Schock-Fund in KölnMordfall Dara (†15): Situation eskaliert – Gerichtssaal muss geräumt werden

Einer der Angeklagten im Prozess um den 15-jährigen Dara in Köln betritt den Saal.

Einer der Angeklagten im Prozess um den 15-jährigen Dara in Köln betritt den Saal. Direkt zu Beginn kam es zu dramatischen Szenen.

Vier Männer, fast alle noch heranwachsend, sitzen seit Dienstag (29. Oktober) in Köln auf der Anklagebank. Sie sollen den 15-jährigen Dara ermordet haben.

Kaum ein Fall hat Köln in diesem Jahr so erschüttert wie der brutale Tod des jungen Dara. Gerade mal 15 Jahre alt. Anfang März wurde seine blutüberströmte Leiche am Mülheimer Hafen gefunden.

Jetzt müssen sich seine mutmaßlichen Mörder vor dem Kölner Landgericht verantworten. Am Dienstag (29. Oktober 2024) hat der Prozess gegen drei Heranwachsende (19, 20, 20) und einen Erwachsenen (27) begonnen.

Prozess in Köln: Vier Männer wegen Mord an Dara (†15) auf Anklagebank

Schon kurz vor Beginn kam es zu dramatischen Szenen. Als der erste Angeklagte in den Saal geführt wird, erhebt sich im Publikum Wehklagen, Frauen kreischen, eine Frau hämmert laut weinend gegen die Scheibe, die das Publikum abtrennt. Immer mehr Justizwachtmeister kommen in den Saal gerannt.

Um 9.47 Uhr muss der Publikumsbereich geräumt werden. Auch die Familie des Opfers verlässt den Saal. Mutter und Schwester klammern sich aneinander. Die Mutter von Dara hatte bereits zuvor laut den Namen ihres toten Sohnes geschrien, immer lauter und war weinend zusammengebrochen. Die Familie des Getöteten tritt als Nebenkläger auf.

„So eine Situation hatte ich auch noch nie“, so der Vorsitzende Richter. Kurz darauf werden die übrigen Angeklagten in den Saal gebracht, anschließend darf auch das Publikum wieder rein. Es ist noch Schluchzen zu hören, aber die Lage hat sich beruhigt.

Erst als später unter anderem ein Video gezeigt wird, wie Dara kurz vor seinem Tod die Kneipe „Zum Krug“ betritt, heult die Mutter erneut laut auf, reißt sich dann aber zusammen. Am Ende des ersten Prozesstages spuckt sie jedoch beim Verlassen des Saals in Richtung des 19-jährigen Angeklagten. Dieser war kurz vorher von einem Mitangeklagten schwer belastet worden.

Weiterer Angeklagter betritt den Saal.

Ein weiterer Angeklagter (19) im Mordprozess um den 15-jährigen Dara in Köln wird am Dienstag (29. Oktober 2024) in den Gerichtssaal gebracht.

Laut Anklage sollen die vier jungen Männer gemeinsam den Tatplan gefasst haben, Dara zu entführen und ihn anschließend zu töten. Die Entführung des 15-Jährigen am 10. März vor der Kneipe „Zum Krug“ sollen zunächst der 19- und der 27-Jährige erledigt und Dara dann zum fußläufigen Mülheimer Hafen und dort auf die angrenzender Mülheimer Insel gebracht haben.

Spätestens dort sollen die beiden anderen Angeklagten dazugestoßen sein. Dann sollen alle vier Angeklagten ihrem Plan folgend, Dara vier Messerstiche in den Oberschenkelbereich und vier wuchtige Messerstiche in den Oberkörper versetzt haben. Laut Obduktion gingen drei Stiche in die Lunge, einer in die Leber. Der Junge starb innerhalb kürzester Zeit.

Seine Leiche sollen die Angeklagten bis auf die Unterhose entkleidet und die Kleidung mitgenommen haben, um sie zur Spurenvernichtung zu verbrennen.

Motiv für die Tat: Wut und Rache! Laut Anklage wollten die Angeklagten den 15-Jährigen dafür abstrafen, dass er 700 Euro Schulden nicht beglichen hat. Die Staatsanwaltschaft geht zudem davon aus, dass die Tat erfolgte, weil Dara wenige Monate zuvor in einem Prozess vor dem Kölner Amtsgericht gegen ihn selbst und einen der Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Drogenhandels gegen seinen Mitangeklagten ausgesagt und sich dadurch eine mildere Strafe verschafft haben soll.

Kölner Mordprozess: 27-Jähriger belastet Mitangeklagten schwer

Beim Prozessauftakt äußerte sich der älteste Angeklagte über seinen Verteidiger Ingmar Rosentreter zu den Vorwürfen und belastete den jüngsten der Angeklagten (heute 19) schwer. Dieser habe Dara auf der Mülheimer Insel erst geschlagen, dann ein Messer gezogen und ihm ins Bein gestochen. „Er sagte, Dara habe es verdient“, so der 27-Jährige.

Kurz darauf habe er einen Schlag und einen schlimmen Schrei Daras gehört und sei panisch weggerannt. Wenig später habe er seinen 19-jährigen Kumpel gefragt, ob er Dara jetzt umgebracht hätte. Der hätte erneut geantwortet: Dara hat es verdient.

Der Getötete soll als sogenannter „Läufer“ für den 19-jährigen und den 27-jährigen Angeklagten im Mülheimer Stadtpark Drogen verkauft haben. Doch dann soll er plötzlich zur Konkurrenz gewechselt sein, für zwei andere Dealer gearbeitet haben. Darüber soll es Zoff gegeben haben.

Ein Blumenmeer am Tatort im Mülheimer Hafen

Am Fundort von Daras Leiche am Mülheimer Hafen wurden zahlreiche Kerzen und Bilder aufgestellt, Blumen niedergelegt. Das Foto wurde am 13. März 2024 gemacht.

Laut dem 27-jährigen Angeklagten sei es in der Tatnacht darum gegangen, Dara Angst zu machen und um die Frage, warum er jetzt mit den beiden anderen zusammenarbeitet. „Er sollte merken, dass die anderen ihn im Stich lassen, ihm nicht helfen.“

Dass der 19-jährige Mitangeklagte ein Messer dabei hatte, habe er nicht gewusst, so der 27-Jährige. Er entlastete schließlich die zwei anderen Mitangeklagten (beide 20). Sie seien auf der Mülheimer Insel nicht dabei gewesen. Erst später wieder, als sie sich am Friedhof getroffen hätten, um die Kleidung des Toten zu verbrennen. Einer der 20-Jährigen hatte dazu an einer Tankstelle Grillanzünder gekauft.

Dara (†15) in Köln getötet, weil er aus Drogengeschäft aussteigen wollte?

Vor Prozessbeginn hatte sich bereits Jan Victor Khatib, der Daras Familie als Nebenklägeranwalt vertritt, sich geäußert. „Der Verstorbene hatte sich dazu entschieden, aus dem Betäubungsmittelsektor auszusteigen. Und das ist ihm, meine ich, zum Verhängnis geworden, weil er auch nicht gerade oben in der Hierarchie seiner Bekannten stand“, erklärte er.

Auslöser sei Daras Entscheidung gewesen, auszusteigen. Khatib: „Für ihn gehörte es auch dazu, sich vor Gericht geständig einzulassen und auch Namen zu benennen.“ Aufgrund Daras Aussage vor Gericht, wenige Monate vor seinem gewaltsamen Tod, war es bei einem der Angeklagten zu einer Wohnungsdurchsuchung gekommen, bei der auch Drogen sichergestellt worden waren.

Der Prozess ist über insgesamt 16 Verhandlungstage terminiert. Das Urteil soll am 17. Januar 2025 fallen. Für die Angeklagten geht es neben gemeinschaftlichem Mord aus niedrigen Beweggründen auch um gemeinschaftliche Freiheitsberaubung mit Todesfolge.

Zwei der Männer waren noch in der Tatnacht festgenommen worden, der älteste drei Tage später in Remscheid. Die Festnahme des vierten erfolgte am 28. März im Landkreis Garmisch-Partenkirchen (Bayern), wo seine Mutter lebt.