Ein Fund an der Nordseite der Kölner Oper gibt einen spannenden Einblick in die Geschichte der Stadt.
Historischer OrtFund auf Opern-Baustelle in Köln – er führt in dramatische Vergangenheit
Für die Experten und Expertinnen der Kölner Bodendenkmalpflege ist der Fund noch nicht mal etwas Besonderes, und doch zeugt die Entdeckung von einer Stadt und einem Land vor unserer Zeit. Und das ist spannend! Kommt mit auf eine geheimnisvolle Zeitreise an einem heute sehr umstrittenen Ort, dem Opernquartier mit der nicht enden wollenden Sanierung.
Der Fund wurde bei Arbeiten am Pflaster an der Nordseite der Oper gemacht. Nach Angaben von Gregor Wagner, Leiter der archäologischen Bodendenkmalpflege, handelt es sich bei dem „im Zuge der Neugestaltung der Platzfläche oberflächlich freigelegten Mauerwerk um Mauern eines Kellers der ehemaligen südlichen Straßenrandbebauung der Glockengasse. Der erhaltene Kellerbestand der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häuserzeile geht nach derzeitigem Kenntnisstand teilweise auf das Mittelalter und die frühe Neuzeit zurück.“
Mauerwerk an Kölner Glockengasse freigelegt – werden auch Synagogen-Reste gefunden?
Die Relikte werden durch die Experten und Expertinnen dokumentiert. Es wird derzeit noch abgestimmt, inwieweit für den neuen Platzaufbau weiter in den Boden eingegriffen werden muss. „Nach dem Umfang der bautechnisch erforderlichen Eingriffe in den historischen Baugrund richtet sich der notwendige archäologische Untersuchungs- und Dokumentationsaufwand.“
Der Fund führt in Erinnerung, welchen Charakter die Glockengasse, die heute vor allem vom Opernquartier und den Opernpassagen geprägt wird, einst hatte. Sie war schmal und dicht bebaut.
An die Bebauung der Wohn- und Geschäftshäuser schlossen sich auf der Südseite der Straße zwei besondere Bauten der Kölner Stadtgeschichte an: die 1861 eingeweihte Synagoge und daran angrenzend das 1752 errichtete Oppenheim-Palais (Glockengasse 3-5), das die gleichnamige Bankiersfamilie zum „Zentrum eines glanzvollen gesellschaftlichen Lebens“ genacht hatte „Inmitten eleganter Räume mit üppigen Draperien, kostbaren Teppichen und erlesenen Kunstwerken feierten sie Familienfeste und Luden zu Bällen, Hauskonzerten oder Diners ein, bei denen sich die Haute Volée Kölns zusammen fand.“ (aus „Das Jüdische Köln – Geschichte und Gegenwart“, Emons).
Vor allem wird es interessant sein, ob bei den künftigen Erdarbeiten auch unterirdische Reste der beim Novemberpogrom 1938 zerstörten Synagoge entdeckt werden. Im Frühjahr 2025 sollen die Platzarbeiten in weiter östlicher Richtung fortgesetzt werden.
Die Synagoge befand sich 50 Meter vom jetzigen Fundort entfernt. Die Gebäudereste waren nach 1938 auf Anordnung des Kölner Regierungspräsidenten abgebrochen worden. Im Buch „Das Jüdische Köln“ heißt es dazu: „Nachdem das Erzbistum Köln 1939 mehrere Angebote zum Kauf des Grundstücks abgelehnt hatte, erwarb die Stadt Köln 1943 das Areal. Es blieb unbebaut und wurde nach dem Krieg in die Planung der neuen Nord-Süd-Fahrt einbezogen. Die Fundamente von Synagoge und Mikwe sind vermutlich unter Platz und Straße erhalten.“
Die vom Bankier Abraham von Oppenheim finanzierte und vom Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner entworfene Synagoge an der Glockengasse blieb 20 Jahre lang das einzige jüdische Gotteshaus Kölns. Der Baustil verband sehr verschiedene Traditionen miteinander.
Dabei wurden neben gotischen und romanischen auch byzantinische, maurische und islamisch-ägyptische Elemente zu einem „als orientalisch empfundenen Stil zusammengefügt, der auf die Herkunft der Juden aus dem Orient und die Blüte jüdischer Kultur während der Maurenherrschaft in Spanien verweisen sollte“ – ein auch vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lage in Nahost bemerkenswerter Fakt. Die Ausstattung des Innenraums war von der Alhambra in Granada beeinflusst.
Als die Synagoge im November 1938 von einem Nazi-Mob niedergebrannt wurde, gelang es dem katholischen Priester Bernhard Friedrich Gustav Meinertz (1873 bis 1959), die aus dem Jahr 1902 stammende Tora aus der brennenden Synagoge zu retten.
Nach Angaben der Internetseite Kuladig (steht für Kultur. Landschaft. Digital) versteckte Meinertz die Schriftrolle in seinem Haus und übergab sie nach dem Krieg der wiedergegründeten Kölner Synagogengemeinde. Die Tora wurde bis 2007 an einem Ehrenplatz in einer Vitrine in der Synagoge an der Roonstraße verwahrt und wird nach einer durch das Erzbistum Köln finanzierten Restaurierung auch wieder für die Liturgie benutzt.