Plötzlicher Trainerwechsel, ungünstiger Zeitpunkt: Alexander Waibl startet kurzfristig mit den deutschen Volleyballerinnen in die Mission Olympia-Qualifikation.
„War sehr überrascht“Neuer Nationalcoach träumt plötzlich von Olympia – Zeitpunkt ungünstig
Als der Anruf kam, war Alexander Waibl (56) „schon sehr überrascht“. Bundestrainer der deutschen Volleyballerinnen? Kurzfristig vor der entscheidenden Phase im Kampf um das Olympia-Ticket?
„Die A-Nationalmannschaft der Frauen zu trainieren, ist und war schon immer ein Traum für mich“, sagte der 56-Jährige dem SID. Lange überlegen musste er deshalb nicht – doch nach dem plötzlichen Rücktritt seines Vorgängers könnte die Aufgabe schwerer kaum sein.
Waibl hatte für den Sommer andere Pläne
Denn kaum ist Waibl im Amt, muss er mit der Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) zwingend Plätze in der Weltrangliste gutmachen, um den Traum von der ersten Teilnahme an den Sommerspielen seit 2004 zu verwirklichen. Die letzte Chance, Punkte für das Ranking zu sammeln, bietet sich den DVV-Frauen ab dem 15. Mai in der Nations League.
Dabei sahen Waibls Pläne für den Sommer und die Bundesliga-Pause vor kurzem noch ganz anders aus. „Meine Frau ist Lehrerin am Gymnasium und wir haben drei Kinder zu Hause“, erklärte der Trainer des Dresdner SC: „Normalerweise ist jetzt die Zeit, in der ich versuche, sie zu Hause bei vielen Dingen zu entlasten, wie beispielsweise die Kinder in die verschiedenen Einrichtungen bringen und abholen.“
Daraus wird nun nichts, stattdessen unterstütze die Schwiegermutter, berichtete Waibl. Für ihn geht es derweil nach seiner Länderspiel-Premiere gegen Rumänien am Freitag in Potsdam (19.30 Uhr) auf der Mission Olympia-Qualifikation in die Türkei, die USA und nach Hong Kong. Bei den Nations-League-Partien rund um den Globus hätte eigentlich Vital Heynen (54) an der Seitenlinie stehen sollen.
Doch vor drei Wochen war die Bombe geplatzt: Der Belgier hatte den DVV um eine Vertragsauflösung gebeten, in China übernimmt er nun das Männer-Team. Co-Kapitänin Lena Stigrot (29) sprach von einem „super schlechten Timing“, doch Waibl sei „die bestmögliche Lösung“ in dieser Situation: „Wir wurden nach unserer Meinung gefragt und wir haben uns Alex gewünscht.“
Denn der erfahrene Bundesliga-Coach kennt viele Spielerinnen aus dem eigenen Kader oder als Gegnerinnen bestens. Seit 2009 ist Waibl Trainer in Dresden, gewann mit dem Verein unter anderem viermal die deutsche Meisterschaft und holte dreimal den DVV-Pokal. Von 2020 bis 2021 trainierte er die U23-Nationalmannschaft und hat nun unverhofft die Chance auf Olympia.
„Das war immer mein großer Traum“, sagte Waibl in einer Medienrunde: „Der ist sogar so groß, dass ich schon Tickets für die Bronzespiele der Männer und Frauen habe“, ergänzte er und lachte. Dass der Weg nach Paris für sein eigenes Team als Weltranglisten-Zwölfter mit noch fünf offenen Olympia-Startplätzen noch weit ist, weiß Waibl derweil. Hinzu kommt die kaum vorhandene gemeinsame Vorbereitungszeit.
Doch Waibl, zunächst bis August im Amt, glaubt an die Chance. „Ich habe in meiner ersten Ansprache an die Mannschaft gesagt, dass es sich nicht lohnt, auf die Weltrangliste zu schauen und zu rechnen“, sagte er dem SID: „Wir haben eine Aufgabe, die schwer, aber machbar ist. Und damit ist alles gesagt.“ (sid)