Sie sind eine musikalische Institution in Köln. Der Jugendchor St. Stephan feierte in der Philharmonie sein 40-jähriges Bestehen. Der Gründer hatte gleich doppelten Grund zur Freude.
Ganz besonderes JubiläumKölns Star-Chor lüftet Burger- und Handy-Geheimnisse
Was für ein besonderer Abend für Michael Kokott, dem Gründer und Leiter des Jugendchors St. Stephan. Am Samstagabend (15. Juni 2024) wurde der 40. Geburtstag des Chores mit einem großen Konzert in der Kölner Philharmonie gefeiert.
Dass Singen glücklich macht, steht für den Chorleiter außer Frage. Selbst als Kind im Kinderchor, gründete er 1984 in Lindenthal den Jugendchor St. Stephan, der zu den größten und erfolgreichsten kirchlichen Jugendchören Deutschlands zählt.
Jugendchor St. Stephan: Rund 2500 Sängerinnen und Sänger waren dabei
Rund 2500 Sängerinnen und Sänger waren in den letzten 40 Jahren Teil davon. Neben der Musik steht für Kokott das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund: „Ich erinnere mich an die Zeit, als wir in St. Stephan geprobt haben und die Ausklänge nach der Chorprobe meistens länger waren als die eigentlichen Proben. Ganz zum Leidwesen der Nachbarn“, sagt er lachend zu EXPRESS.de.
Das über zweistündige Jubiläumskonzert stand ganz im Zeichen einer Zeitreise durch vier erfolgreiche Jahrzehnte. Nach den kirchlichen Anfängen in den 80er Jahren unter anderem mit der Papstmesse von Johannes Paul II 1987 im alten Müngersdorfer Stadion und Festgottesdiensten im Kölner Dom, nahmen die Bläck Fööss den Jugendchor in den 90er Jahren mit auf die Kölner Bühnen und ebneten ihnen gleichzeitig den Weg in den Karneval. Beim Weltjugendtag 2005 in Köln begeisterte der Chor tausende Jugendliche aus aller Welt.
Wenn Kokott die letzten 40 Jahre Revue passieren lässt, muss er immer wieder lachen: „Ich könnte ein ganzes Buch mit Anekdoten über den Jugendchor schreiben. Dazu gehört auch eine eher konservative Veranstaltung, bei der wir jahrelang gesungen haben – die Kölner Domprozession. Eröffnungsgottesdienst auf dem Roncalliplatz, dann Prozession durch die Innenstadt und anschließend zum großen Schlusssegen in den Kölner Dom. Dass einige Chormitglieder nach dem Eröffnungsgottesdienst zu McDonald's abgebogen sind und sich erst kurz vorm Schlusssegen im Dom wieder eingereiht haben, davon habe ich nichts gewusst. Wenn ich es gewusst hätte, ich hätte es am liebsten auch gemacht.“
Ebenfalls unvergessen: „Vor neun Jahren durften wir bei der Trauerfeier für einen prominenten Kölner im Dom singen. Es war alles sehr feierlich und nach der Ansprache war es im wahrsten Sinne des Wortes totenstill. Während dieser Andacht klingelte ein Handy im Chor und ich wäre beinahe im Boden versunken, denn der Klingelton war ‚Da simmer dabei! Dat is prima! Viva Colonia‘“.
Berühmtestes Chormitglied bis jetzt war Bill Clinton. Der US-Präsident war beim Kölner G8-Gipfel 1999 so begeistert, dass er gemeinsam mit dem Chor „Oh Happy Day“ sang. Beim Weltjugendtag 2005 in Köln begeisterten die jungen Sängerinnen und Sänger im Alter zwischen 16 und 29 Jahren nicht nur Tausende Jugendliche aus aller Welt, sondern auch Papst Benedikt XVI.
Und auch das Geburtstagspublikum in der ausverkauften Philharmonie zeigte sich begeistert bei Songs wie „Don't stop me now“ (Queen), dem Jugendchor-Song „Du bes jet janz besonderes“ von Flo Peil von Kasalla oder „Kölsche Jung“ von Brings. Als Live-Premiere präsentierte der Chor seinen neuen Song „Regenbogen“, den es ab 12. Juli in den Streaming-Portalen gibt.
Das Repertoire des Chores reicht durch alle Genres. „Unser Erfolgsrezept war schon immer unsere Vielseitigkeit, mit der wir versuchen, Jung und Alt gleichermaßen zu begeistern“, betont Kokott, der unter anderem auch den Kinderchor „Lucky Kids“ leitet. In ganz Deutschland bekannt geworden ist Kölns musikalische Aushängeschild durch zahlreiche Fernsehsendungen. Ein millionenfach angeklicktes Facebook-Video mit dem A-Capella gesungenen Brings-Lied „Kölsche Jung“ im Hamburger Elbtunnel sorgte für bundesweiten Medienrummel.
Einen regelrechten Coup landete Kokott, als der Jugendchor zusammen mit den „Lucky Kids“ den Chorpart zum Mega-Erfolg „Geboren, um zu leben“ von Unheilig 2010 sang. Gleich mit drei Goldene Schallplatten wurde der Chor belohnt. Getoppt wurde der Erfolg bereits 2013, als der Jugendchor mit einer 4-fach-Platin-Auszeichnung für die Mitwirkung beim Unheilig-Album „Lichter der Stadt“ überrascht wurde.
Zum Chorjubiläum gaben sich auch die Ex-Frontmänner Henning Krautmacher (Höhner), Kafi Biermann (Bläck Fööss), Kölns Bürgermeister Dr. Ralf Heinen und Christoph Watrin (US5 und Ex-Jugendchorsänger) die Ehre. Gemeinsam sangen sie den 65 Chormitgliedern das von Flo Peil geschriebene Geburtstagslied „Du gehörst zu Kölle“.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
Krautmacher: „Wenn man Musiker in der Domstadt ist, trifft man automatisch auf Michael Kokott und seine verschiedenen Chor-Projekte. Es gibt unzählige Konzerte und Anlässe, wo wir gemeinsame Sache gemacht haben – es gibt nicht so viele Chöre auf der Welt, die kölsch singen. Ein Chor wäre niemals entstanden, wenn es den Jugendchor St. Stephan nicht gegeben hätte, und das ist der Grenzenlos-Chor für Flüchtlingskinder. Michael war sofort dabei und hat jedem der Flüchtlingskinder ein Mitglied des Chors an die Seite gestellt und egal wo immer die Kids herkamen, sie haben innerhalb kürzester Zeit nicht nur Deutsch gelernt, sondern auch Kölsch.“
Michael Kokott: „Möchte auch das 50. Jubiläum mit Chor erleben“
Das wohl bestgehütete Geheimnis des Abends plauderte Kafi Biermann mit einem verschmitzten Lächeln aus. „Heute feiert nicht nur der Jugendchor Geburtstag, sondern auch Michael Kokott. Von uns allen herzlichen Glückwunsch zum 64. Geburtstag.“
An Rente denkt der leidenschaftlichen Chorleiter aber nicht, ganz im Gegenteil: „Wenn es die Gesundheit zulässt, würde ich auch sehr gerne das 50. Jubiläum mit dem Chor feiern.“ Für Gänsehaut pur und stehende Ovationen sorgte dann Biermann, als er zum Finale mit dem Chor zusammen „Unsere Stammbaum“ performte.