Beginn der 60er Jahre galt Köln als die kriminellste Metropole schlechthin. Die Unterwelt gab sich einen Namen: das „Miljö“. Im Buch „Wenn es Nacht wird in Köln“ werden die Geschichten davon erzählt.
„Jung, wat Du mähst, dat jeht nit!“Heikles Treffen: Roland Bebak spannte Schäfers Nas die Frau aus
Er war 1,95 Meter groß, satte 140 Kilogramm schwer. Wer Heinrich Schäfer (✝60) sah, wusste sofort, warum er den Spitznamen „Schäfers Nas“ trug. Kölns berüchtigtste Rotlichtgröße war unberechenbar.
2016 feierte Roland Bebak (58) mit seinem Buch „Wenn es Nacht wird in Köln: Der Lange Tünn verzällt. Leichte Mädchen – schwere Jungs“ einen großen Erfolg. Die Menschen waren begeistert von den Miljö-Geschichten.
„Schäfers Nas“ im Mittelpunkt der Fortsetzung von „Wenn es Nacht wird in Köln“
Nun folgt der zweite Teil der Reihe, versehen mit dem Zusatz „Jetzt erst recht“. Im Mittelpunkt der Erzählungen steht „Schäfers Nas“. Am Dienstag (29. August 2023) findet die Präsentation des Buches statt – stilecht im Pascha-Tabledance. EXPRESS.de präsentiert exklusiv Auszüge daraus.
Es erinnert sich Roland: Die Leute haben in Köln immer alle von Schäfers Nas gesprochen. Der habe Hände wie Teller, sei zwei Meter groß und würde 150 Kilogramm wiegen. Ein Monster. Ich kannte den nur von Erzählungen.
Und dann habe ich irgendwann im Love-Story die Uschi kennengelernt. Da war ich ja öfter. Und die Uschi war die schönste Frau in Köln. Bild-hübsch. Das fanden alle. Die hat da getanzt. Wir haben uns verabredet und kurz danach war ich mit ihr zusammen. Nach zwei Tagen sagte sie dann: „Ich bin mit dem Schäfers Hein zusammen.“
Und ich wusste schon, wer das war, und dass er zu der Zeit einsaß, aber sie hatte mir auch erzählt, dass die Nas im Knast eine solide Frau geheiratet hatte, die Petra, seine heutige Witwe. Das war ein absolutes No-Go im Milieu. Wenn man in der Unterwelt ist, geht das nicht. Also sagte ich mir: Ok, dann hat der Hein keinen Anspruch mehr auf die Uschi. Außerdem hatte der Hein ja noch einige Jahre im Knast abzusitzen. Dumm nur, dass er dann plötzlich Urlaub bekam...
Und ich sitze im „Le Journal“, da ruft mich der Jupp – das war damals der Türsteher vom Love-Story – an und sagt: „Roland, ich schwöre, der Hein ist hier, der sucht dich.“ Ich bin fast in Ohnmacht gekippt, ich war ja noch jung, vielleicht 23. Aber ich wog damals schon 100 Kilo, war kräftig. Ich sagte mir, ok, eine Tracht Prügel kann ich vertragen. Dass der mich so einfach wegknallen würde, glaubte ich nicht. Ich wehre mich ja.
Also bin ich rüber gegangen – aber Gott sei Dank, war der Hein nicht mehr da. Mein Freund Yahya – das war der Chef vom Love-Story – sagte zu mir: „Roland, wenn der Hein kommt, muss er uns beide schlagen.“ Jupp meinte nur: „Dann kriegt ihr eben beide Prügel.“ – „Was willst du dann? Halt die Fresse“, fauchte Yahya ihn an.
Ich bin also nach Hause gefahren, hab mir noch Heins Nummer geben lassen, wo er zu erreichen war, und habe ihn am nächsten Tag angerufen. Es ging die Frau vom Hein ran, die Petra. „Hallo Petra, ich bin Roland, gib mir den Hein bitte.“ – „Der ist im Hafen am Schiff.“ Ich: „Ok, dann fahr ich dahin.“ – „Du kannst mich abholen.“ Ich: „Ne, ich hab genug Probleme schon wegen der Uschi. Dann kann ich nicht noch mit seiner aktuellen Frau da vorfahren.“
Ich fuhr damals einen Lamborghini und einen Jeep. Ich bin mit dem Jeep zum Hafen gefahren. Ich wollte Hein auf keinen Fall provozieren. Jedenfalls: Ich fahre da im Hafen rein und wollte erst mal schauen, wo dieses legendäre Torpedoboot liegt. Und ich parke, schaue runter – da liegt das Boot direkt neben mir. Mit diesem Monster an Deck.
Hein sah mich natürlich und es gab kein Zurück mehr. Er guckte rauf: „Roland?“. „Ja“. Er kam mit freiem Oberkörper, es war ja Sommer, die Treppe raufmarschiert: „Warte ich komme“. Je höher er kam, so breiter wurde der. Ich erinnerte mich an die tausend tollen Ratschläge, die mir meine Jungs mit auf den Weg gegeben hatten: Gib ihm nicht die Hand, der knockt dich aus, fahre nicht in den Hafen, der schmeißt dich ins Wasser. Ich traute mich aber und reichte ihm die Hand.
Wir standen vor meinem Auto. Immer wieder hupten Leute hinter uns, weil ich eine Zufahrt quer versperrt hatte. Aber Hein musste nur den Kopf drehen und keiner hat was gesagt von wegen Fahr das Auto weg. Hein nahm meine Hand also an, musterte mich und sagte: „Jung, wat Du mähst, dat jeht nit!“
Dann fuhr er fort: „Ich habe mich über dich erkundigt. Ich weiß, dass du viel Geld und Einfluss hast. Aber glaube mir eins: Wenn wir zwei Streit kriegen, dann nützt dir das alles nichts.“ Sein Blick wurde finster: „Deine Freunde mögen jetzt bellen, wir fahren mit. Aber wenn es eines Tages heißt: Wir fahren jetzt zum Hein, dann fahren nur ganz wenige mit.“ Dann haben wir noch was gesprochen und es war ok. Ich sagte danach Uschi: „Solange Hein im Gefängnis ist, bezahl ihm den Anwalt und auch sonst alles für ihn, ich will mich korrekt verhalten. Wenn er rauskommt, ist das was anderes.“
Abends fuhren Hein und ich dann in die Stadt und gingen was trinken. Ich glaube, mein Glück war, dass Hein mit mir nichts anfangen konnte. Ich war nicht aus Köln, keiner wusste was Genaues von mir. Die Leute sahen mich nur mit den dicksten Karren und es gab viele Spekulationen, woher ich komme und was ich in Köln genau mache.
Kurz darauf war ich in meinem Fitnessstudio im Body-Shop am Bonner Wall trainieren. Meine Angestellte Gilla kam angsterfüllt runter: „Roland, oben ist die Nas. Der will zu dir.“ Ich sagte: „Was hat er gesagt?“ Gilla meinte: „Sag deinem Chef, er soll mal ein Päuschen machen.“ Da wusste ich ja, dass er immer noch mir gegenüber locker drauf war.
Kripo aus Essen schickte einen langen Bericht
Es gab auch nur Kleinigkeiten wegen der Uschi zu klären und das habe ich auch gemacht. Natürlich verkehrte ich damals auch mit Uschi und war auch in Heins Wohnung, Rochusstraße 31 in Ehrenfeld. Ich fuhr da in meinem Lambo vor und ging rauf zur Uschi. Eines Abends bat ich sie: „Hol uns mal ein paar Zigaretten.“
Direkt unter der Wohnung war das Kalumet vom Clevers Tünn, eine Bar, wo die Freunde von Hein gern saßen, der Schmitze Udo, Frische Pitter, der Alla, die Spinn. Als es 22 Uhr war und die ersten besoffen waren und Uschi mit den Kippen sahen, wurden sie natürlich mutig und meinten: „Gehst zu jetzt zu Deinem Tuppes oder wie?“ Sie sagte: „Kannst ja mit hochkommen und Tag sagen.“ Aber die haben mich in Ruhe gelassen. Ich wusste überhaupt nicht, dass da das Miljö verkehrt, sonst hätte ich die Uschi da nicht reingeschickt.
Der zweite Teil von „Wenn es Nacht wird in Köln“ ist überall im Buchhandel, im Shop von „Der lange Tünn“ und bei Online-Versendern erhältlich.