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Wir waren kölsche MiljönäreMythos Schäfers Nas – die Witwe packt aus: Sein Haus, seine Autos seine Narben...

Petra Schäfer mit einem Foto ihres verstorbenen Mannes Heinrich, der berüchtigten „Nas“ des Miljös.

von Markus Krücken  (krue)

Köln – Er ist der einzige „Miljönär“ mit eigenem Wikipedia-Eintrag. Heinrich Schäfer, genannt „Die Nas“ galt als der Stärkste und mächtigste Mann im Rotlicht. Jahrzehntelang. Geradezu ehrfürchtig sprechen bis heute die letzten übriggebliebenen Originale über den Verbrecher-König, um den sich zahlreiche Legenden ranken.

In diesem Teil der großen EXPRESS-Serie enthüllen wir neue Details, die „Die Nas“, der mit schon 61 Jahren starb, ausmachen...

Gepflegte blonde Fransen, edle Ringe am Finger, aparte Erscheinung. Die rüstige Lady hat eine Kladde dabei, als wir sie treffen. Es geht um die Miljö-Legende schlechthin. „Ich bin die Witwe von der Nas“, sagt Petra Schäfer (69). Dann packt sie aus.

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„Die Nas“ starb 1997

Heinrich Schäfer starb 1997. Doch noch immer ist er der Inbegriff des Kölner Miljös. Seit Anfang der 60er Jahre Herrscher im Rotlicht. Gefürchtet, gehasst, bewundert. Ein skrupelloser, jähzorniger Zuhälterkönig, der wegen Menschenhandels jahrelang einsaß. Wer war das 1,95 Meter große, 140 Kilo schwere und mit Narben übersäte Ungetüm, vor dem Ganoven, Polizisten und andere zitterten? Petra Schäfer weiß es am besten. „Er war ein Drecksack, ja. Aber er hatte auch gute Seiten“, beginnt sie zu erzählen.

Als sie 41 ist, lernt die Malerin „Hein“, der im Knast sitzt und am Wochenende Ausgang hat, durch Zufall über Freunde nach einem Boxabend kennen. „Ich war eine solide Frau, hatte mit dem Miljö nichts zu tun. Manchen gefiel das nicht. Hein war misstrauisch.“ Er lässt sie von Freunden mit Korn besoffen machen, um zu sehen, wie sie sich im Vollrausch verhält: „Ich bin immer lustig, wenn ich trinke. Am Tag danach sagte er: Du hast deinen Test bestanden. Mach einen besoffen, dann siehst du, wen du vor dir hast. Dich kann man laufen lassen.“

Dann legt Schäfer drei Tage lang in seinem Haus mehrere Tausend Mark in Scheinen und Münzen auf dem Tisch aus. „Irgendwann tat ich das Geld in eine Plastiktüte, legte sie auf sein Bett. Am anderen Tag rief er mich an: Du hast den Test bestanden. Das Geld war abgezählt, es fehlt kein Pfennig.“

„Er war ein Frauenhasser...“

Das Misstrauen rührt nicht von ungefähr. „Er ist sehr hart erzogen worden von seinem Vater. Dass seine Mutter einen anderen Mann genommen hatte, konnte er nicht ab. Er hatte kein gutes Verhältnis zu ihr. Er war ein Frauenhasser. „»Denk dran, wer ich bin«, sagte er mir, als wir zusammenkamen.“

Denn die Nas schlägt nicht nur auf den Kölner Straßen zu, auch zu Hause. Erst als sich Petra eine Woche bei einer Bekannten auf einem Hausboot mit Perücke versteckt und droht, nie mehr wiederzukommen, wandelt er sich.

Doch der Heiratsantrag ist wenig romantisch: „Irgendwann stand er vor mir, guckte böse und sagte: »Mach mir ’nen Kaffee.« Er trank ihn, und sagte: »Ich hab’ überlegt: Wir heiraten«.“

„Angeblich hat er einen Sohn von einer Nutte aus Paris“

Kinder? Nein, aber: „Angeblich hat er einen Sohn von einer Nutte aus Paris namens Lou.“

Das Paar fährt dicke Autos, lebt in zwei teuren Villen in Koblenz, hat eine Yacht. Petra arbeitet als Wirtschafterin in einem seiner Puffs. Sie erträgt, dass er mehrere Geliebte hat: „Er war schwanzgesteuert.“ Aber: Sie fühlt sich beschützt, schätzt seine Verlässlichkeit. Bis 1997. Bei einem Brandanschlag auf ihr Haus trägt die Nas Rauchgasvergiftungen davon. Zum ersten Mal sieht seine Frau ihn weinen.

„Er war am Heulen, raufte sich die Locken: »Die Anja ist da drin, sie ist weg«.“ Er hatte seine Hündin im Feuer verloren.“ Er hat Atemprobleme, zwei Wochen später stirbt er an Herzversagen. Hinterlässt seiner entsetzten Frau nichts als Schulden. „Fünf Jahre habe ich gebraucht, um über ihn hinwegzukommen“, sagt die Witwe und verteidigt ihn: „Er half alten Mütterchen wirklich über die Straße. Einmal im Monat brachte er den Pennern Haxen und Frikadellen in die Annostraße. Das macht kein böser Mensch.“

Was seine Opfer dazu sagen? Petra Schäfer überlegt: „Er war kein Engel. Aber er hatte gute Seiten.“

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Der Domkreuz-Räuber: Es war der Freund der Stieftochter!

Es war ein Raub, der Köln in Atem hielt – und das Image von Verbrecher-König „Schäfers Nas“ verbesserte. 1996 wurde das wertvolle Vortragekreuz aus der Domschatzkammer, das traditionell beim Einzug der Erzbischöfe in den Dom vorangetragen wird, gestohlen. Auf Bitten des damaligen Dompropstes Bernard Henrichs gelang es „Hein“, das Kreuz wiederzubeschaffen. Den Finderlohn von 3000 Mark verschmähte er, freute sich aber über die Fürbitten, die es dann für ihn gab: „Sie tun meiner schwarzen Seele gut.“

Wer die Täter waren, blieb ein Rätsel. Bis jetzt. Petra Schäfer enthüllt, dass der Kreuzdieb ein Freund ihrer Tochter war! „Ja, das waren Freunde meiner Tochter. Die sind immer klauen gegangen. Ich hab ihr gesagt: »Wenn du noch einmal was mit denen zu tun hast...« Auf einmal rief sie mich an: «Wir haben da so ein Kreuz. Das will einer aus der Clique verkaufen. Willst du das nicht für den Hein haben?» Ich fragte: Ist das geklaut? – Ja. – Nee, will ich nicht.“

Doch der Unbekannte lässt nicht locker. Er weiß: „Die Nas“ ist selbst ein Gangster und Hehlerfürst, muss Geld haben und steinreich sein. Bei Petra Schäfer klingelt das Telefon erneut. „Kurz danach rief dieser Typ mich an. Ich fragte: Woher haben sie meine Nummer? Er: Von ihrem Bruder. Ich: Und jetzt? Er: Ich habe da ein Kreuz. Das habe ich aus dem Dom geraubt. So – das habe ich dann dem Hein gesagt. Ich ging zu ihm und meinte: „Mich hat jemand angerufen Der will dir ein Kreuz vom Domprobst verkaufen.“

Die Reaktion ist nicht die vom Dieb erwartete: „Hein ist ausgerastet: Wie können die den Dom beklauen? Und er hat dann sofort bei Werner Schlagehan und Oliver Meyer vom EXPRESS angerufen und gesagt: »Ich han da jet für üch«.“ Es wurde ein Treffen am Hafen ausgemacht, da gab es dann die Übergabe. Hein hatte alles mit dem Dieb organisiert. Der Domprobst wollte eine Belohnung geben, aber die wollte er nicht. Er hat die Diebe auch laufen lassen.“

Was aus ihm wurde? „Ich weiß, dass der Dieb tot ist. Er ist mit 28 Jahren gestorben. Er war drogensüchtig. Mit solchen Leuten habe ich nichts. Ich rauche nicht, Drogen haben Hein und ich auch nie angerührt.“ Eine Story wie im Buch. „Das gibt es doch“, so die Witwe, „wir hatten angefangen, seine Memoiren aufzuschreiben. Dolph Lundgren sollte Hein in dem Film spielen.“

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Ein Seemannsgrab vor Helgoland

Der Tod der „Nas“. Die Miljö-Legende konnte tagtäglich in den Gangsterkriegen um Puffs, Frauen und Geld „draufgehen“ und musste auf das Ableben vorbereitet sein. Wo „Die Nas“ beerdigt ist? Auf dem Südfriedhof? Oder in Koblenz?

Es war und ist ein gut behütetes Geheimnis. Bis jetzt. Nur seinen besten Freund und Trauzeugen, den „dicken Conny“, und Ehefrau Petra hatte „Die Nas“ über die Pläne seiner Beerdigung eingeweiht: „Er sagte immer: »Conny, wenn du nicht mehr da bist, gießt mich keiner. Also machen wir eine Seebestattung«“, enthüllt Petra Schäfer. Sie litt nach dem Tod ihres Mannes seelische Qualen, fühlte sich von Miljö-Rivalen verfolgt. Und musste die Beerdigung organisieren. In Koblenz wurde „Die Nas“ zunächst mit 150 Rosen aufgebahrt. „Um 10 Uhr morgens, 100 Leute waren da. Gesoffen wurde nicht. Es gab nur Suppe und Brötchen. Mich hat das Ganze 15.000 Mark gekostet, 3000 davon dann die Seebestattung.“

Eine Seebestattung war nur im Norden möglich: „In Büsum, vor Helgoland. Auf dem Rhein durften wir ihn nicht verstreuen, das wäre mein Traum gewesen. Ich war mit Conny da. Nur wir beide. Der ganze Scheiß kam noch mal hoch. Im Hotel in Hamburg hat man uns an diesem Tag auch noch die Scheiben der Autos eingeschlagen.“

Für die Witwe kommt es noch dicker. Ausgerechnet Conny, selbst verheiratet und 38 Jahre lang der beste Freund der „Nas“, gesteht ihr seine Liebe: „Ich antwortete ihm: Du kennst die Miljö-Gesetze, ich kann das nicht.“ Wenige Jahre später wird ihre Wohnung in Brandscheid abgefackelt. Sie glaubt, dass es Conny war: „Aus enttäuschter Liebe.“