LeverkusenHanna (†22) erstochen, weil sie ihren Peiniger nicht heiraten wollte
Köln/Leverkusen – Sie kam vor fünf Jahren aus Eritrea ins Rheinland. Eine junge Frau, die große Pläne hatte. Hanna besuchte einen Sprachkurs, sie lernte Deutsch, träumte von einem guten Job und irgendwann von einer Familie. Doch Hanna wurde ermordet. Ein Stalker (47) hat ihr Leben ausgelöscht.
Kölner Mordkommission ermittelt: Freunde geschockt von Bluttat
Geschockt sitzen die Freunde und Mitglieder der evangelischen Äthiopischen Gemeinde am Mittwoch (8. Juli) im Wohnzimmer zusammen. Sie sitzen einem kleinen Gedenkaltar mit Fotos ihrer toten Freundin, haben Kerzen angezündet. Die beste Freundin von Hanna kämpft um Fassung, als sie von ihrer toten Mitbewohnerin spricht. „Seit Monaten lebte Hanna nur noch in Angst. Sie wagte sich nur noch in Begleitung vor die Türe. Denn ihr Verfolger lauerte ihr immer wieder auf.“
Kölner Mordkommission ermittelt: Terror lief schon seit sechs Monaten
Jeden Tag bombardierte der 47-jährige Mann, der nur eine Straße weiter in Schlebusch wohnt, die junge Frau mit Nachrichten, Anrufen und Mails. „Er wurde immer aggressiver, bedrohte Hanna immer mehr. Sie war eingeschüchtert und in ihrem Leben eingeschränkt.“
Hanna lehnte eine Beziehung zu dem deutlich älteren Mann ab, der bereits zwei Mal verheiratet war und drei Kinder in Äthiopien hat.
Kölner Mordkommission ermittelt: Peiniger drohte mit einem Hammer
„Vor etwa drei Monaten eskalierte die Situation völlig“, erinnert sich die Freundin. „Da lauerte er Hanna auf und bedrohte sie mit einem Hammer.“ Angeblich habe der 47-Jährige sie ultimativ aufgefordert, ihn zu heiraten, sonst würde er ihr etwas antun.
Hanna ging zur Polizei, erzählte von dem Vorfall und dem anhaltenden Terror und zeigte den Beamten auch Hunderte von Textnachrichten. Die Beamten forderten sie auf, eine Strafanzeige zu erstatten. Nur so könnten sie ihr helfen – und dem Mann eine sogenannte Gefährderansprache machen, ihn ernsthaft ermahnen. Aber Hanna hatte zu große Angst, dass ihr Peiniger dann erst richtig wütend werden würde – und ihr, sobald die Polizei wieder verschwunden gewesen wäre, noch Schlimmeres antut.
Kölner Mordkommission ermittelt: Stalker stach wie von Sinnen auf Hanna ein
Hanna versuchte den Terror zu ertragen. Am Freitag der vergangenen Woche aber kam es zur Tragödie. Zum kaltblütigen Mord.
Der Stalker bewaffnete sich mit einem Messer und lauerte Hanna im Hausflur auf. Als sie vom Einkaufen kam, stürzte sich der Mörder auf sie und stach mehrfach auf die wehrlose Frau ein. Hanna brach zusammen. Sie starb im Hausflur.
Der Täter floh. Ein Spezialkommando stürmte wenig später seine Wohnung, nahm seinen Mitbewohner vorläufig fest. Die Kölner Mordkommission vernahm ihn. Er wusste nichts von der Tat.
Kölner Mordkommission ermittelt: Freundin mit wichtigem Appell
Einen Tag nach Hannas Tod konnte die Polizei den Täter in Leverkusen-Steinbüchel verhaften – wegen Mordes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er die Tat vorsätzlich geplant hatte.
In den kommenden Tagen werden die Mitglieder der Äthiopischen Gemeinde Hanna beisetzen. Die junge Frau hat keine Angehörigen.
Die beste Freundin hat nur einen einzigen Wunsch: „Ich möchte, dass Hannas Tod nicht umsonst war. Politik, Gesellschaft und Justiz müssen das Stalking-Gesetz überprüfen. Da ist eine Lücke, die geschlossen werden muss. Es muss viel früher als bisher mehr im Sinne des Opfers gehandelt werden, nicht im Sinne des Täters. Denn es ist so, dass die Polizei erst dann von Amts wegen handeln kann, wenn es schon fast zu spät ist. Nur wenn das geändert wird, kann vielleicht das Leben anderer Frauen zukünftig gerettet werden.“
Ermordete Hanna: Was ist Stalking genau?
Unter Stalking verstehen Juristen das wiederholte und penetrante Nachstellen sowie Belästigen einer Person. Dies geschieht sowohl durch das persönliche Verfolgen (räumliche Nähe zum Opfer suchen) als auch durch den Einsatz von Kommunikationsmittel wie Handy (Nachrichten/Anrufe).
Stalking ist nach § 238 StGB eine Gewaltstraftat. Bis heute gilt: In Haft genommen werden kann ein Täter jedoch erst dann bei einer Wiederholung, wenn er das Opfer (oder deren Angehörige) zumindest in Lebensgefahr oder in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht hat. Also erst dann, wenn es eigentlich zu spät ist.