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Der lange Tünn verzälltDer Mord am König der Friesenstraße

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Wurden beide ermordet: Der Hamburger Günther (l.) und Willi Prumbaum. 

von Markus Krücken  (krue)

Köln – Wenn auch manche Anekdote im „Chicago am Rhein“ mitunter lustig anmuten konnte, in der Regel war es so: Der Alltag im Miljö war grausam und brutal. Einbrüche und Schlägereien waren an der Tagesordnung. Und selbst vor Mord schreckten die Rotlichtgrößen nicht zurück.

Zwei von ihnen bezahlten den Umgang in der Szene mit ihrem Leben. So erinnert Tünn heute auch an den „König der Friesenstraße“, Willi Prumbaum, der erstochen wurde und an den beliebten „Hamburger Günther“, der von unbekannten Tätern erschlagen wurde.

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Das Miljö hatte seine Aushängeschilder. „Prumbaums Willi“ war eins davon. Er hatte neben dem „Klein Köln“ eine Gaststätte. Da haben sich auch die ganzen Jungs aus dem Leben getroffen.

Willi war ein Gerechtigkeitsfanatiker, er hat immer alle Leute zusammengehalten. Der war ein ganz ganz lieber Mann. Nur: Er konnte keinen Alkohol vertragen. Wenn er gesoffen hatte, hatte er einen Ratsch im Kopf. Dann war er brandgefährlich.

Aber sonst hat er immer unter den Jungs geschlichtet. Vor ihm hatten alle Respekt. Er kam in der Hierarchie schon kurz nach dem Schäfers Nas und dem Dummse Tünn. Wenn er nur nicht soviel gesoffen hätte…

80.000 Mark Schmerzensgeld für Axt-Angriff

Heinz Wachendorf war ein Zockerfreund von mir, er war einer der stärksten Jungs von Köln, Vizemeister im Amateurgewicht. Im Ring in Frankfurt haben sie den mal verhaftet, da hat er 10 Jahre gekriegt. Irgendwann hat Willi mit dem Hein am „Wurst Willi“ im besoffenen Kopp Krach gekriegt.

Er hat ihn versucht mit der Axt zu treffen, aber hat ihn nur knapp am Ohr getroffen. Hein verlangte 100.000 D-Mark Schmerzensgeld. Willi gab ihm am Ende 80.000.

Aber ich sage auch: Wenn er nüchtern war, war er einer der Liebsten, er war mit der schönen Trude verheiratet. In seiner Wirtschaft war auch nie Theater, das hätte sich nie einer gewagt.

Der Glucke, der Besitzer vom Römerbad, war sein Teilhaber. Ein unbeliebter Typ. Er musste einen haben, der auf ihn aufpasst: Das war dann der „Prumbaum“, erst später der „Karate Jacky“. Die sind jeden Tag vögeln gegangen. „Glucke“ war ein ehemaliger Taxifahrer.

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Ich erinnere mich an einen Abend, von dem das Miljö noch bis heute spricht. „Glucke“ war mit „Prumbaum“ poppen gewesen. Ich hatte an dem Abend in einem seiner Casinos mal wieder 5000 verloren und wollte nach Hause fahren.

Es war morgens halb sechs. Mein Freund „Molli“, der damals beim FC spielte, hatte 500 DM verloren. Im Casino bekam ich Totengeld, also 10 Prozent von dem, was ich verloren hatte.

Ich sagte zu Molli: „Ich hab keine Lust zu warten. Geh du es holen.“ Molli geht rein, kommt raus, sagt: „50 Mark. Normal hättest du 550 kriegen müssen.“ Da sieht man, warum Glucke immer so unbeliebt bei uns war. Ständig hat er die Leute bedrisse. Molli sagte: „Tünn, lass uns ein Wasser trinken.“

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Ok, wir sind ins Päff. Da bin ich jeden Tag hundertmal dran vorbei, war aber nie drin. An der Theke in dieser Nacht saß der österreichische Zuhälter „Harry“.

Wir hatten damals viele Luden aus Österreich. Denn die Huren aus Österreich haben sich von keinem Kölner anmachen lassen.

Komm ich rein, sagt er: „Wo kommst her?“ Ich: „Frag nicht so blöd, ich komme vom Zocken.“ Zwei Minuten später kommt der Willi Prumbaum rein. Setzt sich direkt neben mich.

Und sagt: „Der Penner schuldet mir noch 1000 Mark.“ Ich sagte dem Harry: „Gib dem das Geld, sonst kriegste gleich einen K.O. und du marschierst durch die Schienen. Und ich direkt mit.“

Auf einmal fällt Willi vom Hocker

Denn ich kannte den Willi zwar gut, aber besoffen hätte der mir auch eine reingehauen. Was passiert? Steht der österreichische Zuhälter auf und geht auf Toilette. Kommt zurück. Da stupst Willi ihn wieder an, lallt: „Du schuldest mir…“ Auf einmal fällt er einfach so vom Hocker. Ich denke, der ist sternevoll. Der ist umgekippt – da liegt er und ist am Röcheln.

Ich sage zu Molli: „Ist der kapott? Ich bin hungrig, müde und will nach Haus.“ Ich hatte keine Lust auf die Polizei und auf die Fragen aus dem Miljö, die kommen würden. Der Österreicher hatte sich auf der Toilette ein Messer in die Strickjacke getan.

Er hat ihn direkt an der Herzspitze getroffen, nach einer Minute war er tot. Der Typ hat sieben Jahre und acht Monate gekriegt, ich war ja Kronzeuge mit dem Molli. Alle Österreicher haben daraufhin hier Stadtverbot gekriegt. Aber der Jung war leider kapott.

Wir waren mit über 1000 Mann bei Willis Beerdigung. Ein trauriges Schicksal – aber so ist es auch dem Hamburger Günther ergangen.

„Hamburger Günther“ war permanent am Glas

Ich hatte Bock auf den. Er wohnte auf der Bonner Straße gegenüber vom Kurfürstenhof. Ein ehemaliger Boxer aus Hamburg. Der Jung hatte aber eine schwere Krankheit: Knochenkrebs.

Er ging so gebeugt wie mit einem Buckel. Er war jeden Tag besoffen und zeigte immer seine Zähne, mit seinem Hamburger Dialekt. Er hatte überall Narrenfreiheit, jeder hat ihn akzeptiert. Er war den ganzen Tag unterwegs, weil er gesoffen hat. Und das ganze Miljö hat sich morgens immer im Brückeck getroffen, ich wohnte ein paar Häuser weiter.

Ich sagte ihm: „Weck mich um 5, dann komm ich runter.“ Günther hat dann immer die besoffenen Leute für mich animiert zu spielen. Die habe ich dann ausgenommen und mit Günther halbe halbe gemacht.

Irgendwann machte das „Brückeck“ zu. Günther lief zwischen den Casinos herum und musste ja nirgends bezahlen.

Aber eines Nachts wurde er überfallen: Ein paar Jugendliche müssen ihn zusammengeschlagen haben. Die Täter wurden nie gefunden.

Bis heute ist der Mord nicht aufgeklärt worden. Dem Hamburger Günther auf die Mütze zu hauen, war keine Kunst. Wahrscheinlich wird er auch wieder sternevoll gewesen sein, er war auch schmal ohne Ende. Aber er war einer der nettesten Jungen in ganz Köln.