Eine Lidl-Filiale in Leverkusen hat gegen Schülerinnen und Schüler ein Hausverbot verhängt. Die benachbarten Schulen wussten nichts von der Maßnahme, wollen nun jedoch pädagogisch helfen.
„Das ist der blanke Horror“Lidl-Filiale bei Köln verhängt Hausverbot gegen Kinder und Jugendliche
Eigentlich soll in der Montanus-Realschule in Leverkusen in der Vorweihnachtszeit etwas ganz anderes im Vordergrund stehen. Schülergruppen, Lehrkräfte und Familien erstellen derzeit Geschenkkartons und befüllen diese, um sie dann am 19. Dezember 2024 zur Leverkusener Tafel zu bringen.
Doch die positive Aktion der Schulgemeinschaft ist im Stadtteil Steinbüchel derzeit etwas in den Hintergrund getreten, denn es herrscht große Aufregung unter den Schülerinnen und Schülern. Der benachbarte Lidl-Supermarkt hat allen Kindern Hausverbot erteilt und setzt dies durch einen Sicherheitsdienst durch.
Eltern nach Hausverbot bei Lidl empört: „Das ist Diskriminierung“
Mehrere empörte Eltern meldeten sich bei der EXPRESS.de-Redaktion und schilderten den Fall. „Die Begründung sei der übermäßig hohe Diebstahl“, sagte ein aufgebrachter Vater. „Die Kinder haben zum Teil bis um 15 Uhr Schule und sind darauf angewiesen, sich mittags etwas zu Essen oder Trinken beim Lidl zu kaufen. Das ist Diskriminierung im höchsten Maße. Man kann nicht alle Kinder für den Diebstahl weniger bestrafen und ihnen den Zugang zu Wasser und Lebensmitteln verwehren.“
Die Marktleitung des Discounters hat das Recht zu der Maßnahme. Ein Supermarkt wie Lidl ist ein öffentlicher Raum, der von einer Vielzahl von Menschen besucht wird. Um einen reibungslosen Betrieb und die Sicherheit aller gewährleisten zu können, haben diese Geschäfte klare Richtlinien und Verhaltensregeln festgelegt. Verstöße gegen diese Regeln können zu einem Verweis aus dem Geschäft führen.
Vor Ort wurde den wütenden Kindern und auch den nachfragenden Eltern mitgeteilt, dass dieses Betretungsverbot mit der Schulleitung abgestimmt sei. Doch dem widerspricht Christoph Schuster. „Ich bin in der vergangenen Woche von einer Elternvertreterin informiert worden, dass Schülerinnen und Schülern der Zutritt zur Lidl-Filiale nach Schulschluss verwehrt wurde“, sagte er zu EXPRESS.de.
Von dieser Maßnahme seien die Schülerinnen und Schüler der Montanus-Realschule und der Theodor-Heuss-Realschule, die seit der Flutkatastrophe 2021 ebenfalls am Standort in Leverkusen-Steinbüchel untergebracht ist, betroffen. „Dieses Betretungsverbot wurde nicht mit den Schulleitungen der betroffenen Schulen abgesprochen oder kommuniziert.“ Auch Andrea Wirths von der Theodor-Heuss-Realschule bestätigte auf Nachfrage, dass sie im Vorfeld nicht vom Discounter kontaktiert wurde.
Lidl-Zoff: Schulleitung will pädagogisch einwirken
Gleichwohl sei man an einem guten nachbarschaftlichen Verhältnis interessiert. „Wir möchten selbstverständlich auch, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule – beispielsweise auf dem Schulweg oder in Geschäften – respektvoll und rücksichtsvoll verhalten“, sagt Schulleiter Schuster. „Wir unterstützen die Filiale dahingehend, dass wir auf unsere Schülerinnen und Schüler pädagogisch einwirken – auch mit Unterstützung unserer SV –, dass sie sich angemessen beim Einkauf verhalten.“
Lidl selbst widerspricht der Maßnahme: Nachdem sich der Discounter am Mittwoch (12. Dezember) auf die konkrete EXPRESS.de-Anfrage gar nicht äußern wollte, heißt es einen Tag nach der Veröffentlichung: „Wir können nicht bestätigen, dass ein Hausverbot für die gesamte Schülerschaft der in dem Artikel genannten Schulen erteilt wurde, sondern lediglich wenigen Einzelpersonen.“
Gegenüber EXPRESS.de bleiben allerdings die Schulleitungen der beiden betroffenen Schulen bei der Darstellung, dass allen Schülerinnen und Schülern der Zutritt verwehrt wird. Das haben sie schriftlich mitgeteilt.
In einer Facebook-Gruppe haben sich inzwischen schon über 160 Kommentare zum Thema gesammelt. Darin meldeten sich auch Mitarbeitende und Kunden zu Wort. „Wenn man mitbekommt, was da abgeht, wenn die Realschule Pause hat, das ist der blanke Horror“, heißt es dort. Und: „Die Kinder und Jugendlichen benehmen sich unter aller Sau und schreien durch die Gänge wie eine Horde Geisteskranker.“
Eine Augenzeugin berichtet: „Die Schülerinnen und Schüler kommen drei- bis viermal am Tag. Es wird gegessen und getrunken, Sixpacks aufgerissen, in den Gängen wird Fangen gespielt, ältere Kunden um Geld angebettelt. Spielzeug wird ausgepackt und in Taschen versteckt, Mitarbeitende respektlos behandelt.“
Andere entgegneten: „So wie hier über die Kinder geurteilt wird, habe ich es noch nie erlebt. Es gibt welche, die sich nicht benehmen können. Aber wie traurig ist es, dass man diese wenigen nicht in den Griff bekommt und die ganz große Keule herausholt.“