Das finanzielle Ende nahtKölner Schausteller droht Stadt mit heftigem Schritt
Köln – Vor knapp drei Wochen machte der Kölner Schausteller Theo Hardt (69) sein Schicksal öffentlich und wandte sich verzweifelt an den EXPRESS (hier lesen Sie mehr). Seit 1972 ist er in der Schausteller-Branche aktiv, doch wohl noch nie ging es ihm so schlecht wie heute.
Seit Dezember 2019, dem Weihnachtsmarkt-Geschäft, konnte er keine Einnahmen mehr generieren und steht mit seinem Unternehmen vor dem Nichts. Wegen Corona wurden alle Großveranstaltungen wie Jahrmärkte und Volksfeste bis in den Oktober hinein abgesagt.
Er versuchte die letzten Monate mit großem bürokratischem Einsatz, die Stadt Köln dazu zu bewegen, ihm einen Standplatz für sein Café-Bistro zu ermöglichen – bislang immer noch ohne Erfolg. Nun behält er sich vor, rechtliche Mittel einzuleiten und seine Leidenschaft auf diesem Wege weiterführen zu können.
Ein EXPRESS-Leser meldete sich und versucht Theo Hardt zu helfen
Seit der Veröffentlichung ist einiges passiert: Ein EXPRESS-Leser hatte sich gemeldet, um dem 69-jährigen zu helfen und ihm möglicherweise einen Standplatz für sein Bistro auf verschiedenen Supermarkt-Parkplätzen zu vermitteln.
Dies ist bislang jedoch auch noch nicht zustande gekommen, da sein Bistro dafür zu groß sei. Theo Hardt habe nach eigenen Aussagen allerdings auch die Möglichkeit, mit einem kleineren Ausschankwagen zu arbeiten und so wenigstens die Möglichkeit wahrzunehmen, auf einem Supermarkt-Stellplatz zu arbeiten.
Die Gespräche hierzu laufen weiterhin. Allerdings drängt die Zeit, denn eigentlich hat die Schausteller gerade Hochsaison, in der auch Rücklagen für den eher mauen Winter eingenommen werden.
Die Stadt Köln verweist Theo Hardt an die gleichen Standorte wie vorher
Auch die Stadt Köln hatte Hardt ein weiteres Mal kontaktiert, nachdem er im EXPRESS öffentlich eingestand, um sein Lebenswerk zu bangen und nicht mehr weiter zu wissen. Jedoch immer noch ohne Erfolg.
So werde er immer wieder mit derselben Antwort abgespeist, in der ihm und seiner Familie private Stellplätze angeboten werden: „Jedoch weiß die Stadt ganz genau, dass daraus gar nichts werden kann. Der Rheinauhafen beispielsweise hat zwei Stellplätze vergeben – mehr gibt man dort nicht her. Das Schokoladenmuseum habe ich bereits im Mai kontaktiert, allerdings bis heute keine Antwort erhalten. Im Olivandenhof in der Innenstadt ist die Platzkapazität einfach zu gering, außerdem steht dort auch schon eine Würstchen-Bude.“
Auch mit Vertretern des Mediaparks habe der 69-jährige gesprochen und hier sah es zuerst auch positiv aus: „Man hat mir angeboten, es dort mal zwei Tage ohne Standortmiete auszuprobieren. Allerdings wurde mir im selben Atemzug auch wieder davon abgeraten, da sich immer noch viele Arbeitnehmer im Homeoffice befinden und der Publikumsverkehr dadurch viel zu gering sei. Genauso war es ja auch mit dem Weihnachtsmarkt im Mediapark, der eigentlich toll aufgezogen wurde, sich aber standortbedingt einfach nicht halten konnte.“
Die Stadt Köln lehnt einen Pop-Up-Biergarten an der Deutzer Werft ab
In seiner Verzweiflung überlegt der erfahrene Schausteller nun, mit einem Anwalt gegen die Stadt Köln vorzugehen. So habe man auch den Vorschlag abgelehnt, einen Pop-Up-Freizeitpark an der Deutzer Werft aufzuziehen. Mit der Begründung, jahrmarkt-ähnliche Veranstaltungen könnten dort nur zweimal im Jahr stattfinden.
„Akzeptiere ich“, merkt Hardt an, „aber die Kirmes im Frühjahr ist doch ausgefallen, also ist ein Termin praktisch frei. Warum dürfen solche temporären Freizeitparks in Düsseldorf oder Wuppertal aufgebaut werden, nur in Köln ist ein ähnliches Vorgehen nicht möglich?“
Schausteller über Pop-Up-Biergarten: „Wie kann das sein?”
Bei dem Thema kommt der Ur-Kölner auch auf den Pop-Up-Biergarten an der Vogelsanger Straße zu sprechen, der am vergangenen Wochenende zum letzten Mal stattfand: „Wie kann es sein, dass dieses Projekt in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft wird und dafür sogar eine ganz Straße gesperrt wird?“
Hier lesen Sie mehr: Aus und vorbei: Der Pop-Up-Biergarten in Köln ist schon wieder Geschichte
So wolle er nicht falsch verstanden werden, vielmehr fände er es gut, dass seine Kollegen in der Gastronomie-Branche unterstützt werden: „Beispielsweise auch durch den vermehrten Platz in der Außenbewirtung, um so noch mehr Tische mit den Schutz- und Abstandsregelungen anbieten zu können. Allerdings frage ich mich im selben Zuge, wo die Hilfe für meine Branche bleibt.“
Kölner Schausteller fühlt sich diskriminiert und will gegen die Stadt vorgehen
Dagegen werde der 69-jährige nun mit rechtlichen Mitteln vorgehen, falls ihm die Hilfe der Stadt weiter verwehrt bleiben sollte: „Ich fühle mich in meinem Berufsstand diskriminiert. Dabei berufe ich mich auf Artikel 3 des Grundgesetzes, welches die Gleichberechtigung und Gleichsetzung aller Menschen in unserem Land vorsieht.“
Er stehe bereits mit einem Anwalt in Kontakt, gleichermaßen wäre ihm eine außergerichtliche Einigung, beziehungsweise ein Entgegenkommen der Stadt, deutlich lieber.
EXPRESS fragte wegen der neuerliche Vorwürfe erneut bei der Stadt an, bisher allerdings ohne Antwort.
Im ersten Anlauf hatte die Stadt den Schaustellern auf EXPRESS-Anfrage nur wenig Hoffnungen gemacht: „Die Stadt Köln ist sich der angespannten Situation von Selbständigen, Händlern, Künstlerinnen und Künstlern, Gastronomen und Schaustellern bewusst.“
Der Stadt seien dabei die Hände gebunden: „Die Stadtverwaltung prüft fortlaufend Möglichkeiten, in welcher Form Erleichterungen möglich sind. In einigen Bereichen konnten zum Beispiel Steuern gestundet oder Gebühren erlassen werden. Aufgrund der geltenden Vergabe- und Nutzungskonzepte kann die Stadt Köln losgelöst von Veranstaltungen keine Standplatzvergabe erteilen.“
Die Fixkosten bleiben, die Einnahmen fehlen: Theo Hardt droht der finanzielle Ruin
Theo Hardt und seine Familie kämpfen um ihre Existenz. Pro Monat habe er Fixkosten von 3.000 bis 4.000 Euro. Dabei sind die Lebenshaltungskosten für Essen und Trinken beispielsweise noch gar nicht einberechnet. Einnahmen hat er in diesem Jahr noch keine generiert.
Laut eigenen Aussagen geht es dem finanziellen Ende entgegen: „Ich werde aber nicht aufgeben und die Stadt wird mich auch nicht los. Es gibt so viele Lockerungen, Möglichkeiten für die Gastronomie wurden geschaffen, an dem Pop-Up-Biergarten habe ich mindestens fünf Fahrzeuge des Ordnungsamtes gesehen, welche von mir als Kölner Steuerzahler bezahlt werden. Ich möchte niemandem zur Last fallen, nur meine Familie weiterhin ernähren können.“