Mordrausch in SülzSchrecklicher Verdacht: Der ungesühnte Tod der Kölnerin Petra (24)
Köln – Ungeklärte Kölner Verbrechen – in den dramatischen Wochen der Wende vor fast genau 30 Jahren im Oktober 1989 stirbt in Köln die 24-Jährige Petra Nell. Der Täter: nie gefasst! Dabei glaubt der Chefermittler heute noch genau zu wissen, wer es war. EXPRESS war auf Spurensuche.
Petra Nell: Kölner Mordfall seit 30 Jahren ungelöst
Das Mietshaus an der Nikolausstraße in Sülz, in dem der Mord geschah, liegt auf halber Höhe zwischen den Gaststätten „Knollendorf“ und „Wundertüte“. Über 20 Parteien wohnen hier. Ob heute irgendeiner weiß, welches Verbrechen sich in der Wohnung im 1. Stock, rechterhand, zutrug? Unwahrscheinlich.
Es gehörte zu den schlimmsten Anblicken, die der heute 71-Jährige Peter Schnieders, damaliger Leiter der Kölner Mordkommission, ertragen musste. Der Leichnam der 24-Jährigen Petra Nell war grausam zugerichtet. Schnieders spricht von einem „Blutrausch“, in den der Täter geraten sein muss.
Petra Nell: Anblick der Leiche war extrem schlimm
Er hat Petra Nell geschlagen und getreten, hat mit einem Messer auf sie eingestochen. Die junge Frau lag auf dem Boden ihres Badezimmers. Ihr Bademantel war blutdurchtränkt.
Petra Nell arbeitete als Prostituierte. Im Flur des Appartements hing der Spruch: „Kommen Sie herein, mich kann heute sowieso nichts mehr erschüttern.“
Petra Nell: Freundin fragt seit 30 Jahren immer wieder nach
Der Fall Petra Nell gehört zu den zahlreichen Kölner Verbrechen, die ungeklärt und ungesühnt geblieben sind. Eine sehr gute Freundin Petras ruft den damaligen Ermittler im Abstand von nie mehr als zwei Jahren an, um sich zu erkundigen, ob es doch noch etwas Neues gibt. Über Petra sagt einer, der sie einige Jahre vor ihrer Zeit im Milieu kennengelernt hatte: „Sie erschien ein bisschen ausgeflippt, aber auch in sich gekehrt.“
Verhöre im Polizeipräsidium am Waidmarkt
Bis heute ist Schnieders überzeugt davon, den Täter zu kennen. Ob er lebt, weiß er nicht. Zweimal saß ihm der bullige Mann mit der Halbglatze bei den stundenlangen Verhören im Präsidium am Waidmarkt gegenüber. „Er schwitzte sogar auf den Handrücken“, sagt Schnieders. Aber überführen konnte der Polizist ihn nicht. Der Mann stritt alles ab.
„Petra wollte aus dem Geschäft aussteigen. Der Mann war ihr Zuhälter. Meine Vermutung ist, dass er Petra maßregeln wollte, dass es einen Streit gab, der eskalierte. Er ist ausgetickt.“
Petra Nell sagte ihren Freundinnen: Ich habe die wahre Liebe gefunden
Petra Nell hatte seit einigen Wochen einen festen Freund, der ihr Leben verändert hatte. Freundinnen hatte sie gesagt, er sei ihre erste wahre Liebe. Deswegen wollte sie das Milieu hinter sich lassen. Um 22 Uhr war das Paar verabredet. Als sie nicht erschien, suchte der 27-Jährige das Appartement in Sülz auf. Petra öffnete nicht. Das Telefon gab die ganze Zeit ein Besetzt-Zeichen. Der Freund alarmierte einen Bekannten. Gemeinsam brachen sie die Wohnungstür auf. Und sahen die grauenvoll zugerichtete Leiche.
Fahnder über damaligen Staatsanwalt: „Das war einer, der unheimlich viel Gas gab“
Die Spurenlage am Tatort sei leider schlecht gewesen, sagt Ex-Kommissar Schnieders: „Wir hatten Faserspuren, aber damit sind wir nicht weit gekommen.“ Über den damaligen Staatsanwalt Karl Utermann sagt er: „Das war einer, der immer unheimlich Gas gegeben hat. Der war immer zu haben, wenn man jemanden ins Gefängnis kriegen konnte. Aber selbst der hat gesagt, das ist zu wenig. Wir brauchen Spuren, um das zu untermauern.“
Petra Nell: Einmal noch hört der Fahnder von seinem Verdächtigen
Vom Mann, von dessen Täterschaft Schnieders so überzeugt ist, hat Schnieders einmal noch gehört, Jahre später. Mitten in der Nacht habe er außerhalb Kölns fast nackt und verwirrt auf einer Kreuzung gestanden, bis die Polizei einschritt.
Der „Mordfall Petra Nell“ aber behielt seinen Platz in den Akten als ungelöstes Kölner Kapitalverbrechen.