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Zweifelhafter HintergrundDebatte um Wiener Platz in Köln – bekommt er einen neuen Namen?

Die Stadtbahnlinie 4 in Fahrtrichtung Schlebusch an der Haltestelle Mülheim Wiener Platz.

Der Wiener Platz in Köln-Mülheim, hier auf dem Foto vom 12. Juni 2022 zu sehen, ist einer der zentralsten Punkte in Köln, doch soll jetzt ein neuer Name her? Das

Der Wiener Platz in Köln-Mülheim ist den meisten Kölnern und Kölnerinnen bekannt – aber könnte der Name schon bald Geschichte sein?

von Ayhan Demirci  (ade)

Er ist keine Schönheit, aber sein Name hat Charme: der Wiener Platz. Doch jetzt zieht ein dunkler Schatten der Geschichte über Mülheims „Herz“: Hitler und die Nazis!

Denn plötzlich kommt ans Tageslicht, dass der Wiener Platz 1938 kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland so benannt wurde – als symbolische Verneigung der lokalen Nazis vor dem Handstreich des „Führers“ für ein großdeutsches Reich.

Köln: Bekommt der Wiener Platz schon bald einen neuen Namen?

Davon ist der Historiker Fritz Bilz überzeugt. „Dass zwischen dem sogenannten Anschluss und der Umbenennung des Platzes am 17. März 1938 nur vier Tage liegen, kann nur damit erklärt werden“, sagt Bilz, der das auch bei seinen Stadtteilführungen erzählt.

Allgemein aber gehen die meisten Kölner und Kölnerinnen davon aus, dass der Wiener Platz nach Wien benannt ist, wie etwa der Pariser Platz in Chorweiler nach der Hauptstadt Frankreichs – als Reminiszenz an eine bedeutende europäische Metropole. Zuvor hieß der Platz Oskarplatz, wohl benannt nach dem Mülheimer Landrat Oskar Danzier – genau weiß man das aber nicht.

Warum diese ganze Geschichte jetzt auftaucht, liegt an einer netten Geste. Schauplatz war Anfang Juni eine Gala mit 400 Gästen im Gürzenich, darunter Günter Wallraff, Jürgen Becker und Pfarrer Franz Meurer.

In einer feierlichen Zeremonie wurden Linda Rennings, „Engel“ der Kölner Obdachlosen, und der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) als alternative Kölner Ehrenbürger und Ehrenbürgerin ausgezeichnet.

Mit Blick auf Rennings sagte ein Teilnehmer, sie, die für Menschen auf der Straße kämpfe, hätte es außerdem verdient, dass eine Straße nach ihr benannt wird. Der Moderator des Abends, der Kölner Autor und Publizist Martin Stankowski, griff das dann auf – eigentlich müsste diese Straße ja der Wiener Platz sein. Der ist ein Haupteinsatzgebiet bei Linda Rennings Arbeit, die sich vor allem für obdachlose Frauen einsetzt.

Debatte um den Wiener Platz: „Nazi-Hintergrund getilgt“

Nun werden Straßen und Plätze nicht nach lebenden Personen benannt – und es gibt, so Stankowski, die Möglichkeit einer umfassenderen Botschaft. Er plädiert dafür, den Platz den Bürgern und Bürgerinnen zu widmen, und damit eben auch jenen, die im Leben häufig zu kurz kommen – als „Platz der Menschenrechte“.

Wie etwa in München oder Karlsruhe, wo es einen entsprechenden Platz im Adressenverzeichnis bereits gibt. „Damit wäre auch der Nazi-Hintergrund getilgt“, erklärt Stankowski gegenüber EXPRESS.

Der Mülheimer Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) reagierte auf Anfrage verhalten auf den Namens-Vorstoß: „Eigentlich haben wir im Moment andere Probleme als eine Platzumbenennung.“

Hier können Sie an der EXPRESS-Umfrage teilnehmen:

Fuchs, seit 34 Jahren Bezirksbürgermeister, ist fortwährend bemüht, dem videoüberwachten Platz, den viele als Steinwüste empfinden, der als Brennpunkt gilt und an dem auch problematische Klientel aus dem Trinker- und Drogenmilieu zusammenkommt, Aufenthaltsqualität zu geben. Aber natürlich freue ihn das Interesse an Mülheim.

Dabei könnte er jetzt einen Mitstreiter bekommen: Denn über die Situation am Platz will sich der in Köln lebende Gerhart Baum, bis heute ein profilierter Verfechter linksliberaler Politik, bei einem Treffen mit Linda Rennings vor Ort informieren, wie Martin Stankowski erzählt. Die Preisverleihung hat der Debatte um den Wiener Platz also einen neuen Schub gegeben.