Der Kölner Filmemacher Hermann Rheindorf erzählt in seinem neuen Werk die Geschichte vom Aufbau Kölns aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges – in Farbe.
Sensationeller FarbfilmKöln kommt wieder auf die Beine – aber wer ist das geheimnisvolle Dreigestirn?
Es war ein Fest für Augen und Ohren: Vor einem Jahr veröffentlichte der Filmemacher Hermann Rheindorf (56) die DVD „Das alte Köln in Farbe“. Durch ein aufwendiges Verfahren (siehe Info-Kasten) waren Schwarz-Weiß-Filme in farbige Aufnahmen verwandelt worden. Die Kölner: Begeistert! So hatten sie ihre Stadt noch nie gesehen. Jetzt gibt es einen zweiten Teil: „Köln nach dem Krieg in Farbe“.
Köln nach dem Krieg: Trümmerwüste, Pils und Kellnerlauf
Unerhört! 1949 wurde in Köln zwar schon wieder eifrig Bier getrunken - aber fast nur Pils! Der Kölsch-Absatz lag gerade mal bei 10 Prozent. Es musste sich was ändern. Und das hört sich bei Star-Synchronsprecher Christian Brückner (78, Robert De Niro etc.), der bereits die Texte zur ersten DVD sprach, so an: „Der Rat der Stadt Köln erklärt zum 1900-jährigen Stadtjubiläum 1950 das Kölsch zum Nationalgetränk. Kölsch zu trinken in der Kneipe oder am Kiosk gilt ab sofort als lokal-patriotischer Akt.“
Das kann man in einer der schönsten Passagen des Films sehen. Denn obwohl Köln nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu 90 Prozent zerstört war, gab es bereits 1949 wieder den legendären „Kellnerlauf“, bei dem die Servicekräfte aus Restaurants und Kneipen die Strecke von Rudolfplatz bis zum Kaiser-Wilhelm-Ring zurücklegen mussten. Mit dabei: Köbesse, die die Bierkränze schulmäßig mit ausgestrecktem Arm auf Hüfthöhe trugen. Erfolg der „Kölsch-Pflicht“ übrigens: Ende der 1950er Jahre lag der Absatz bei 35, Ende des 20. Jahrhunderts gar bei 90 Prozent…
Köln kurz nach dem Krieg: Die Pänz litten am meisten
Um 1950 gab es zaghafte Anzeichen, dass Köln wieder auf die Füße kommen könnte. Das war 1945 noch ein frommer Wunsch. Filmemacher Rheindorf: „Die Kindersterblichkeit lag bei 25 Prozent. Die Menschen hausten in unglaublichem Elend zwischen Trümmern. Es gab kaum Wasser, wenig zu essen.“
Seit Jahren schon sammelt und archiviert Hermann Rheindorf Filme aus früheren Tagen. Es sind Aufnahmen von Profis, aber auch von Amateuren. Für die 100 Minuten der DVD begutachteten und bearbeiteten Rheindorf und sein Team 1,5 Millionen Einzelbilder!
So auch die Filme des Ehepaares Franz-Josef und Anna Kurth, gebürtige Kölner, die in den USA ihr Geld gemacht hatten. Sie kamen Ende der 1940er Jahre wieder zu Besuch in die Domstadt. Rheindorf: „Als gebürtige Kölner gingen sie nicht wie die anderen Touristen zuerst in den Dom, sondern erkundeten den Eigelstein und machten Aufnahmen am Großen Griechenmarkt, der komplett zerstört war.“
Köln nach dem Krieg: Jugendstilbauten weggebaggert, Betonbauten errichtet
Stadtkonservatoren werden die Tränen kommen, wenn sie sehen, wie dort und in der Altstadt Renaissance- und Jugendstilhäuser einfach abgerissen und weggebaggert wurden. Denn oberste Priorität war: Neuer Wohnraum musste her - und das möglichst gestern.
Die DVD ist eine bedrückende, nostalgische und dennoch zu Herzen gehende Reise durch das verwundete Köln. Da gibt es zum Beispiel den kleinen Jungen Heinz, der von Papa Helmut Born an verschiedenen Stellen gefilmt wurde und jetzt auf dem Cover zu sehen ist. Ab 1952 macht sich Hoffnung breit: Es geht wieder aufwärts, die Auslagen in den Läden werden üppiger, die Baulücken schließen sich. Das Ende der 1950er Jahre ist auch das Ende dieser DVD („Köln nach dem Krieg in Farbe“) gibt es für 14,80 € in Buchhandlungen und unter www.rheinlanddvd.de)
Köln nach dem Krieg in Farbe: 1,5 Millionen Bilder nachkoloriert
Hinter der Umwandlung schwarz-weißer Filmaufnahmen in farbige Bilder steckt eine Menge Arbeit: Jedes der 1,5 Millionen Einzelbilder wird möglichst fein digitalisiert und von vier Rechnern analysiert. Das eigens dafür entwickelte Programm erkennt zum Beispiel die Form eines Gesichtes und weist ihm die entsprechende Farbe zu.
Das gleiche gilt für Fassaden, Fahrzeuge, Kleidung etc. Diese erste Kolorierung wird von Hermann Rheindorf und seinem Team noch einmal „händisch“ bearbeitet. Rheindorf: „Wir zählen inzwischen durchaus zur Spitze in diesem Metier und nehmen gerne Aufträge von Firmen oder Archiven zur Farbumwandlung schwarz-weißer Filme entgegen.“
Kölner Nachkriegs-Rätsel: Wer kennt das Pänz-Dreigestirn?
Ein Rätsel der DVD ist ungelöst: Wer ist das Kinderdreigestirn auf einem Wagen des Karnevalszuges von 1950? Hermann Rheindorf: „Ich habe Werner Schäfke und Reinhold Louis, die sich mit der Stadtgeschichte bestens auskennen, gefragt. Aber sie wissen das ebenso wenig wie das Festkomitee Kölner Karneval.“
Andererseits, meint Rheindorf, könnten die damals etwa Zehnjährigen heute noch leben. Wenn Sie, liebe EXPRESS-Leser, einen Tipp oder eine Information haben, melden Sie sich bitte per Mail: koeln@express.de