Leonie Beck startet vor Olympia noch bei der EM. Doch mit ihren Gedanken ist sie schon bei der „Toilette von Paris“.
Fäkalien, Müll und ein ShitstormDeutsche Schwimmerin zittert vor Olympia-Rennen: „Toilette von Paris“
Leonie Beck ist eine der wenigen Olympiastarterinnen bei der Schwimm-EM in Serbien. In Gedanken ist sie schon in Paris – bei einem unangenehmen Problem.
Olympiasieger Florian Wellbrock trainiert lieber in der Höhe, auch Weltmeisterin Angelina Köhler verzichtet, nur Titelverteidigerin Leonie Beck nimmt die Schwimm-EM auf dem Weg nach Paris mit.
Shitstorm für Macron-Bad in der Seine
„Ein gutes Resultat ist immer gut für den Kopf“, sagt die 27-Jährige. Am Mittwoch testet die Freiwasserschwimmerin in Belgrad über zehn Kilometer ihre Form – 57 Tage vor dem wichtigsten Rennen ihrer Karriere.
Mit der Olympiastrecke in der Seine verbindet Beck derzeit aber vor allem Negatives. Als sie vor drei Wochen bei einem Termin mit ihrem Ausrüster arena Paris besuchte, waren die Bedingungen vor Ort das große Thema. „Die Strömung ist nicht so stark wie im Winter. Aber wenn es geregnet hat, kann sie auch extrem sein. Ich denke, das größte Problem ist die Wasserqualität“, sagt die Würzburgerin, die in Italien lebt und trainiert.
1,4 Milliarden Euro sind investiert worden, um die olympischen Wettkämpfe in einem Fluss zu ermöglichen, in dem seit 100 Jahren das Baden verboten ist – weil er mit Fäkalien, Pestiziden und Abfall verdreckt ist. Ein riesiges Rückhaltebecken soll bei starken Regenfällen ein Überlaufen der Abwässer in die Seine verhindern. Das funktioniert noch nicht. Am Freitag musste erneut ein Testwettkampf abgesagt werden.
So werden wohl auch Staatspräsident Emmanuel Macron und Bürgermeisterin Anne Hidalgo ihr Bad am 23. Juni im Fluss verschieben müssen, mit dem sie beweisen wollten, wie sauber er ist. Im Internet hatte die Ankündigung einen wortwörtlichen Shitstorm ausgelöst: Pariser Bürger drohten an diesem Tag mit ihrer persönlichen „Endausscheidung“ – unter dem Hashtag „Ich kacke in die Seine“.
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Beck meint: „Es ist schwierig, wenn sie keinen Plan B haben, sondern zu 100 Prozent daran festhalten, in der Seine zu schwimmen, auch wenn die Wasserqualität so schlecht ist, dass man die Gesundheit der Athleten riskiert.“ Stattdessen sollte lieber „auf der Ruderregattastrecke oder in einem See“ geschwommen werden. „Ich denke, dass der mediale Druck jetzt auch zunimmt, weil die Leute sagen, die Seine ist die Toilette von Paris.“
Ein anderes Problem glaubt sie ausgeräumt zu haben. Im Februar in Doha hatte Beck ihre beiden WM-Titel verloren, weil sie mit der niedrigen Wassertemperatur nicht klarkam. Zuletzt schwamm sie im Weltcup auf Sardinien bei knapp über 18 Grad auf Platz drei. „Es ist auch eine Kopfsache“, sagt sie: „Es war mir wichtig, dass ich mir selbst beweise, dass es keine Hürde sein sollte.“
In der Seine werden 20 bis 21 Grad erwartet. Deshalb will sie in der Vorbereitung noch „mal ein Kältebad ab und zu“ nehmen. Was die Strömung betrifft, wird es schwieriger: In Ostia, wo sie trainiert, „haben wir keine Gegenstromanlage, und im Fluss in Rom kann man noch weniger schwimmen als in der Seine“. Das EM-Rennen wird da auch keine Hilfe sein: Der Savasee ist ruhig und hat angenehme 24 Grad. (sid)