Eine Steinkorallen-Art am australischen Great Barrier Reef sorgt aktuell für Begeisterung in Australien. Warum die Gefahr für das Unesco-Weltnaturerbe aber noch lange nicht gebannt ist ...
AustralienFreude über wichtiges Comeback am Great Barrier Reef – ist das Korallenriff doch noch zu retten?
Gute Nachrichten aus Australien: Der Staat meldet ein überraschendes Korallen-Comeback am bedrohten Great Barrier Reef.
Dank einer rasch wachsenden Steinkorallenart hätten sich die nördlichen und zentralen Teile des Unesco-Weltnaturerbes schneller von den Schäden erholt als bisher erwartet, hieß es in einem am Donnerstag (4. August 2022) von der Regierung veröffentlichten Bericht des Australischen Instituts für Meereswissenschaften.
Great Barrier Reef: Freude über Korallen-Comeback, aber Sorge bleibt
Expertinnen und Experten warnen jedoch vor zu großem Optimismus. Laut dem Bericht nahm der Korallenbewuchs in Teilen des Riffs im vergangenen Jahr in einem Ausmaß zu, wie er seit Beginn des Überwachungsprogramms vor 36 Jahren nicht mehr verzeichnet wurde. Das Institut führte den Bewuchs vor allem auf die Steinkorallen-Art Acropora zurück, die unter guten Bedingungen extrem schnell wächst.
Je weiter das Team des Meereswissenschaftsinstituts allerdings in Richtung Süden vordrang, desto weniger ermutigend war das Bild: So gab es im Zentrum bereits deutlich weniger neue Korallen, und im Süden ging der Bewuchs sogar zurück. Die Ergebnisse ihrer Beobachtungen hätten gezeigt, „dass sich das Riff in Zeiten ohne ernsthafte Störungen immer noch erholen kann“, sagte der Chef des Meereswissenschaftsinstituts, Paul Hardisty.
Von einer Trendwende wollte er jedoch nicht sprechen. Wirbelstürme, neue Korallenbleichen sowie das vermehrte Auftreten der korallenfressenden Dornenkronenseesterne könnten die Erfolge rasch wieder zunichte machen.
Vor allem der Zustand im südlichen Teil des über 2300 Kilometer langen Riffs, der sich noch vor einem Jahr zu erholen schien, zeige, „wie anfällig die Korallen für akute und schwerwiegende Störungen sind“, sagte Hardisty. Diese aber „treten immer häufiger auf und dauern länger an“. Korallen sind Lebewesen, ihre kalkhaltigen Skelette bilden zugleich Lebensräume für zahlreiche andere Tiere und Pflanzen.
Great Barrier Reef in Australien: Korallen unter Stress
Das Great Barrier Reef beherbergt rund 1500 Fisch- und 4000 Weichtierarten. Es besteht aus rund 2500 verschiedenen Riffen und mehr als 900 Inseln. Seit Jahrzehnten leidet das größte Korallenriff der Welt unter immer neuen „Bleichen“, die auf die Erwärmung des Ozeans zurückzuführen sind.
Die Korallen stehen dann unter Stress und stoßen in ihnen lebende bunte Algen ab. Gebleichte Korallen sind zwar noch am Leben und können sich erholen, doch mit dem Grad ihrer Bleiche steigt auch ihre Sterblichkeitsrate. Verheerende Folgen hat zudem die Ausbreitung des Dornenkronenseesterns, der die Korallen abtötet.
Viele Expertinnen und Experten befürchten, dass das Riff aufgrund der immer schneller auftretenden Schäden völlig zerstört werden könnte. Entsprechend skeptisch äußerten sie sich über den neuen Bericht. So begrüßte der Meereswissenschaftler Terry Hughes zwar die „gute Nachricht“, dass die Korallen wieder nachwachsen. Doch gerade die für die Erholung verantwortliche Gattung sei sehr anfällig für die Erwärmung des Ozeans, erklärte er.
Great Barrier Reef: Massenbleiche führt zum Aussterben seltener Arten
Hughes hält es darüber hinaus kaum mehr für möglich, die großen, alten und langsam wachsenden Korallen zu ersetzen, die das Riff erst zum Naturparadies gemacht haben. Korallenforscherin Zoe Richards von der Curtin University warnte ebenfalls vor zu großer Zuversicht. „Dieser Erholungstrend wird von einer Handvoll Acropora-Arten angetrieben“, sagte sie.
Schon die nächste Hitzewelle aber könnte die Korallen erneut dezimieren. Es gebe bereits Hinweise darauf, dass jede „Massenbleiche zu einem örtlichen Aussterben seltener Arten führt“, führte Richards aus. Diese „verborgenen Verluste der biologischen Vielfalt“ würden durch den „kurzfristigen Erfolg einer Handvoll schnell wachsender Korallenarten“ nur verschleiert. (afp)