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Reaktionen auf Kühne-RücktrittJecke Szene zeigt Verständnis: „Manche Sitzungen sind gruselig“

Martin Schopps, Ingrid Kühne und Volker Weininger.

Sie verstanden sich prima im jecken Kölner Karnevalstreiben. Doch Martin Schopps (l.) und Volker Weininger werden Ingrid Kühne nach der kommenden Session nicht mehr hinter den Bühnen treffen.

Der Kölner Karneval verliert mit Ingrid Kühne eine bekannte Rednerin. Mehrere Gründe führten zu ihrem Rücktritt aus der Bütt. EXPRESS.de sammelte Reaktionen in der jecken Szene.

von Marcel Schwamborn  (msw)Daniela Decker  (dd)

„Das ist nicht mehr mein Karneval“. Unter anderem mit diesem Urteil begründete Rednerin Ingrid Kühne (56), warum sie sich nach der kommenden Karnevalssession aus dem jecken Treiben zurückzieht.

Wieder ein bekanntes Gesicht weniger in der Bütt. Im Bereich der Rede herrscht ohnehin großer Bedarf an neuen Talenten. Nach rund 15 Jahren will die Power-Frau jedoch aus dem jecken Hamsterrad aussteigen und sich auf ihre Solo-Programme konzentrieren.

Bernd Stelter: „Natürlich ist Karneval nicht mehr das, was er einmal war“

Neben gesundheitlichen Gründen führte Kühne auch das Verhalten in einigen Sälen und Zelten für ihre Entscheidung an. Sind Kölns Karnevalsbühnen wirklich so gnadenlos? Hat das Publikum den Respekt verloren?

In der jecken Szene sorgte der Rücktritts-Paukenschlag für reichlich Gesprächsstoff. Zahlreiche Künstlerinnen, Künstler sowie Präsidenten meldeten sich bei der EXPRESS.de-Redaktion, um ihre Sicht der Dinge zu schildern.

Bernd Stelter: „Ich hab‘ größten Respekt vor ihrer Entscheidung und kann jeden ihrer Sätze nachvollziehen. Natürlich ist der Karneval nicht mehr das, was er früher einmal war. Sitzungen sind anders, der Respekt vor dem Redner ist nicht mehr so da. Da spiegelt sich natürlich auch die Gesellschaft wider.“

„Die Vereine und deren Präsidenten müssen da selbst was dran tun, da muss man auch mal zu den Tischen gehen und was sagen. Da liegt viel Arbeit vor uns.“

Bernd Stelter umarmt Ingrid Kühne.

Bernd Stelter mit Ingrid Kühne.„ Du hast meine Freundschaft, meine Fan-Begeisterung und vor allem meinen größten Respekt“, sagt er.

„Sitzungspräsident“ Volker Weininger: „Mir persönlich tut Ingrids Entscheidung leid, weil es immer schön ist, wenn wir uns sehen, aber ich kann sie gut verstehen. So eine Session geht schon sehr an die Substanz. Ich merke auch, dass mich das mehr anstrengt als vor zehn Jahren. Und natürlich gibt es auch Sitzungen, wo die Bedingungen für uns Redner wirklich gruselig sind. Angefangen beim Sitzungsleiter, der sein Publikum nicht in Ansätzen auf einen Redebeitrag vorbereitet. Und all die negativen Begleiterscheinungen, die Ingrid in ihrem Video erzählt, kennen wir natürlich auch alle. Wirklich alle.“

„Aber solche Sitzungen kommen bei mir auf die schwarze Liste und dann gehe ich da auch konsequent nicht mehr hin. Es gibt aber zum Glück noch ganz viele, ganz tolle Sitzungen, wo es richtig viel Spaß macht, aufzutreten. Aber natürlich ist das schon auch ein großer Unterschied zu den Soloabenden, wo die Leute nur für mich hinkommen. Da muss man sich wirklich keine Gedanken darüber machen, auf was für einen Saal man jetzt trifft.“

Martin Schopps: „Ich finde es total schade, dass Ingrid 2026 ihre letzte Session macht. Sie ist eine der ganz wenigen Frauen in der Branche und vor allem eine super witzige, super nette und herzliche Kollegin. Im Fastelovend kommen die Leute zur Sitzung, zum ‚Event‘ und nicht zu dir persönlich ins Programm, da bist du dann nur ein Teil des Ganzen und manchmal für einige im Saal nur ein ‚Side-Event‘.“

„In den allermeisten Fällen habe ich im Karneval aber wirklich sehr schöne Erfahrungen gemacht und über die Jahre die Veranstaltungen, bei denen ich das Gefühl habe, ‚zu stören‘ aussortiert. Natürlich weißt du immer erst hinterher, ob du die volle Aufmerksamkeit bekommen und den Humor des Publikums getroffen hast. Bei einem Solo-Abend, bei dem sich die Leute bewusst für dich entscheiden, ist das natürlich etwas anderes. Da bekommst du zwei volle Stunden 100 Prozent der Aufmerksamkeit und kannst auch mal Geschichten ‚aufbauen‘, ohne von Pointe zu Pointe jagen zu müssen.“

Jörg Runge als Tuppes vum Land beim Auftritt.

„Dä Tuppes vum Land“ (Jörg Runge) hatte schon in der vergangenen Session ausführlich in seiner Rede über den fehlenden Respekt in der Gesellschaft gesprochen.

Jörg Runge („Dä Tuppes vum Land“): „Ich bin mir sicher, dass sich Ingrid diese Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Für die Tournee durch die Säle benötigt man auf jeden Fall eine gute physische wie auch mentale Gesundheit, anders ist das gar nicht machbar. Von daher ist Ingrids Entscheidung zu respektieren, auch wenn dadurch ein weiterer wertvoller Redebeitrag im Fastelovend verschwinden wird. Ich bin sicher, dass sie sich für alle Zeiten einen Platz im Herzen der Jecken erobert hat.“

„Zum Thema Respekt habe ich mich bereits in der vergangenen Session geäußert. Der fehlt nicht nur uns Rednerinnen und Rednern gegenüber, sondern unserer Gesellschaft insgesamt. Wenn es gelänge, dass wir alle wieder respektvoller miteinander umgehen, würde sich das sicherlich auch positiv auf den Sitzungskarneval auswirken. Dann würden diejenigen, die sich nicht für das interessieren, was auf der Bühne geboten wird, den anderen, die genau deswegen gekommen sind, den Abend nicht versauen, weil sie mit allem möglichen beschäftigt sind, nur nicht mit dem Karneval.“

„Ich wünsche Ingrid von Herzen alles Liebe und Gute. Vielleicht gibt's ja auch ein Comeback, so wie bei Howard Carpendale. Wenn ich gesundheitlich fit bleibe, möchte ich als ‚Dä Tuppes vum Land‘ noch sehr gerne viele Jahre auf der Karnevalsbühne stehen. Vielleicht habe ich auf diese Weise die Chance, den echten Fastelovend noch ein bisschen weiter in die Zukunft zu tragen und den Menschen und mir selbst eine Freude zu bereiten.“

Die Rednerinnen Annette Esser und Ingrid Kühne.

Auch wenn viele es nicht glauben wollen: Ingrid Kühne (r.) und Annette Esser sind seit Jahren befreundet. Bald muss Achnes Kasulke alleine durch die Säle ziehen.

Annette Esser alias Achnes Kasulke: „Ich bin enorm traurig, weil ich meine weibliche Mitstreiterin verliere. Wir sind auch privat sehr gut befreundet und daher kann ich ihre Entscheidung zu 100 Prozent nachvollziehen. Es gibt nichts Wichtigeres als Familie und Gesundheit. Da muss man dann einfach die Reißleine ziehen, wenn man das so fühlt. Das hat Ingrid gemacht und davor ziehe ich meinen Hut.“

„Der Karneval hat sich sicherlich verändert und ist dynamischer geworden, mitunter auch in der Lautstärke und im Publikumsverhalten. Da sind wir als Künstlerinnen darauf angewiesen, dass wir entsprechend angekündigt werden und der Präsident ein tolles Bett für uns bereitet.“

Ralf Schlegelmilch (Präsident der Willi-Ostermann-Gesellschaft und Programmgestalter des Festkomitees Kölner Karneval): „Ich habe festgestellt, dass in den letzten Jahren bei den Bands die Leute alle nach vorne kommen und das wie ein Konzerterlebnis mitten in einer Sitzung ist. Danach ist es sehr schwierig, sie wieder geordnet auf ihre Plätze zurückzubekommen und zu beruhigen, wenn ein Redner kommt. Ich gehe dann oft von meinem Platz mitten in den Saal und spreche die Menschen direkt an, wenn es sein muss auch mehrmals. Grundsätzlich gibt es immer mehr Partyformate, aber glücklicherweise auch viele Formate, wo die Menschen zum Zuhören kommen“.

Marc Metzger als „Blötschkopp“ auf der Bühne.

Auch Marc Metzger hat eine Veränderung in den Sälen festgestellt, schafft es aber meist, sich auf das Publikum einzustellen.

„Blötschkopp“ Marc Metzger: „Ich bin ein bekennender Ingrid-Kühne-Fan. Da geht ein Stück kölsche Karnevalskultur verloren. Wenn man nach zwei Bands auf die Bühne kommt, herrscht automatisch Unruhe im Saal, darauf muss man sich einstellen. Bei vielen Veranstaltungen geht es nicht mehr um die klassische Sitzung, sondern um die Party-Schiene. Da muss man dann für sich konsequent aussieben, ob man da noch hinpasst. Früher war es in den Sälen wie ein Feiertag, wenn ein Redner auf die Bühne kam. Aber die Gesellschaft hat sich verändert. Bis auf zwei Sitzungen in der vergangenen Session bin ich aber immer mit dem Publikum klargekommen.“

Michael Gerhold (Präsident der Nippeser Bürgerwehr und Manager von Ingrid Kühne): „Für den Karneval ist der Rücktritt sehr schade, da es ohnehin so wenige Rednerinnen und Redner gibt. Ich kann ihre Beweggründe aber total nachvollziehen. Ich hoffe immer noch, dass es nur eine Pause ist und sie sich vielleicht nur noch schöne Sitzungsformate rauspickt. Als Sitzungsleiter merke ich auch immer, dass man das Publikum zwischenzeitlich regelrecht runterholen muss, damit zugehört wird. Wenn man das nicht macht, braucht der Redner zehn Minuten, um den Saal zu beruhigen oder geht baden. Die Präsidenten tragen da eine große Verantwortung“.