Köln – Es sei sicher nicht alles sauber gelaufen, doch ein Betrug in diesem Umfang habe nicht stattgefunden. Im Prozess um zwei Geschäftsführer einer Security-Firma aus Hürth und einen Subunternehmer hat Verteidiger Tobias Westkamp die Anklage der Staatsanwaltschaft in Frage gestellt und auf einen möglichen Rechenfehler hingewiesen. Die Vorwürfe der Ermittler basierten auf Schätzungen.
Verteidiger kritisiert Schätzungen der Staatsanwaltschaft
Zwar habe der Bundesgerichtshof es zuletzt für zulässig erklärt, dass Ermittler Steuerschäden hochrechnen. Allerdings nur dann, wenn es keine hinreichende Aktenlage gäbe. Im aktuellen Verfahren wäre das nicht der Fall, es seien genügend Dokumente sichergestellt worden. „Bei der Menge an Unterlagen, die da sind; Warum muss man dann schätzen?“, fragte Anwalt Westkamp.
Den Angeklagten wird vorgeworfen, einen Steuerschaden von rund 1,2 Millionen Euro verursacht zu haben. Ein Wert, den die Ermittler bereits nach unten korrigiert hatten. Zuerst habe man dem Mandanten und den Mitbeschuldigten sogar einen Schaden von vier Millionen Euro vorgeworfen. Westkamp warf der Kölner Staatsanwaltschaft vor, in gewisser Weise willkürlich gehandelt zu haben.
Wurden Scheinrechnungen für Security-Dienste ausgestellt?
Konkret sollen die Geschäftsführer, die sich in U-Haft befinden, etwa Scheinrechnungen des mitangeklagten Subunternehmers bezahlt und einen Großteil der Summe zurückerhalten haben. Aus der entstandenen schwarzen Kasse sollen dann Mitarbeiter am Fiskus vorbei bezahlt worden sein. Persönlich äußern wollten sich die Angeklagten im Kölner Landgericht zunächst nicht äußern.
Der Vorwurf steht im Raum, dass die Angeklagten zusätzliche Mitarbeiter bei der Essensausgabe in Flüchtlingsunterkünften abgerechnet haben. Ein Sicherheitsmann soll bei der Polizei ausgesagt haben, dass in den Heimen immer nur der feste Security-Stamm zum Einsatz kam. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Sabine Grobecker wollte sich der Zeuge daran aber nicht mehr erinnern.
Angeklagter fühlt sich nicht ernst genommen
Zu einem Mitarbeiter der Stadt Frechen, den die Angeklagten bestochen haben sollen, um Aufträge zu erhalten, konnte der Zeuge nichts beitragen. Verteidiger Ulrich Sommer erklärte, sein Mandant wolle sich nicht äußern, da er den Eindruck habe, das Gericht wolle seine Sicht der Dinge gar nicht hören.
Er habe sich in Haftprüfungsterminen bereits mehrfach erklärt. An seiner Situation habe das nichts geändert. Ein gestellter Befangenheitsantrag gegen die Kammer wurde jedoch abgelehnt.
Richterin beruhigt ihren hitzigen Beisitzer
Die Verhandlung wurde teilweise hitzig geführt. Als Verteidiger Tobias Westkamp einen Vorhalt eines beisitzenden Richters aus einer Polizeivernehmung rügte, blaffte der Beisitzer: „Ich weiß schon, wie ich das hier vortragen muss.“ Mit einem sanften Klaps auf die Schulter beruhigte die Vorsitzende Richterin ihren Kollegen daraufhin. Denn, so stellte sich heraus: Die Rüge des Anwalts war berechtigt. „Mäßigen Sie Ihren Beisitzer“, hatte auch Anwalt Frank Hatlé die Richterin gebeten.
Die beiden beisitzenden Richter hatten sich mehrfach gegen Äußerungen von verschiedenen Anwälten zur Wehr gesetzt und versucht, die Vorsitzende Richterin zu unterstützen. Nötig ist das freilich nicht: Sabine Grobecker weiß ganz genau, wie sie auch hochdekorierte Anwälte zähmt. Das hat sie unter anderem im großen Verfahren um die Mauscheleien bei der einstigen Großbank Sal. Oppenheim bewiesen.