Queer-HassSchock-Erlebnis an Kölner Schule: „Mir wurde gesagt, ich sollte nicht existieren“

Jugendliche im „WiR*“ Workshop.

Workshops an Schulen zeigen, dass es eine verstärkte Queer-Feindlichkeit gibt. Betroffene berichten von Mobbing-Erfahrungen.

Ein Projekt des Vereins „anyway“ zeichnete zuletzt ein besorgniserregendes Bild von Queer-Feindlichkeit an Kölner Schulen. Jetzt melden sich auch Betroffene zu Wort.

von Nina Naunheim  (nmn)

Gerade in Köln zählen Offenheit und Toleranz zu wichtigen Werten, die eigentlich auch an die junge Generation weitergeben werden sollten. Doch aktuelle Entwicklungen an Kölner Schulen zeichnen ein beunruhigendes Bild.

„Ich finde es absolut besorgniserregend, dass die Queer-Feindlichkeit an Schulen angestiegen ist“, berichtet auch Ricarda Hofmann, TV-Autorin und Podcasterin („Busenfreundin“) im Gespräch mit EXPRESS.de.

Queerfeindlichkeit und Mobbing in der Schule – „Ich war anders und das gefiel ihnen nicht“

Das Projekt „WiR* – Wissen ist Respekt“, welches von dem Verein „anyway“ ins Leben gerufen wurde, zeigte zuletzt oftmals Ablehnung seitens der Schülerinnen und Schüler während der Workshops über die Lebensweisen innerhalb der LGBTQI+-Community.

Alles zum Thema LGBTQI+

„WiR*“ wurde ins Leben gerufen, um an Schulen für die LGBTQI+-Community zu sensibilisieren. Während dieser Workshops kam es jedoch zu schockierenden Vorfällen. Von diskriminierenden Aussagen bis hin zu offenen Anfeindungen standen viele Schülerinnen und Schüler dem Thema ablehnend gegenüber.

„Sie äußern dies auch zunehmend laut, stören die Workshops bewusst durch ihr Verhalten und sind in Teilen verbal aggressiv“, berichtet Dominik Weiss, Projektleiter von „WiR*“. Doch diese Entwicklungen gibt es nicht erst seit gestern.

Panic (20): „Habe schon im jungen Alter viel Hass abbekommen“

Panic ist 20 Jahre alt, sitzt im Rollstuhl und hat sich während seiner Schulzeit geoutet.

„Ich als schwuler, mittlerweile erwachsener Mensch habe schon allein von meinen Mitschülerinnen und Mitschülern im jungen Alter viel Hass abbekommen und war Opfer von Mobbing – ich war anders und das gefiel ihnen nicht“, erzählt Panic, der mittlerweile als Obdachlosenhelfer arbeitet.

Das Problem laut Panic: „Viele Menschen denken heutzutage, dass Sexualkunde oder Lehrkräfte Kinder queer machen, doch ich wurde nicht von Lehrerinnen und Lehrern queer gemacht, das Einzige, was passiert war, dass ich von Schülerinnen und Schülern niedergemacht wurde.“

Diese Erfahrungen prägen Panic noch heute, weshalb er sich für die LGBTQI+-Community starkmacht.

Auch Jay (17) berichtet von Anfeindungen

So ergeht es jedoch nicht nur Panic. Jay ist 17 Jahre alt, geht derzeit noch in die Schule und teilt derartige Erfahrungen. „Als ich mich damals als bi geoutet habe, bekam ich viele feindliche Kommentare. Manche haben gesagt, dass ich nicht existieren sollte oder dass ich nicht nicht-binär sein könnte, da ich ein Mädchen bin“, berichtet Jay.

Jay ist seit rund drei Jahren im „anyway“, denn hier fühle er sich verstanden. Für die Zukunft erhoffe sich Jay, dass mehr über solche Mobbingfälle geredet wird, gerade durch Lehrerinnen und Lehrer.

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Erfahrungen wie diese zeigen, wie wichtig frühe Aufklärung und damit Projekte wie „WiR*“ sind. Das bestätigt auch Patrick Dähmlow, CEO von Mr. Gay Germany. „In jungen Jahren werden Lerninhalte viel besser aufgenommen und bleiben bis ins Erwachsensein bestehen. Menschen also schon im frühen Alter über das Leben und die Liebe ihrer queeren Mitmenschen aufzuklären, ist enorm wichtig“, erklärt Dähmlow.

Auch die aktuelle Zeit spiele eine Rolle bei der steigenden Queer-Feindlichkeit an Schulen. „Grenzverletzendes Verhalten oder der Gebrauch sexueller Orientierung als Schimpfwörter hat sich in den Alltag integriert“, bestätigt Dähmlow.

Dazu brauche es Workshops, wie die von „anyway“, aber auch eine Zielsetzung. „Unser Ziel muss es auch sein, die Lebensrealitäten von queeren Menschen viel sichtbarer und damit selbstverständlicher zu machen, z. B. in Form von Mainstream-Formaten in den Medien“, betont Ricarda Hofmann.

Mehr Toleranz und Aufklärung an Kölner Schulen

Erfahrungen, wie die von Panic und Jay zeigen, dass Queer-Feindlichkeit und Mobbing immer noch ein Teil des Schulalltags für viele junge Menschen der LGBTQI+-Community sind.

Für Rabea Maas, der geschäftsführende Vorständin des „anyway“, steht daher die verstärkte Aufklärungsarbeit über LGBTQI+ an Schulen im Vordergrund.

„Es muss unser Ziel als Stadtgesellschaft sein, dass alle Schüler und Schülerinnen im Rahmen ihrer Schullaufbahn für das Thema sensibilisiert werden“, erklärt Maas. Dabei spielen Projekte wie „WiR*“ eine große Rolle.