Mehr als 35 Jahre nach dem ihren Tod kommt der Fall um die getötete Kölnerin Petra Nohl (†24) endlich vor Gericht.
Kölner Schock-Fall 1988Karnevals-Mord an Petra (†24) – Zeugin entschuldigt sich
Ihr Fall war schon fast in Vergessenheit geraten, jetzt soll er endlich aufgeklärt werden: Am Montag (4. September 2023) hat vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den vermeintlichen Mörder von Petra Nohl begonnen.
Der Fall von 1988 um die Mutter eines damals eineinhalb Jahre alten Mädchens ging als „Karnevals-Mord“ in die Kölner Polizeigeschichte ein. Am Morgen des 14. Februar, dem Karnevalssonntag, hatte ein Passant die Leiche von Petra Nohl an der Albertusstraße gefunden.
Prozess in Köln startet: Wird der Karnevals-Mord von 1988 endgültig aufgeklärt?
Der Fall bleibt über Jahrzehnte ungeklärt, wird schon zu den Akten gelegt: kein Täter identifiziert! Bis sich eine Cold-Case-Einheit der Kölner Polizei den Fall erneut vornimmt und im Dezember 2022 bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ (ZDF) um neue Hinweise bittet.
Und tatsächlich: „Auf den Tag genau 35 Jahre nach Tatbegehung haben Ermittler und Ermittlerinnen in dem Kölner Cold Case-Mordfall Petra Nohl einen vom Amtsgericht Köln erlassenen Haftbefehl gegen einen 56-jährigen Mann aus Köln-Bilderstöckchen vollstreckt“, heißt es im Februar 2023 von Seiten der Polizei.
Der Angeklagte ist heute 56 Jahre alt, hat selbst zwei erwachsene Kinder. In seiner Wohnung wurde er von der Polizei festgenommen.
Zum Prozessauftakt am Montag wurde im Kölner Landgericht die Anklage verlesen. An neun weiteren Verhandlungstagen soll die Schuld oder Unschuld des Angeklagten festgestellt werden. Das Urteil ist für den 24. Oktober geplant.
Anwalt des mutmaßlichen Mörders: Der 56-Jährige ist unschuldig
Verteidiger Uwe H. Krechel sagte am Montag vertretend für den 56-Jährigen: „Ich habe mit der Tötung und dem Tod der Frau nichts zu tun.“
Sein Mandant werde sich zu einem späteren Zeitpunkt detailliert einlassen. Vor Verhandlungsbeginn hatte der Verteidiger zu Journalisten gesagt, dass am Ende des Prozesses das herauskommen werde, was er schon lange wisse: Dass der 56-Jährige „die Tat nicht begangen hat“.
Weiter sprach der Anwalt von einem „spärlichen Beweisergebnis“, das die Ermittler bislang vorgelegt hätten.
Gleich bei der ersten Zeugin wird klar, welche Schwierigkeiten sich in „Cold Case“-Prozessen ergeben: Nach 35 Jahren ist die Erinnerung von Zeugen recht eingetrübt.
Die erste Zeugin, heute 58 Jahre alt, sagte aus, sie sei mit ihrem Hund Gassi gegangen und habe die Leiche des Opfers entdeckt. Das Gericht hält der Frau aber vor, was sie damals zur Polizei gesagt haben soll. Demnach habe die Frau die Frauenleiche vom Küchenfenster der Wohnung ihres damaligen Lebensgefährten entdeckt, bei dem sie übernachtet hatte.
Die Zeugin erwidert, dass sie die Leiche auch vom Küchenfenster gesehen habe. Von wo sie die Leiche erstmals gesehen habe, könne sie heute nicht mehr erinnern: „Das ist 35 Jahre her“, sagte sie entschuldigend.
Entscheidenden Hinweis gibt Zuschauer in ZDF-Sendung
Den entscheidenden Hinweis gab im Dezember 2022 ein Zuschauer der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“. Er berichtete, dass sein früherer Kumpel der 24-Jährigen in der Tatnacht von einem Taxistand aus gefolgt sei und in den folgenden Tagen sein Aussehen verändert habe.
Petra Nohl, gelernte Friseurin, war vorher mit ihrer Schwester und ihrer Schwägerin im „Bierdorf“ feiern, der damals beliebten Kneipen- und Discolandschaft unter der „Schweizer Ladenstadt“ (heute Opernpassagen). Die Frauen verbrachten die meiste Zeit in der Disco „Chari Vari“. Zwischen 3 Uhr und 4 Uhr zog Petra Nohl alleine weiter, wollte in die Discobar „Big Ben“.
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Doch dort kam sie nie an. Der Mörder griff die 24-Jährige an, fügte ihr durch Schläge schwere Verletzungen an Kopf und im Brustbereich zu und erwürgte sie mit ihrer Halskette.
„Ohne den Zeugen wären wir nie auf den Verdächtigen gekommen“, sagt der Leiter der „Cold Cases“-Einheit der Kölner Polizei, Markus Weber. Ein DNA-Abgleich mit an der Leiche gesicherten DNA-Spuren ergab dann einen Treffer.
„Ohne den Zeugen wären wir nie auf den Verdächtigen gekommen“
Der Fall, so Weber, zeige, dass es sich lohne, ungeklärte Fälle dieser Art auch Jahrzehnte später noch aufzurollen. Damals hatte der Tatverdächtige seinen Freund davon abgehalten, mit seinem Wissen zur Polizei zu gehen.
Nun aber, Jahrzehnte später, habe sich der Zeuge unter dem Eindruck der Fernsehsendung doch noch zur Aussage entschlossen. Dass die beiden Männer heute nicht mehr befreundet sind, könnte der entscheidende Faktor gewesen sein.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Mord aus Habgier und niedrigen Beweggründen vor. Demnach soll er Petra Nohl überfallen haben, um an ihre Wertsachen zu gelangen – unter anderem ihren Brustbeutel mit 100 D-Mark darin. (mit dpa)