„Unterirdisch“Wer testet eigentlich die Testzentren? Worauf Kölner achten müssen
Köln – Seit Wochen sprießen Corona-Testcenter wie Pilze aus dem Boden: Der Schnelltest-Markt in Köln wird immer unübersichtlicher. Wenn es gut läuft, können Anbieter sich mit den Bürgertests eine goldene Nase verdienen. Eine bittere Erkenntnis, zumindest wenn die Testqualität stark zu wünschen übrig lässt. Eine solche Erfahrung hat der Journalist Florian Schwiegershausen (46) gemacht. Ein Erlebnis in einem Testcenter in der Kölner Innenstadt lässt ihn sprachlos zurück.
- Wer testet eigentlich die Testzentren?
- Journalist macht in Köln unseriöse Bürgertest-Erfahrung
- Gesundheitsamt-Leiter erklärt, worauf Kölner unbedingt achten sollten
Kölner Testcenter: Große Räumlichkeiten, um Abstand zu halten? Fehlanzeige!
Bevor Florian Schwiegershausen (46) sich auf den Rückweg zu seinen pflegebedürftigen Eltern machte, wollte er sich am 14. April mit einem negativen Corona-Bürgertest absichern. Doch schnell habe er sich in den Räumlichkeiten des Testcenters unwohl gefühlt.
„Es war überall ziemlich eng, woraufhin ich mich fragte, wie ich da Abstand halten soll, wenn mir jemand entgegen kommt“, sagt Schwiegershausen gegenüber EXPRESS.
Doch erst danach folgte die böse Überraschung.
Köln: Corona-Selbsttest wie aus dem Discounter als Bürgertest? Journalist wundert sich
„Menschen, die einem zum Schnelltest das Stäbchen in die Nase schieben, gibt es hier nicht. Die Mitarbeiterin am Plexiglascounter gab mir durch eine Durchreiche ein Stäbchen in der Verpackung und ein Plastikröhrchen“, so Schwiegershausen.
Also machte er einen Corona-Selbsttest, wie vom Discounter. Nur als Bürgertest – und somit natürlich kostenlos.
„Die Dame gab mir dazu nur den Hinweis: „Das Stäbchen muss zwei Zentimeter in die Nase“ – dann musste ich mir vor dem Spiegel selbst das Stäbchen in die Nase schieben, ins Plastikröhrchen packen und ihr dann durch die Durchreiche zurückgeben. Doch ich habe nicht darum gebeten, den Test selbst durchzuführen. Das war unterirdisch“, betont Schwiegershausen.
Stattdessen hätte er gerne erlebt, dass Fachpersonal den Abstrich nimmt – oder, dass er bei der Testung zumindest gewissenhaft beaufsichtigt wird. Aber: Fehlanzeige.
Köln: Corona-Bürgertests dürfen nur in Ausnahmefällen vom Patienten selbst durchgeführt werden
Dabei ist das die Grundlage, für einen seriös durchgeführten Bürgertest. Nur, wer explizit darum bittet, den Corona-Schnelltest bei sich selbst durchführen zu können, der kann dies unter Aufsicht des Fachpersonals tun, erklärt das Kölner Gesundheitsamt gegenüber EXRESS dazu.
Der Bürgertest müsste dann jedoch „unter Anleitung und Aufsicht von medizinisch geschultem Personal durchgeführt werden.“
Das Kölner Gesundheitsamt hat zu dem beschriebenen Fall weitere Bürgerbeschwerden erhalten und den Betreiber nun aufgefordert, auf eine fachgerechte Durchführung der Tests mit geschultem Personal umzustellen, erklärt ein Stadtsprecher am Mittwoch (22. April).
Aber: Wie kann es überhaupt zu einem solch unseriösen Testerlebnis kommen? Eine nicht unwesentliche Rolle könnten dabei die Geldsummen spielen, die private Testanbieter von Land und Bund erhalten.
Kölner Testzentren: 18 Euro pro Test vom Bund – 1000 Euro monatlich vom Land
18 Euro bekommen private Testzentren pro Test vom Bund, bestätigt das Bundesgesundheitsministerium gegenüber EXPRESS – bei 100 Tests am Tag ist das ein monatlicher Umsatz von 43.000 Euro. Mit PCR-Tests sind noch deutlich höhere Umsätze möglich. Und das ist in NRW noch nicht alles.
„Das Land fördert darüber hinaus die Entstehung dieser weiteren Teststellen mit einem „Einrichtungszuschuss“ von 1.000 Euro und einer monatlichen Pauschale von 1.000 Euro. Das Land unterstützt also alle Teststellen, die keine Vollkosten-Finanzierung nach der Coronavirus-Testverordnung des Bundes erhalten und die Mindestanforderungen nach der Coronatest-Verordnung erfüllen“, erklärt ein Ministeriumssprecher des (MAGS) auf EXPRESS-Nachfrage.
Kölner Testcenter: Wer darf testen? Alle, „unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation“
„Für mich hat das etwas von Abzocke, wenn ich sehe, dass die hier genauso viel abrechnen wie beispielsweise ein Apotheker oder Arzt für den gleichen Test, der da wahrscheinlich gewissenhafter ans Werk geht, weil es bei ihm sehr viel mehr um seinen guten Ruf geht“, sagt Schwiegershausen dazu.
Doch woher kommt der Boom der privaten Testanbieter überhaupt? Ständig eröffnet ein neues Testcenter in Köln. Der Grund dafür ist auch das Infektionsschutzgesetz. Bis November 2020 durften demnach nur Ärzte testen, jetzt gilt: Alle dürfen es, „unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation.“
Köln: 125 private Testanbieter führen Corona-Tests durch
Also auch, wer bislang wenig, bis gar nichts mit Medizin oder Tests zu tun hatte, kann ein Testcenter eröffnen.
Die Mitarbeiter müssten aber entsprechend geschult werden. Testanbieter müssen im Vorfeld der Gesundheitsbehörde ein Testkonzept auf Basis der Testverordnung des Landes NRW vorlegen – erst nach der Genehmigung kann es losgehen.
Mittlerweile gibt es in Köln 125 private Testanbieter, das Gesundheitsamt hat bislang 25 davon kontrolliert.
Köln: Gesundheitsamt trifft immer wieder auf „schwarze Schafe“
„Es werden alle Testzentren durch Mitarbeitende des Gesundheitsamts nach und nach kontrolliert. Dabei stehen infektionshygienische Aspekte im Vordergrund. Bei diesen Begehungen lässt sich feststellen, dass einige Anbieter sehr gut arbeiten. Wenn es Beanstandungen gibt, sind das vereinzelt infektionshygienische Mängel, die sich aber dann zügig beheben lassen. Es gibt aber hier auch leider einige „schwarze Schafe“, bei denen die Mängel so erheblich sind, dass sie von uns direkt geschlossen werden müssen“, erklärt der Leiter des Kölner Gesundheitsamts Johannes Nießen gegenüber EXPRESS.
Kölner Gesundheitsamt erklärt, worauf Kölner achten müssen
Man habe bereits mehrere Testcenter in Köln schließen müssen, aber bevor es die Vorgaben zu den Bürgertestungen gab.
Wie bei einem „Testzentrum“, das eigentlich ein Kiosk ist. Nach EXPRESS-Informationen waren die Zustände hier so unhygienisch, dass das Gesundheitsamt die Schotten schon vor der Eröffnung dicht machen musste.
Worauf sollten Laien also achten, wenn sie ein Testzentrum betreten? „Darauf, dass die bekannten AHA-L-Regeln eingehalten werden, dass das Testpersonal Schutzausrüstung trägt, dass die Einrichtung insgesamt sauber und ordentlich wirkt und dass erklärt wird, wie man sich im Falle eines positiven Ergebnisses verhalten muss. Hier ist es insbesondere wichtig, dass in diesem Fall erklärt wird, wie und wo man schnell den dann erforderlichen PCR-Test machen kann. Am besten ist es, wenn dieser direkt vor Ort im Anschluss gemacht wird“, erklärt ein Stadtsprecher dazu.