis 8. August) in Tokio der nächste Wirbel.
So will Nike Lorenz (24), Kapitänin der deutschen Hockey-Damen, in Japan mit einer Regenbogen-Binde auflaufen. Doch ob sie das darf, ist unklar.
Hockey-Star Nike Lorenz will Regenbogen-Binde in Tokio tragen
Denn zwar sind politische Botschaften bei den Spielen nicht grundsätzlich verboten – wohl aber während der Wettkämpfe. „Die Rechtslage erscheint mir relativ schwammig. Vor allem, was eine mögliche Bestrafung angeht“, sagte Lorenz nun der „FAZ“. „Ich weiß nicht, inwiefern ich von wem bestraft werde, wenn ich sie in Situationen trage, in denen ich sie nicht tragen dürfte,“ meinte die Bronzemedaillengewinnerin von Rio 2016, die ein Zeichen gegen Diskriminierung und für die Rechte der LGBTQ-Community setzen will.
Kurios: Die DHB-Spielführerin dürfte die Binde laut offiziellen Statuten theoretisch beim Aufwärmen tragen, müsste sie dann zu Spielbeginn abnehmen. Nach Spielende müsste sie dann wieder keine Strafe fürchten: „Ich darf sie à la Manuel Neuer im Interview anschließend in die Kamera halten.“ Zuletzt hatte die UEFA bei der EM zwischenzeitlich gegen DFB-Keeper Manuel Neuer (35) ermittelt, weil der bei den deutschen Spielen stets mit bunter Binde aufgelaufen war.
Hockey-Kapitänin Nike Lorenz kritisiert DOSB scharf
Ein weiteres Problem: Weil auch die Regeln der jeweiligen internationalen Sportfachverbände entscheidend sind, gibt es in Tokio auch noch unterschiedliche Vorschriften für unterschiedliche Sportarten. Wie diese aber genau aussehen, ist offenbar unklar.
Lorenz, die die Binde in den jüngsten Spielen jeweils getragen hatte, ist nun ratlos: „Ich fühle mich schon ein bisschen alleingelassen auf weiter Flur. Ich werde natürlich nichts machen, was meine Mannschaft in Gefahr bringt und unser Turnier in irgendeiner Art und Weise einschränken könnte. Wenn ich vom DOSB Unterstützung hätte, und wenn ich nur wüsste, wie die Sanktion aussieht“, erklärte die Verteidigerin vom KTHC Rot-Weiss Köln. Lorenz weiter: „Wenn ich wüsste, ich müsste nur Geld zahlen, wäre es etwas, worüber ich nachdenken würde.“
Die Kapitänin griff daher auch den Deutschen Olympischen Sport-Bund an. Sie kritisierte, dass die Sportler vom DOSB „keine Rückmeldung, keine Sicherheit bekommen, keinerlei Unterstützung oder auch nur Positionierung, wofür der DOSB stehen würde. Unterstützung ist das jedenfalls nicht.“
Die deutschen Hockey-Damen treffen in Japan zunächst in der Vorrunde (Pool A) auf England (25. Juli), Indien (26. Juli), Irland (28. Juli), Südafrika (30. Juli) und die Niederlande (31. Juli). Das Endspiel steigt am 6. August. (kos)