GAG-Häuser in KölnEhepaar muss nach 54 Jahren ausziehen und feiert Abriss-Sause im Veedel

Köln: Sabine und Friedrich Roth stehen auf dem Balkon ihrer Wohnung in Stammheim.

Sabine und Friedrich Roth, hier am Samstag (9. Juli) auf ihrem Balkon, müssen nach 54 Jahren ausziehen.

Die Wohnungsgesellschaft GAG reißt bald einen Wohnblock in Köln-Stammheim ab. Mieterinnen und Mieter verabschiedeten sich mit einem Straßenfest.

von Adnan Akyüz  (aa)

Es ist ein schwerer Abschied für Sabine (76) und Friedrich Roth (79) aus ihrer Wohnung in Köln-Stammheim. Das Ehepaar muss nach 54 Jahren ausziehen, weil der Vermieter GAG die Häuser an der Elias-Gut-Straße für einen Neubau abreißen möchte. Zum Abschied lassen sie es mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn noch einmal krachen!

Mit Reibekuchen, Frikadellen, Würstchen vom Grill und lecker Kölsch haben sich die Leute von der Elias-Gut-Straße am Samstag (9. Juli) bei einem Straßenfest voneinander und teilweise von ihrem Veedel verabschiedet.

Aufgrund der Pläne der GAG, den Wohnblock abzureißen und neu zubauen, müssen die Mieterinnen und Mieter aus 96 Wohnungen bis spätestens Ende des Jahres ausziehen. Baubeginn soll laut GAG voraussichtlich Anfang 2024 sein, die Fertigstellung ist für 2026 geplant.

Luftaufnahme eines Wohngebäudes an der Elias-Gut-Straße in Köln-Stammheim.

Der Wohnblock an der Elias-Gut-Straße, hier eine Luftaufnahme vom Februar 2022, wird von der GAG abgerissen.

Sabine und Friedrich Roth waren 1968 dort als Erstmieter eingezogen. Die Kölnerin, die noch bis zu ihrem 75. Lebensjahr als Verkäuferin in einem Supermarkt im benachbarten Dünnwald gearbeitet hat, wird mit ihrem Mann, ehemaliger Sparkassen-Mitarbeiter, in eine andere Wohnung in Stammheim umziehen.

Köln: Ehepaar muss nach 54 Jahren ausziehen

„In Stammheim zu bleiben, war unsere Bedingung“, sagt die Kölnerin. Was sie mit dem Veedel auf der Schäl Sick verbindet? Sabine Roth sagt: „Die Menschen. Hier kennt man sich noch. Es ist nicht so anonym wie in der Stadt. Ich kenne auch viele Leute aus dem Veedel von meiner Arbeit. Es ist eine tolle Nachbarschaft. Jetzt werden wir leider auseinandergerissen.“

Die GAG hatte Ende Januar die Mieterinnen und Mieter der Häuser Elias-Gut-Straße 1-13 über die Pläne informiert und allen, die wollen, eine Wohnung angeboten. Wer mag, könne später zurück zur Elias-Gut-Straße, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind. Einen Rückzug in den Neubau bietet die GAG als städtische Wohnungsgesellschaft freiwillig an, wie Sprecher Jörg Fleischer gegenüber EXPRESS.de erklärt hatte. Einige Menschen haben bereits neue Wohnungen vermittelt bekommen.

Von den Plänen der GAG hält das Ehepaar „gar nichts“, wie Sabine Roth sagt. Sie erklärt: „Wir haben eine schöne Wohnung mit 78 Quadratmetern und zwei Balkonen, einer sogar mit Rheinblick. Jetzt ziehen wir in eine kleinere Wohnung, die dafür günstiger, aber nicht so schön ist.“ Es gebe aber auch Nachbarinnen und Nachbarn, die das Vorhaben begrüßen würden.

Nachbarschaft steht gemeinsam bei einem Straßenfest und schaut in die Kamera.

Die Nachbarschaft in der Elias-Gut-Straße feierte am Samstag (9. Juli) ein Abschiedsfest, weil die Mietshäuser von der GAG abgerissen werden.

Ob sie zurückwollen, wenn die Bauarbeiten fertig sind? „Nein“, sagt Sabine Roth und holt tief Luft: „Wir sind dann über 80 Jahre alt, wenn die neuen Häuser fertig sind. Dann möchten nicht wieder umziehen. So geht es auch einigen anderen bei uns in der Straße. Wir haben hier viel Zeit verbracht und unsere Kinder großgezogen“, sagt die Kölnerin, die heute vier Kinder und vier Enkelkinder hat.

Mit Wehmut werden sie und ihr Mann ihre Wohnung also verlassen. Zum Straßenfest, das von Sabine Roth initiiert wurde, hebt sich ihre Stimme aber noch mal: „Zu dem Fest haben alles etwas mitgebracht. Wir haben alle bei Musik und Essen schön zusammengesessen. Wenn wir schon hier rausmüssen, wollten wir noch mal einen draufmachen.“