Köln – Als EXPRESS-Reporter Günther Classen (72) am Mittwoch den Saal 13 des Kölner Landgerichts betrat und sich auf den Zeugenstuhl setzte, lobte ihn der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern: „Da ist ja der Mann, der den Fall ins Rollen gebracht hat.“
Kein gewöhnlicher Fall. Sondern ein spektakuläres Tötungsdelikt mit einer skelettierten Leiche im Wald und einem beispiellosen Versagen der Polizei.
Versagen der Polizei
Es ist kaum zu glauben, wie fahrlässig – man könnte auch sagen: gleichgültig – Kölner Behörden mit mehreren Insider-Hinweisen zu dem Mordfall umgegangen sind. Er hätte viel, viel früher aufgeklärt werden können. Zeit, die dem Täter in die Karten spielt.
Denn die Leiche vermoderte seit Januar vergangenen Jahres in einem Waldstück bei Lindlar – und damit auch Beweise am Körper, anhand derer der mögliche Tatverlauf zu rekonstruieren wäre.
Ganove meldete den Mord
Bereits im Februar 2016 meldete sich ein Kleinganove bei seiner Kölner Anwältin Monika Müller-Laschet. Er habe Kenntnis von einem Mord und wisse, wo die Leiche liege. Die Juristin gab die Informationen an Polizei und Staatsanwaltschaft weiter.
Mit dem Hinweis, ihr Mandant verspreche sich durch seine Aussage, eine drohende Haftstrafe wegen Schwarzfahrens nicht absitzen zu müssen. Die Kölner Staatsanwaltschaft ging auf den Deal nicht ein. Und in dem Mordfall wurde offenbar nicht weiter ermittelt.
EXPRESS nahm sich des Falls an
Zwei Monate später wandte sich besagter Zeuge an den EXPRESS – und Polizeireporter. Günther Classen nahm sich des Falls an. „Der Mann sagte mir, er könne mit dem Wissen nicht leben“, berichtete Classen dem Richter. Der Zeuge habe auch dabei geholfen, die Leiche verschwinden zu lassen.
Classen meldete sich bei der Kripo – doch wieder schätzten die Beamten die Mordstory als unglaubwürdig ein. Classen blieb aber hartnäckig, erreichte immerhin, dass die Polizei den Wald bei Lindlar absuchte.
Reporter fand die Leiche
Doch die Suchaktion blieb ergebnislos. „Ich war überzeugt, dass mein Informant die Wahrheit sagte, also wurde ich selbst tätig“, so der Reporter. Classen suchte selbst im Wald. Und stieß nach drei Stunden tatsächlich auf die Leiche!
Die Kölner Polizei war völlig überrascht. Erst jetzt ermittelte die Behörde richtig. Durch weitere Infos des EXPRESS-Reporters wurde ein Tatverdächtiger verhaftet. Anwalt Sebastian Schölzel vertritt die Hinterbliebenen, sagt anerkennend: „Dieser Reporter ist offenbar schlauer, als die Polizei erlaubt.“
Stich ins Herz
Laut Anklage soll Christoph S. (47) seinen Bekannten Dennis S. (30) nach Streit um Drogengeschäfte getötet haben. Mit einem Stich ins Herz. Dem Angeklagten droht lebenslänglich Haft wegen heimtückischen Mordes. Bisher schweigt der Täter.
Möglich erscheint, dass die Verteidigung in Richtung Totschlag oder Notwehr plädieren will. Ein Urteil in dem Fall ist bisher für den 1. Februar vorgesehen.