Eine Kölner Familie geht einen radikalen Weg. Sie hält die Schulen nicht für sicher und schickt ihr Kind (7) zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus nicht in die Schule. Nun droht der Familie die Beugehaft.
Corona-ZoffLage spitzt sich zu: Kölnerin schickt Kind (7) nicht zur Schule – jetzt droht Haft
Sieben Monate ist es her, dass die Kölner Familie Jahnz-Warscheid sich entschieden hat, ihr Kind (7) aus Angst vor einer Coronavirus-Infektion nicht mehr in die Schule zu schicken.
Stattdessen wollen die Eltern ihren Sohn bis auf Weiteres via Homeschooling unterrichten – doch mittlerweile drohen den Eltern Zwangsgelder in Höhe von mehreren Tausend Euro und die Zwangshaft.
Kölner Familie schickt Sohn (7) zum Schutz vor Corona nicht in die Schule
„Zumindest, solange die Pandemielage so angespannt ist wie jetzt, werde ich mein Kind und die Familie schützen und es nicht zur Schule schicken. Wie lange wir noch Homeschooling machen, wägen wir immer wieder neu ab. Es muss aber für Eltern eine Möglichkeit geschaffen werden, mit der Eltern solche Entscheidungen selbst treffen können“, fordert die Kölnerin Alexandra Jahnz im Gespräch mit EXPRESS.de.
Maskenpflicht, Lüften, und Luftfilter in den Schulen als Schutz vor dem Coronavirus reichen ihr angesichts der steigenden Zahlen schlichtweg nicht aus. Die Kölner Familie sorgt sich massiv um ihren Sohn. Auch weitere Familienmitglieder mit chronischen Vorerkrankungen wollen sie schützen. Seit der Einschulung Mitte August 2021 an einer Grundschule im Kölner Süden hat die Familie ihr Kind daher nicht in die Schule geschickt und den Sohn zu Hause unterrichtet.
Kölner wollten Sohn (7) zur Schule schicken, wenn Impfung möglich ist
Im EXPRESS-Interview von September 2021 hat die Familie angegeben, ihren Sohn erst wieder in die Schule zu schicken, wenn er geimpft wurde. Mittlerweile könnte der Siebenjährige eine Impfung bekommen, doch eine Empfehlung der Stiko liegt erst für Kinder ab zwölf Jahren vor.
Die Stiko-Experten raten bei Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren nur zu einer Corona-Impfung, wenn eine Vorerkrankung vorliegt. Zum aktuellen Impfstatus ihres Kindes will Alexandra Jahnz (32), die selbst Stillberaterin und Medizin-Studentin ist, aufgrund laufender juristischer Verfahren in der Presse nichts lesen. Sie selbst sei geimpft. Der Impfstatus sei aber auch nicht der Punkt.
„Erst nach drei Impfungen besteht ein vollständiger Impfschutz. Momentan sind zu wenige Kinder geimpft, wir haben in der Schule keine Herdenimmunität. Das macht uns im Hinblick auf die um sich greifende Omikron-Variante große Sorgen“, kritisiert Jahnz.
Kölner Familie steht Wasser bis zum Hals: „Wenn wir nicht zahlen, Haft“
Also bleibt die fünfköpfige Familie hart und will den Corona-Zoff mit den Behörden bis zum Schluss durchkämpfen. Doch vor dem Oberverwaltungsgericht NRW haben die Kölner am 8. Dezember 2021 bereits verloren. Zwischenzeitlich haben die 32-Jährige und ihr Partner weitere Zwangsgeldbescheide in Höhe von insgesamt 5.000 Euro erhalten. Weitere 10.000 Euro wurden angedroht.
„Wenn wir nicht zahlen, müssen wir in Beugehaft. Notfalls müssen wir uns dabei abwechseln, weil wir ein zehn Monate altes Kind zu versorgen haben. Uns bleibt leider nichts anderes übrig“, schildert Jahnz. Mithilfe einer Spenden-Plattform auf der Seite „betterplace.me“ hat die Familie für ihre Sache bereits mehr als 8.000 Euro gesammelt.
Kölner Schulamt hat bereits 40 Zwangsgeldbescheide verschickt
Die Kölner Familie ist nicht die einzige, die solche Zwangsgeldbescheide im laufenden Schuljahr 2021/2022 erhalten hat. Nachdem es im September 2021 laut Stadt Köln lediglich fünf weiterer solcher Fälle gegeben hat, ist die Fallzahl hier seitdem angestiegen.
„Es sind insgesamt rund 40 Zwangsgeldbescheide für die Grund-, Haupt- und Förderschulen verschickt worden. Die Zahlen für die anderen Schulformen liegen uns nicht vor“, antwortet eine Stadtsprecherin auf EXPRESS.de-Anfrage. Zu den Beweggründen der anderen Eltern, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken, kann das Schulamt jedoch keine Angaben machen.
Rechtsanwalt: „Präsenzunterricht in Pandemie erzwingen“
Mittlerweile hat die Kölner Familie Jahnz-Warscheid den Rechtsanwalt gewechselt. Thorsten Frühmark aus Rinteln (Niedersachsen) vertritt sie. „Es geht letztendlich um die Frage, ob man den Präsenzunterricht in einer Pandemie erzwingen kann. Klar, es gibt die Schulpflicht, aber es ist auch in Schulen kaum zu verhindern, dass man sich ansteckt. Also muss das Gericht auch im Hinblick auf Omikron neu abwägen. Was hat Vorrang? Der Gesundheitsschutz oder die Bildung“, erklärt der Rechtsanwalt im EXPRESS-Gespräch.
Solche Verfahren seien nicht einfach zu gewinnen, doch der Jurist will mit der Familie weiterkämpfen. Nun hat er Klage gegen das Verwaltungsgericht Köln eingereicht, um die Zwangshaft zu verhindern.
Kölner Familie will bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen
„Notfalls wollen wir bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um den Weg für andere Familien freizumachen, für die ebenfalls der Gesundheitsschutz an vorderster Stelle steht“, so Jahnz weiter.
Sie hat sich schon um einen Verfassungsrechtler gekümmert, der diesen Weg mit ihr geht. Doch bis dahin liegt noch ein langer Weg vor ihnen. Aus Angst und weil sie es nicht leisten können, hätten viele Familien, mit denen sie sich deutschlandweit austauschen, den Kampf längst aufgegeben. Nicht so die Kölner Familie. Ihr Ziel ist es, einen Präzedenzfall zu schaffen.