Duisburger Ex-OB mit klaren WortenSauerland: „Ich habe die Loveparade nie gewollt“

Adolf_Sauerland

 Adolf Sauerland, ehemaliger Oberbürgermeister von Duisburg, sitzt im Gerichtssaal des Loveparade-Prozesses in der Außenstelle des Landgerichts Duisburg.

Duisburg – Die Bilder und Berichte von der Loveparade 2010 in Duisburg schockierten: Menschen wurden zu Boden gerissen, von anderen zerquetscht und schließlich totgetrampelt. 21 junge Leute verloren ihr Leben bei einer Veranstaltung, bei der sie eigentlich nur feiern wollten.

Der damalige Duisburger Oberbürgermeister äußert sich nun im Gespräch mit der „Rheinischen Post” mit einem überraschenden Statement zu dem Unglück.

  1. Vor genau 10 Jahren wurden im Zugangstunnel zum Loveparade-Gelände in Duisburg 21 Menschen totgetreten
  2. Der Duisburger OB Sauerland leitete die Stadtverwaltung, die die Veranstaltung genehmigte
  3. Sauerland wollte nicht zurücktreten, doch durch ein Bürgerbegehren wurde er 2012 abgewählt

Ex-OB Sauerland: Klare Worte zur Loveparade

Der ehemalige CDU-Politiker weist im Gespräch die Schuld am Loveparade-Unglück von sich – und geht im nächsten Satz sogar noch weiter: „Ich habe die Loveparade nie gewollt”, so der 65-Jährige.

Sauerland betont, dass andere Politiker im Stadtrat die Massenveranstaltung unbedingt wollten und er sich sozusagen nur gefügt habe.

Sauerland will keine Verantwortung übernehmen

Die Schuld liege zudem nicht bei der Stadtverwaltung, dessen Chef er war und die die Veranstaltung genehmigte – obwohl Sicherheitsmängel bekannt waren.

Veranstaltungsrecht sei Landesrecht, und ohnehin könnte die Veranstaltung nach geltendem Recht genauso wieder genehmigt werden, meint der Ex-Politiker stattdessen.

Der Tenor des Interviews: Sauerland betont immer wieder, er und die Stadt Duisburg tragen keine Verantwortung für das Unglück – auch keine moralische.

„Man muss die moralische Verantwortung übernehmen, wenn man in verantwortlicher Art und Weise Schuld an diesem Unglück hat. Und die habe ich nicht”, so Sauerland.

10 Jahre Loveparade-Unglück: Ehemaliger Bürgermeister in Kontakt mit Hinterbliebenen

Außerdem überraschend: Der ehemalige Politiker hat wohl noch Kontakt zu Angehörigen der Opfer – 10 Jahre nach dem Unglück.

Lesen Sie her mehr: Prozess eingestellt: Opfer-Vater wettert gegen die Entscheidung des Gerichts

„Ich pflege zu einigen seit Jahren ein gutes, fast freundschaftliches Verhältnis”, erklärt er. Die Hinterbliebenen seien nicht sauer auf ihn, sondern haben ihn sogar angesprochen.

Loveparade_Gedenken

Vertrocknete Rosen stecken an einem Kreuz am Denkmal für die Opfer der Loveparade-Katastrophe. Der 24.07.2020 ist der 10. Jahrestag des Loveparade-Unglücks, bei dem 21 junge Menschen starben. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit

Loveparade-Horror: Verfahren eingestellt

Sauerland sieht sich nicht in der Verantwortung für das Unglück, aber wer ist dann Schuld? Rein rechtlich wurde diese Frage nie beantwortet.

Am 11. Juli 2011 teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg mit, dass aus ihrer Sicht die Erteilung der Genehmigung für die Loveparade 2010 rechtswidrig gewesen sei. Im Februar 2010 schließlich erhob sie Anklage gegen 10 Personen, die Hauptverhandlung begann nach einigen Verzögerungen im Dezember 2017.

Loveparade_Unglücksort

Kreide markiert die Lage der Leichen am Unglücksort. Das Archivbild stammt vom 25.7.2010, dem Tag nach der Loveparade.

Sechs Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent wurden angeklagt.

Das Gericht befand jedoch, dass Schuld der Angeklagten zu gering sei, um den Prozess weiterzuführen. Das Verfahren wurde 2019 eingestellt, die vorgeworfenen Taten sind ohnehin in den nächsten Tagen verjährt.

Loveparade Duisburg: Schuld-Frage nicht beantwortet

Der Veranstalter Rainer Schaller, die Polizei, die örtlichen Behörden, ein Sicherheitsexperte, der das Sicherheitskonzept mit erarbeitet hat, sowie ein Überwacher der Menge schoben sich in den Tagen nach dem Unglück gegenseitig die Schuld zu – ohne wirkliche Erkenntnis.

Schaller ist heute Geschäftsführer der RSG Group, zu der unter anderem die Fitnesstudios von McFit gehören. Der prominente Unternehmer übernahm die moralische Verantwortung für die Katastrophe. (mas)