Nach 48 Jahren heißt es in der „Försterstube“ Abschied nehmen: Das Wirtsehepaar Huth setzt sich zur Ruhe.
„Lothar, ich brauche noch Soße!“Auch viele Promis in Kölner Kult-Kneipe zu Gast – jetzt hört Wirtepaar auf
„Das Weetschaftswunder op d'r Eck“ hatte EXPRESS vor fast zehn Jahren getitelt. Jetzt sind in der „Försterstube“ in Ehrenfeld noch mal alle zusammen gekommen, um die beliebten Wirtsleute Elke (79) und Lothar (77) zu verabschieden.
Und alle wussten am Freitagabend (29. März 2024) ganz genau: Es wird nie mehr so wie früher sein. In der Kult-Gaststätte und in Köln ist eine Ära zu Ende gegangen.
Försterstube in Köln-Ehrenfeld: Wirte-Paar macht nach 48 Jahren Schluss
Sage und schreibe 48 Jahre lang haben Elke Thelen-Huth (79) und Lothar Huth (77) den Laden an der Ecke Ehrenfeldgürtel/Försterstraße geschmissen. Fast ein halbes Jahrhundert also sind die beiden sich, ihrer Gaststätte und ihren Gästen treu geblieben.
Dass das überhaupt möglich war, dazu sagte Lothar Huth gegenüber EXPRESS.de: „Der liebe Gott hat es verdammt gut mit uns gemeint.“ Und: „Wir hatten ein Publikum, da träumen andere von.“ Der Laden brumme, die letzten Jahre habe es sogar nochmal einen Schub gegeben.
Abschied in Kölner Kneipe: Gäste der Försterstube dankbar und traurig
Der ehemalige Bezirksbürgermeister Josef Wirges hatte den Wirtsleuten einst bescheinigt, „eine wichtige Funktion im Veedel“ zu haben, „als Mediator, als Schlichter, als Ratgeber“. Die rund 150 Gäste an diesem letzten Abend unter Huthscher Regie stimmten also zum Kehraus unter anderem das Veedelslied an.
Stellvertretend für all die Leute aus der Försterstube bedankte sich Stammgast Christiane in ihrer Abschieds- und Dankesrede: „Wir sind eure Familie. Wir konnten immer zu euch kommen. Vielen Dank dafür! Jeder, den ich gesprochen habe, meint: Wie sollen wir das nun ohne Elke und Lothar bloß schaffen? Wir werden es schaffen – weil wir auch wollen, dass ihr es gut habt und ihr euch auch endlich ausruhen könnt.“
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In den Stunden am Karfreitag, wo also ein Lebensabschnitt zu Ende geht, meinte Lothar Huth: „Ich habe einen leichten Schmerz in der Brust, aber der ist nicht so groß. Denn ich denke, wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Uns geht's gut, jetzt haben wir Zeit.“
Försterstube in Köln-Ehrenfeld: Wirtspaar begrüßte auch viele Promis
Im Gespräch mit EXPRESS.de ließ der Wirt sein Leben noch einmal Revue passieren. Geboren in Sachsen-Anhalt, aufgewachsen in Solingen, Lehre zum Dekorateur, dann mehrere Jahre als Steward auf See – „ich habe eigentlich die ganze Welt gesehen, von San Francisco bis Kobe in Japan.“
Köln-Ehrenfeld: Kneipe wieder da – das Konzept überrascht
Dann habe es „eine nicht so schöne Zeit“ gegeben, der junge Mann ging zur französischen Fremdenlegion (seine sechsstellige Dienstnummer kennt er bis heute auswendig). Der rastlose und vielleicht gerade etwas ratlose Mann kommt nach Köln – wo es in der Thieboldsgasse zur wichtigsten Begegnung seines Lebens kommt: Er lernt Elke kennen, die in der Hotelgaststätte ihrer Eltern arbeitet. Die beiden verlieben sich, zwei Jahre später übernehmen sie die „Försterstube“.
Prominente Gäste hat die „Försterstube“ in all den Jahren gesehen. WDR-Intendant Tom Buhrow schaute sich hier das WM-Finale von Rio an, Schauspielerin Veronica Ferres war da, Fußballgrößen wie Karl-Heinz Thielen, Felix Magath oder Reiner Calmund machten es sich bequem – Erbsensuppe oder Bratkartoffeln aus der Huthschen Küche sind einfach ein Begriff. „Lothar, ich brauche noch Soße!“ – den Satz von „Calli“ Calmund zitiert der (Ex)-Wirt mit Genuss.
Zu den Stammgästen gehörte auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Jedes Jahr kam der Vizekanzler mit 70 bis 80 Mann zum Gänsebraten-Essen, „mit zehn Polizisten dabei“, wie sich Lothar Huth erinnert. Vier Wochen vor seinem Tod habe er in der „Försterstube“ seine Abschiedsrede gehalten. „Das war ein so feiner Mensch. Er ist viel zu früh gegangen.“
Försterstube-Abschied: Nachfolger ist bekannter Kölner Gastronom
In der „Försterstube“ ist der Stab nun übergegangen an einen anderen erfahrenen Gastronomen, Norbert von der Grün (68, „Wagenhalle“ in der Südstadt, davor lange Jahre „Stadtgarten“). Im Großen und Ganzen wird der Betrieb so weitergehen, im August ist eine Eröffnungsfeier geplant. „Der Neue“, wie er sich schelmisch vorstellte, nahm am Freitag seine Vorgänger links und rechts in die Arme.
Elke Huth-Thelen war später ganz ehrlich: „Jetzt werden wir erstmal unseren Urlaub nachholen. Aber wir müssen auch lernen, mit unserer Freizeit umzugehen.“