Durchbruch nach 16 JahrenDer Täter passt sogar zum Phantombild – Mord an Stewardess aus NRW geklärt

Fahndungsplakat zum Mord 2007 an der Stewardess Claudia Knapp in Velbert

Fahndungsplakat zum Mord 2007 an der Stewardess Claudia Knapp in Velbert

Durchbruch in 16 Jahre altem „Cold Case“: Bei dem mutmaßlichen Mörder einer Stewardess aus Velbert soll es sich um einen vorbestraften Bekannten ihres Ehemanns handeln.

von Michael Kerst  (mik)

Was für ein unglaubliches Familiendrama: Ein 14-Jährige verliert gewaltsam innerhalb von drei Tagen Vater und Mutter – die eine ermordet, den anderen durch Selbstmord. Und 16 Jahre kann die Polizei diesen mysteriösen Fall nicht aufklären – bis heute. Jetzt wurde der „Cold Case“ um die Stewardess Claudia Knapp doch noch geklärt.

Der Leiter des Kriminalkommissariats 11, Guido Adler, war zwar nicht persönlich mit den damaligen Ermittlungen befasst, erinnert sich aber: „Das war ein Fall, der die gesamte Dienststelle sehr mitgenommen hat.“

„Cold Case“ um Stewardess: Durchbruch nach 16 Jahren

Er fasst zusammen, was sich am Tattag, dem 1. Februar 2007, in der Wohnung von Claudia Knapp an der Friedrichstraße in Velbert ereignet hat: „Um 7.30 Uhr verabschiedete sich der Sohn in die Schule. Um 8.30 Uhr telefonierte Frau Knapp mit ihrer Mutter, die sich in einer Reha befand. Und dann klingelte es an der Tür. Sie sagte noch: Das wird der Telefon-Mann sein, den ich erwarte.“

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War er nicht – vor der Tür stand ihr Mörder, der offenbar sofort mit Gewalt auf ihren Kopf einschlug. „Es gab keine Abwehrverletzungen“, sagt Adler. „Es war ein direkter, massiver Angriff. Und es wurden keine Hinweise auf ein Raub- oder Sexualdelikt gefunden.“ Um 13.30 Uhr fand der Sohn seine ermordete Mutter.

Fahndungsplakat zum Mord 2007 an der Stewardess Claudia Knapp in Velbert.

Fahndungsplakat zum Mord 2007 an der Stewardess Claudia Knapp in Velbert.

Die Mordkommission „Friedrichstraße“ setzte die komplette Klaviatur der (damals möglichen) Ermittlungen ein: Fahndungsplakate wurden in der gesamten Stadt verteilt, ein Phantombild des möglichen Täters veröffentlicht. Hunderte Männer aus dem Fitnessclub, in dem die 47-Jährige Mitglied war, wurden zu einem Massen-DNA-Test gebeten. Alles umsonst!

Mord an Claudia Knapp: Polizei nimmt Tatverdächtigen fest

„Zunächst war auch ein Kollege der Frau, die in Teilzeit als Stewardess arbeitete, in unserem Visier, weil sie eine kurze Beziehung mit ihm gehabt hatte – aber der konnte als Täter ausgeschlossen werden“, berichtet der Chefermittler. „Dann haben wir uns auf ihren Ehemann konzentriert, von dem sich die Frau nach den Sommerferien 2006 getrennt hatte. Er hatte immerhin angedroht, sie zu ermorden oder ermorden zu lassen.“ Aber Hartmut Knapp war inzwischen nach Hessen gezogen – und wurde dort nur drei Tage nach dem Mord an seiner Frau erschossen aufgefunden. „Es war zweifelsfrei Suizid“, sagt Adler.

Es sah danach aus, als könne der Mord, der ganz Velbert aufgewühlt hatte, nie geklärt werden – bis das LKA „Senior Experts“ (also ehemalige Mordermittler) reaktivierte, um sich „Cold Cases“ wie den von Claudia Knapp noch einmal vorzunehmen. „Der pflügte sich noch mal durch die Akten“, erläutert Kriminaldirektor Colin Nierenz. „Und er gab einen Hinweis für einen weiteren Ermittlungsansatz.“

Das war die Empfehlung, sich die Folien, mit denen Leichen in solchen Fällen komplett abgeklebt werden, noch einmal zu untersuchen. „Erstellt wurden die damals, um Faserspuren zu sichern“, so Nierenz. „Aber seit wenigen Jahren gibt es die Möglichkeit, auf diesen Folien auch Hautschuppen zu sichern.“

Stewardessen-Mord: Tatverdächtiger war Bekannter des Ehemann

Das brachte den Durchbruch: „Wir hatten am 24. Juli einen Spur-Personen-Treffer“, freut sich Adler. „Da war klar: Es muss sich um den Täter handeln.“ Es handelt sich um den 57-jährigen Sven K. aus dem hessischen Wetteraukreis. Was inzwischen gegen ihn spricht: Es gibt inzwischen vier bis fünf DNA-Spuren, die an der Leiche gefunden wurden.

Er war ein Bekannter von Hartmut Knapp, wurde deshalb bereits 2007 vernommen, hatte aber angegeben, die Frau nicht zu kennen und auch nie in ihrer Wohnung gewesen zu sein. Und er war wegen Arbeitslosigkeit und Scheidung in heftigen finanziellen Schwierigkeiten, hatte deshalb elf bewaffnete Tankstellen-Überfälle begangen. „Deshalb wurde er 2008 zu acht Jahren Haft verurteilt“, erzählt Adler. Am vergangenen Mittwoch wurde Sven K. in seiner Wohnung in Hessen festgenommen. „Und die Kollegen vor Ort haben uns erzählt, dass es sogar eine Ähnlichkeit mit dem Phantombild von 2007 gibt“, sagt Adler.

All diese Punkte reichten aus, dass die zuständige Wuppertaler Staatsanwältin Janina Bachtenkirch einen Haftbefehl für Sven K. und einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung erwirken konnte. „Im Falle einer Verurteilung droht im lebenslange Haft“, sagt sie.

Sven K. schweigt zu den Tatvorwürfen. Was bleibt, ist die Frage nach seinem Motiv. Vieles scheint dafür zu sprechen, dass er im Auftrag von Hartmut Knapp gemordet haben könnte. Aber darüber wollen die Ermittler nicht spekulieren.