Bochum – Nach tödlichen Schüssen auf einen Rentner ist ein Bochumer Polizist vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen worden. Der Beamte hatte vor rund zweieinhalb Jahren einen 74-jährigen Mann erschossen, der mit einer Feuerzeug-Pistole auf ihn gezielt hatte.
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Laut Urteil des Bochumer Schwurgerichts ist der Beamte irrtümlich davon ausgegangen, dass er sich in einer Notwehr-Situation befunden hat. Rechtlich sei ihm dieser Fehler jedoch nicht anzulasten. „Der Angeklagte durfte von einem lebensgefährlichen Angriff auf sich ausgehen“, so Richter Josef Große Feldhaus am Montag bei der Urteilsbegründung des Bochumer Schwurgerichts.
Bochum: Schüsse bei Einsatz wegen Ruhestörung
Es war der 16. Dezember 2018, als die Polizei zur Wohnung des Rentners ausgerückt ist. Kurz zuvor hatte ein Nachbar Anzeige wegen Ruhestörung erstattet. Auf dem Bürgersteig ist der Rentner laut Urteil plötzlich aggressiv geworden, habe die Scheinwaffe aus seinem Hosenbund gezogen und auf den Polizisten gezielt.
Als der 38-jährige Beamte geschossen hat, haben die beiden Männer nach seinen Angaben nur rund drei bis fünf Meter auseinandergestanden.
Der Beamte hat dreimal abgedrückt. Ein Schuss traf das Herz. Für den Rentner gab es trotz sofort eingeleiteter Reanimierungsmaßnahmen keine Chance. Er verblutete.
Bochumer Polizist erkannte „Pistole“ nicht als Feuerzeug
Welcher der drei Schüsse tödlich war, hatte im Prozess nicht festgestellt werden können. Nach Angaben des Beamten waren sie innerhalb kürzester Zeit hintereinander abgegeben worden.
Den Richtern hatte der 38-Jährige erklärt, dass er direkt in den Lauf der Waffe geblickt habe. „Ich wollte einfach nur, dass der mich nicht erschießt“, sagte er im Prozess. Dass es sich nur um eine Feuerzeugpistole gehandelt hat, habe er nicht erkannt.
Richter in Bochum: „Durfte sich entscheiden, den anderen Mann tödlich zu verletzen“
Dass er gleich mehrfach abgedrückt hat, ist laut Urteil nicht zu beanstanden. „Der Angeklagte durfte bei der gegebenen Bedrohungslage auch dreimal auf das spätere Opfer schießen“, so Große Feldhaus. „Er durfte sich entscheiden, den anderen Mann tödlich zu verletzen.“
Die Richter gehen von einer sogenannten Putativnotwehr aus. Danach habe der Polizist ernsthaft geglaubt, dass er sich in einer Notwehrlage befinde. Von echter Notwehr kann laut Urteil keine Rede sein, da der Rentner nur eine Scheinwaffe gezogen habe.
Staatsanwaltschaft in Bochum beantragt selbst Freispruch
Die Staatsanwaltschaft hatte am Ende des dreitägigen Prozesses selbst Freispruch beantragt. Sie hatte den Beamten ursprünglich auch gar nicht anklagen wollen.
Zum Prozess war es nur gekommen, weil die Hinterbliebenen Beschwerde zum Oberlandesgericht eingelegt hatten. Dort war schließlich entschieden worden, dass der Polizist doch auf die Anklagebank muss.
Während die Verteidigung ebenfalls Freispruch beantragt hatte, hatten die Hinterbliebenen über ihren Anwalt eine Verurteilung des Beamten gefordert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (dpa)