Man kennt ihn als Ken Reise, man kennt ihn als Julie Voyage. Und in genau dieser Rolle feierte der Kölner Travestiekünstler am Sonntag die Premiere seines Soloprogramms.
„Totales Lampenfieber“Kölner Travestiekünstler lebt in zwei Welten – und feiert große Premiere
Schräg, schrill, kölsch oder einfach: Julie Voyage. Am Sonntagabend (13. Oktober 2024) feierte das Publikum mit Standing Ovations die Premiere des ersten Soloprogramms „Ich rauche meine Männer bis zum Filter“.
Vor der Premiere im ausverkauften Senftöpfchen-Theater sprach EXPRESS.de mit Ken Reise. Also dem Mann, der hinter der Kunstfigur Julie Voyage steckt.
Kölner Travestiekünstler: „Würde auch mit Kartoffelsack auf die Bühne gehen“
Während Reise im „echten Leben“ bei der Kölner Eventwerkstadt arbeitet, erobert Julie Voyage die Kleinkunst- und Karnevalsbühnen.
Sie singt, moderiert, zeigt unter anderem bei der „Kölner Travestie Expedition“ die Stadt und unterhält mit nicht immer ganz jugendfreien Witzen das Publikum. Mit den Worten: „Lassen Sie uns zusammen Quatsch machen, denn nur so lassen sich die Dramen zu Hause oder in der Welt einmal für einen Abend vergessen und ertragen“, begrüßte Julie das Premierenpublikum im Senftöpfchen-Theater.
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Was sich hinter dem Titel „Ich rauche meine Männer bis zum Filter“, der auch der Titelsong der Show ist, verbirgt, verrät Ken Reise im EXPRESS.de-Gespräch. „Julie Voyage ist ne kölsche Jung und so ist auch das Programm: Kölsch und frech. Das Thema Männer, Männersuche, Männer halten und Männer ‚entsorgen‘ ist ja ein absolut gefundenes Fressen. Da lässt sich ja Unwahrscheinliches drüber spielen. Kurz gesagt: Es dreht sich alles um die alltäglichen Dramen. Von Höhen und Tiefen der Gefühlswelt rund um die Männerbeschaffung.“
Bei ihren freizügigen Plaudereinen quasi aus der Damenhandtasche, hangelt sich Julie witzig an der Gürtellinie entlang, bekommt aber immer rechtzeitig mit ihrem Charme die Kurve und treibt dabei dem Publikum die Tränen in die Augen. So richtig rund wird das Ganze durch die eigenen Songs wie „Kölsches Bloot“ oder „Lieber widderlich, als widder nicht.“
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Ken Reise kann man nicht in eine Schublade stecken, denn er liebt die Vielfältigkeit: „Ich bin kein typischer Travestiekünstler, ich bin vielmehr eine bunte Mischung aus Travestie, Kabarett und Kölsch. Für mich ist es der Reiz, mal als Julie mit Schminke und Glitzerfummel auf der Bühne zu stehen und dann wieder als Ken zum Beispiel den ‚11. im 11. – Immer wieder kölsche Lieder‘ in der Arena zu moderieren.“
Während bei Travestiekünstlern die Kostüme alles sind, sind seine Klamotten eher trist: „Ich würde mich auch mit einem Kartoffelsack auf die Bühne stellen. Viel wichtiger ist, dass es lustig ist. Ich muss über mich selber lachen können. Dafür brauche ich keine Federn oder imposante Perücken und Kleider. Mein Werkzeug ist nicht die Hülle, sondern meine Schnauze. Schön aussehen ist toll, aber in drei Minuten erledigt. Ich brauche einfach die Vielfältigkeit, daher würde ich mich eher als Entertainer betiteln. Ein Begriff, mit dem ich mich wohlfühle.“
Kölner Travestiekünstler über Anfeindungen im Publikum
Und genau dieses Spektrum ist der besondere Reiz an seinem ersten Soloprogramm. „Die Vielfältigkeit bin ja nicht nur ich, sondern die sitzt ja auch im Publikum. Da hast du Leute aus dem Karneval, Leute, die Travestie mögen und du hast Leute aus dem Veedel. Und wenn du das dann auch noch im Namen deiner Stadt machen kannst, die du liebst, ist solch ein Soloprogramm etwas ganz Besonderes für mich. Und ich gestehe: Ich habe totales Lampenfieber so kurz vor der Premiere“, sagt Reise mit einem Lächeln.
Im Gespräch lüftet er dann auch noch sein Geheimnis, was er alles benötigt, um zu Julie Voyage zu werden: „Für die Verwandlung von Ken zu Julie brauche ich auf jeden Fall eine Tasse Kaffee, Schlagermusik und mindestens 45 Minuten zum Schminken.“ Gibt es neben dem Aussehen auch Unterschiede auf der Bühne? „Auf jeden Fall. Ohne Kostüm wird es zwar auch schonmal deftig Kölsch, aber immer eine Nuance feiner. Im Kostüm spiele ich eine Rolle und da fällt auch schon mal ein Wort, das ich ohne Kostüm nicht sagen würde.“
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Trotz aller Kölner Toleranz gibt es auch Menschen, die Ken Reise und seine Kunstfigur anfeinden: „Ja, natürlich gibt es solche Personen. Aber ich glaube egal, was du auf der Bühne machst, es gibt immer Leute, denen das nicht gefällt. Es ist ja Geschmacksache und es muss ja nicht jeder mögen. Ich habe mittlerweile gelernt, gerade auch durch den Karneval, dass wenn mich zehn Prozent im Saal hassen, ist das genau richtig, denn auch die machen die Werbung.“
Nach der Kölnpremiere im Senftöpfchen-Theater (13. und 23. Oktober), geht es am 7. Mai 2025, im Rahmen der Wohnzimmerkonzerte in der Stadthalle Köln, weiter. Bereits in der Planung sind auch weitere Termine im Senftöpfchen-Theater.