Depeche Mode beenden ihre Tournee zum Album „Memento Mori“ mit drei Konzerten in der Kölner Lanxess-Arena. Dabei gibt es viel Vertrautes zu hören. Die beiden verbliebenen Bandmitglieder harmonieren prächtig.
Depeche ModeKölner Konzert-Hattrick: Kult-Band zeigt sich zum Tour-Finale wie verwandelt
Kurz vor dem furiosen Finale stehen Dave Gahan (61) und Martin Gore (62) zu zweit an der Spitze des Stegs mitten im Publikum. Gemeinsam singen sie eine berührende Akustikversion von „Waiting for the Night“. In der riesigen Lanxess-Arena leuchten die Handylichter bis unter das Dach.
44 Jahre nach der Gründung ist aus dem ehemaligen Synthie-Pop-Quartett Depeche Mode ein Duo geworden. In der Vergangenheit stürzten die Tourneen die Kult-Band stets in existenzielle Krisen. Die Musiker reisten in unterschiedlichen Autos vom Hotel zur Halle, zwischen den Alphatieren herrschte oft Eiszeit, Musik-Genie Alan Wilder stieg 1995 entnervt aus.
Depeche Mode: Drei ausverkaufte Konzerte in der Lanxess-Arena
Doch der Tod von Gründungsmitglied Andrew Fletcher vor zwei Jahren sorgt für eine neue Zeitrechnung. In Köln verbringen Depeche Mode die letzten sieben Tage ihrer über einjährigen „Memento Mori“-Tour. Und beim ersten der drei mit jeweils 16.000 Fans ausverkauften Auftritte am Mittwoch (3. April 2024) zeigte sich die Band wie eine ausgelassene Bande bei einer Klassenfahrt.
Da tanzt Gore mit der Gitarre um den Hals in die ausgebreiteten Arme seines ehemaligen Konkurrenten Gahan. Der schubst im Spaß Live-Musiker Peter Gordeno an die Seite, um sich feiern zu lassen, stellt Schlagzeuger Christian Eigner als „die Maschine“ vor und hat Spaß daran, auf dem Leuchtstreifen auf der Bühne zu balancieren.
DM, die Kürzel für Depeche Mode, könnten inzwischen auch für Dave und Martin stehen. Immer wieder brechen beide auf der Bühne in Gelächter aus, umarmen sich spontan und zeigen, dass das Ende einer der erfolgreichsten Bands aller Zeiten, die über 100 Millionen Tonträger verkauft hat, noch nicht bevorsteht.
Auch beim 110. Konzert der Tour fehlt dem Frontmann nichts an Energie. Von der ersten Minute an darf er wieder den selbstbewussten Wirbelwind geben. Die klatschnassen Haare streicht er zurück, legt nach zwei Songs das weiße Jackett ab, wechselt später die Weste, benutzt wie vor Jahrzehnten den Mikroständer als Phallussymbol, geht immer wieder gelenkig in die Knie und dreht seine berühmten Pirouetten. Platz auf der erstaunlich schlichten Bühne zum Herumlaufen und Tanzen ist schließlich genug.
Die Bombenentschärfung in Deutz hatte bei vielen Anreisenden unmittelbar vor dem Start der Depeche-Mode-Festspiele für Hektik und Panik gesorgt. Letztlich ging alles wie geplant über die Bühne. Um 20.50 Uhr stolziert Gahan mit deutlich sichtbarem Schuh-Absatz auf die Bühne, um mit „My Cosmos is Mine“ einen düsteren Auftakt aus dem jüngsten Album hinzulegen.
Ein Blick auf die Tausenden von T-Shirts in der Halle zeigt, dass der „schwarze Schwarm“ dieser Band seit Jahrzehnten treu folgt. Der 130-minütige Auftakt zum Kölner Konzert-Hattrick bietet noch nicht viel Überraschendes für die treuen Hardcore-Fans. Die Live-Premiere der neuen Single „People Are Good“ bleibt aus.
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Bei den 22 gespielten Songs bleibt erneut das Gerüst von 15 Liedern, die immer gespielt werden. Diese fehlende Abwechslung bei einer Band, die 15 Alben produziert hat, sorgt schon länger für Debatten.
Aber was soll schon unter den Teppich fallen? Die Liste der Klassiker ist ellenlang. „Walking in my shoes“, „Policy of Truth“, „Everything Counts“, „Black Celebration“, „Stripped“, „Enjoy the Silence“, „Just can’t get enough“, „Never let me down again“ oder „Personal Jesus“ – jeder Song wird frenetisch gefeiert, auch in der x-ten Auflage.
Depeche Mode: „World in My Eyes“ wird Andrew Fletcher gewidmet
Raum für besondere Momente bleibt da kaum. Wenn, ist es meist Martin Gore, der mit seinen Solonummern für Gänsehaut sorgt. In Köln präsentiert er „Strangelove“ und „Home“. Als das Publikum danach noch minutenlang weitersingt, stimmt auch Dave Gahan mit ein, strahlt und fällt seinem Kumpel wieder um den Hals.
Fletchers Tod, der im vergangenen Sommer bei der Stadiontour noch mit einem Video zu „World in My Eyes“ thematisiert wurde, wird nun nur noch kurz angerissen, ihm wird der Song „Behind the Wheel“ gewidmet.
Am Ende strömen die Menschen in ihren schwarzen Outfits einmal mehr fasziniert in die Nacht. Auch wenn sich das jüngste Album und einige Videoeinspieler um das Thema Tod drehen, wurde Depeche Mode auf dieser Tour neues Leben eingehaucht. In dieser Form ist das 50-jährige Band-Jubiläum keine Utopie.