Die Telefonbetrügereien in NRW nehmen immer heftigere Formen an. Nun geben sich Kriminelle als Inter- oder Europol aus, auch US-Polizeibehörden werden für die Abzocke per Telefon missbraucht.
NRW-Polizei klärt aufDas steckt hinter den Schock-Anrufen von Europol
„This is the Federal Police Department, your ID-Card has been ceased“ flötet die flotte Frauenstimme vom Band, deren Anruf zuvor unter einer 0172-Nummer im Handydisplay angezeigt wurde, in mein Ohr.
Ich möge wegen Problemen mit meinem Personalausweis die Zifferntaste „1“ drücken, um mit einem Police Officer zu sprechen ...
Abzocke am Telefon: Betrüger in NRW geben sich als Europol oder Interpol aus
Sie, liebe Leserinnen und Leser, ahnen es hoffentlich schon: Es gibt weder Personalausweis-Probleme noch steckt hinter dem Anruf eine Polizeibehörde. Es ist schlicht eine der neuesten miesen Maschen von Telefonbetrug.
Und die werden immer perfider, wie Kriminalhauptkommissar Hans Jürgen Hülsbeck, stellvertretender Leiter des Sachgebiets Kriminalprävention und Opferschutz beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, weiß.
„Die Täter wollen ans Geld ihrer Opfer, sind oft psychologisch versiert und üben Druck aus“, so der Experte. Immer neuer Szenarien bedienen sich die Straftäterinnen und Straftäter, vom „falschen Polizisten“ angefangen bis hin zu angeblichen Anrufen von Euro- oder Interpol beziehungsweise einem erfundenen „Federal Police Department“.
Auch per Whatsapp verschickte Nachrichten angeblicher Familienmitglieder, die sich urplötzlich unter einer neuen Handynummer melden, machen derzeit die ruchlose Runde.
„All diese Betrüger haben eines gemeinsam: Sie wollen verkaufen – und zwar eine Legende“, sagt Hans Jürgen Hülsbeck vom Landeskriminalamt NRW, „sie versuchen, den Angerufenen in ein Gespräch zu verwickeln, kennenzulernen und an sensible Daten zu gelangen. Bis hin zur Bereitschaft, sofort Geld zu überweisen.“
Betrüger in NRW: Mieses Spiel mit Geflüchteten aus der Ukraine
Ganz mies: Wie zu Beginn der Corona-Pandemie schlagen Telefonbetrügerinnen und -betrüger auch rund um den aktuellen Ukraine-Konflikt zu, rufen z.B. als falsche Spendensammler an. Sie „nutzen besondere Situationen aus“, so Hülsbeck, „zum Nachteil von Hilfsbereiten Menschen in Deutschland und Geflüchteten aus der Ukraine.“
Grundsätzlich gehen alle Täterinnen und Täter im schlechtesten Sinne des Wortes fantasievoll vor: Immer neue Geschichten, immer neue Telefonnummern – Bestand hat nur das niederträchtige Spiel mit Angst und Scham.
„Was solche Anrufe seelisch bei den Betroffenen anrichten können, ist nicht zu unterschätzen“, sagt Hülsbeck, „wer merkt, dass er reingefallen ist, gar Geld überwiesen oder Bankdaten preis gegeben hat, schämt sich. Sehr sogar. Hat Angst, sich mitzuteilen, obwohl gerade dies so wichtig ist.“ Sogar Traumatisierungen seien möglich.
Tipps der Polizei in NRW: Was tun, wenn mir der Anrufer komisch vorkommt?
Das Telefon klingelt, ein Ihnen unbekannter Mensch gibt sich als Mitarbeitender einer Polizeibehörde aus und gaukelt z.B. vor, Sie seien in eine Straftat verwickelt, Ihr Konto sei Bestandteil von Ermittlungen, Familienmitglieder steckten in Schwierigkeiten – Sie müssten sofort mit Geld helfen.
Das stimmt nicht! Niemals würde die richtige Polizei mit solchen Anliegen bei Ihnen anrufen. „Lassen Sie gar nicht erst zu, dass die Betrüger im Gespräch Druck aufbauen“, rät Hans Jürgen Hülsbeck. Der erfahrene Opferschützer rät:
- Ruhe bewahren
- Wenn möglich die Nummer des Anrufers oder der Anruferin notieren und dann sofort auflegen.
- Örtliche Polizei unter 110 anrufen und den Sachverhalt schildern.
Wichtig! Sie müssen niemals Bankdaten am Telefon preisgeben oder sofort Gelder transferieren. Sichern Sie sich vor jedweder Transaktion bei Ihrer Bank ab, sprechen Sie auch mit Angehörigen, Freundinnen und Freunden.
Telefonbetrug: Ich bin reingefallen – was rät die Polizei in NRW?
Nun ist das Kind sprichwörtlich im Brunnen – Sie sind auf gewiefte Betrügerinnen oder Betrüger reingefallen, haben viel Geld verloren. Und jetzt?
- So schwer es fällt: Überwinden Sie Ihre Scham und melden Sie sich bei der Polizei. Hülsbeck: „Je schneller Sie jetzt handeln, desto größer ist die Chance, eine mögliche Überweisung noch zu stoppen.“
Winziger Trost: Sie sind nicht der erste Mensch, der einem Telefonbetrug erlegen ist (und werden wohl leider auch nicht der letzte sein). Niemand, der es gut mit Ihnen meint, wird Ihnen Vorwürfe machen, sondern versuchen, Ihnen zu helfen. Allen voran die speziell ausgebildeten Opferschützerinnen und Opferschützer bei der Polizei.