Die Obdachlosen-Situation in Köln spitzt sich zu, die Zahl der sozialen Brennpunkte wird immer größer. Vertreter von verschiedenen Kölner Organisationen fordern deswegen sofortiges Handeln.
„Grad der Verwahrlosung wächst“Obdachlos in Köln: Ehrenamtler schlagen Alarm
von Carolina Bosch
Köln. Die Lage in Köln ist dramatisch. Das erklären gleich mehrere ehrenamtliche Vertreter verschiedener Veedel in einer Pressekonferenz zur Obdachlosensituation am Dienstag (10. August).
EXPRESS.de hakte noch einmal nach und sprach mit Ruth Wennemar vom Bürgerverein Eigelstein. Es muss sich dringend etwas tun, fordert sie. „Wir erleben, dass der Grad er Verwahrlosung in Köln nicht nur generell wächst, sondern auch immer schneller zunimmt.“
Obdachlosensituation in Köln spitzt sich zu
Gemeinsam mit Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt, Annett Polster, Geschäftsführerin des Stadtmarketings Köln sowie Alice Baker von der ABC Südstadt forderte sie im „Veedelszimmer“ am Eigelstein sofortiges Handeln.
Die Situation habe sich auch durch Corona noch einmal äußerst verschärft. Immer wieder erschüttern schlimme Fälle, in die Obdachlose involviert sind, die Stadt. Erst Ende Juli wurde ein mutmaßlich stark alkoholisierter Wohnungsloser auf der Machabäerstraße von einem Auto überrollt.
Maßnahmen gegen Verwahrlosung: „Köln besteht aus vielen Brennpunkten“
Die Orte, an denen Köln verwahrlost, nehmen zu, meint Wennemar. „Jede Stadt hat ihre Brennpunkte, aber Köln besteht mittlerweile aus vielen Brennpunkten. Und da wo es schon schlimm ist, wird es noch schlimmer“.
Wennemar weiter: „Das wirkt sich auf das gesamte Stadtbild aus. Familien, die nach Köln kommen, werden mit der Lage direkt am Hauptbahnhof konfrontiert.“ Auch für Kultur und Wirtschaft ziehe das erhebliche Folgen mit sich. Geschäfte an Brennpunkten hätten mittlerweile Probleme, Mitarbeiter zu finden, weil die sich abends nicht mehr aus dem Laden trauen.
Forderungen zum Handeln gegen Obdachlosigkeit in Köln
Deswegen müsse die Stadt handeln. Dazu stellen Wennemar, Hupke, Polster und Baker verschiedene Forderungen auf.
Besonders die ämterübergreifende Zusammenarbeit sei ein wichtiger Punkt. Sowohl städtische als auch private Akteure sollen zusammenarbeiten und Experten zur Bekämpfung der Situation heranziehen.
Das wurde bereits in verschiedenen Beschlüssen der Bezirksvertretung Innenstadt von 2015 und 2020 festgelegt. Demnach soll der Zustand der Obdachlosenszene erfasst und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Neben Vertretern aus Politik und Verwaltung sollen sich auch externe Sachverständige beteiligen. „Und da ist bisher überhaupt nichts passiert“, kritisiert Wennemar. „Wir erwarten mehr Ehrgeiz in der Sache.“
Außerdem sollen die Regeln in Notschlafstellen für Wohnungslose geändert werden. Besonders das Alkoholverbot sei ein Problem. Viele seien alkoholkrank und können deswegen das Angebot der Unterkunft nicht nutzen.
„Housing first“ als Ansatz gegen Obdachlosigkeit in Köln
Das Programm „Housing first“ sei ein Ansatz, das Problem anzugehen. Es wird sogar bereits seit 2020 von der Stadt Köln gefördert. Das Konzept sieht vor, dass ein fester Wohnsitz keine Folge, sondern eine Voraussetzung der Integration ist. Dieser Ansatz soll weiter vorangetrieben werden.
Als letzter Punkt wird konsequentere Ahndung von Straftaten gefordert. Oft seien den Ordnungskräften die Hände gebunden, kritisiert Wennemar. Beispielsweise betreffe das oft Eingangsbereiche von Häusern, in denen Wohnungslose ein Nachtquartier einrichten.
Die Zuständigkeit falle in vielen Fällen auf die Besitzer der Gebäude, weshalb den Ordnungskräften die Hände gebunden seien. „Da muss auch auf Landesebene etwas geschehen“, so Wennemar.