ChorweilerKinder-Drama in der Wohnung, in der auch Lea Sofie starb
- Die Wohnung, in der Lea Sofie (2) vor drei Jahren starb
- Besuch bei der Nachmieterin
- Auch ihr Kind starb dort
Köln – Es war ein Fall, der die Menschen tief bewegte. Der Fall der kleinen Lea Sofie(2) aus Chorweiler. Drei Tage vor Heiligabend 2012 passierte das unfassbare Drama in der Hochhaussiedlung an der Stockholmer Allee. Das blonde, süße Mädchen starb unter furchtbaren Umständen zwei Tage lang in ihrem Kinderbettchen.
Drei Jahre danach begeben sich EXPRESS-Reporter auf Spurensuche und fahren zum Tatort. Vor der Tür stehen die Container, in denen die Mutter die blutbefleckte Kleidung ihrer Tochter entsorgte, um das grausame Verbrechen zu vertuschen. Einige der ständig wechselnden Bewohner in der Siedlung erinnern sich noch genau an die Tat. „Ja, die Wohnung war lange Zeit von der Kripo versiegelt. Ich habe nie bemerkt, dass die Wohnung dann irgendwann mal geräumt wurde“, sagt der direkte Nachbar.
Vor zwei Jahren zog die schwangere Afrikanerin Mariam A. (33) mit ihrer Tochter (damals 2) in die Tatwohnung ein. Ein paar Monate später brachte die Frau einen Sohn zur Welt.
„Als ich hier eingezogen bin, wusste ich noch nicht, dass es genau diese Wohnung war. Das habe ich erst viel später erfahren“, sagt Mariam A. Der Fall Lea Sofie hat auch sie schockiert: „Ich denke oft an Lea Sofie. Ich habe damals ein paar Straßen weiter in der Osloer Straße gewohnt und alles mitverfolgt. Ich habe mitbekommen, als die Polizei nach ihr suchte. Ein Hubschrauber kreiste, und in jedem Gebüsch schaute man nach dem Mädchen. Wir alle hatten hier große Angst um unsere eigenen Kinder. Furchtbar, als sie die Zweijährige dann tot am Fühlinger See gefunden haben.“
Das damalige Kinderzimmer von Lea Sofie ist auch jetzt ein Kinderzimmer. Ungewollt hat das tote Mädchen Spuren hinterlassen, die immer noch an sie erinnern und stumme Zeugen sind, dass sie hier gelebt hat: Die kindlichen Filzstift-Kritzeleien auf der weißen Zimmertür, die die Nachmieterin nie entfernt hat.
„Bis vor einem Jahr glaubte ich, mit der Situation klarzukommen. Doch dann passierte etwas Schreckliches“, erzählt Mariam A. mit leiser Stimme.
Ihr kleiner Sohn, damals gerade einen Monat alt, starb ebenfalls in diesem Zimmer. „Mein Sohn hatte sein Köpfchen ins Kissen gedreht und war erstickt. Ich fand ihn tot im Bett. Es war schrecklich. Ich war am Boden zerstört.“
Verständlich: Mariam A. kann das Zimmer kaum noch betreten. Immer wieder kreisen ihre Gedanken um ihr totes Baby. Und dann sind plötzlich auch wieder die dramatischen Umstände präsent, wie Lea Sofie ums Leben kam.
Monate vergingen, bis wieder etwas Glück in das triste Hochhaus im Kölner Norden einzog. Mariam A. brachte vor einem halben Jahr gesunde Zwillinge zur Welt. Ein Mädchen und einen Jungen. Doch diese Gedanken um das Geschehene – die wird die Mutter bis heute nicht los: „Da ist immer diese Angst, in das Kinderzimmer zu gehen. Ich verspüre in mir eine starke innere Unruhe, wenn ich die Zwillinge dort in ihre Bettchen lege. Ich gehe oft hinein und schaue, ob alles in Ordnung ist. Aber das geht so nicht weiter.“
Daher hat Mariam A. nun einen Entschluss gefasst: „Zwei tote Kinder, das kann ich nicht verkraften. Ich werde mir ein neues Zuhause suchen. In diesen Räumen kann ich einfach kein Glück mehr empfinden. Ich kann hier nicht mehr leben.“
Am heutigen Sonntag werden die Anwohner am Pariser Platz Kerzen anzünden und Lea Sofies gedenken. Sie wollen, dass das kleine blonde Mädchen, das seine letzte Ruhe auf dem Bonner Nordfriedhof gefunden hat, nicht einfach so vergessen wird.