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„Ich f... euch alle, Ich f... das System“Schwere Vorwürfe gegen Essener Clan-Größe
Essen – Die Verkehrskontrolle lief aus dem Ruder: Eine Streife ging Hinweisen auf ein illegales Straßenrennen in Essen nach. Aus dem gestoppten Auto heraus brüllte der Beifahrer durch das heruntergelassene Fenster die Polizisten an. Jamal R. tobte, als ein Beamter ihm mitteilte, dass der Wagen beschlagnahmt werde.
Wütend stieg er aus, stellte sich bedrohlich vor den Ordnungshüter.
Er schrie, nur er allein bestimme, was mit dem Auto zu geschehen habe. Auch machte er klar, dass er den Polizisten persönlich kenne. Sollte man das Fahrzeug sicherstellen, werde dieser „dafür bezahlen“. So führt sich Jamal R., einflussreiche libanesische Clan-Größe, auf.
Der Vorfall im November 2018 ist nach EXPRESS-Informationen Teil zweier aktueller Anklagen gegen den 45-jährigen Libanesen. Dabei geht es um schweren Raub, gefährliche Körperverletzung, Beleidigung von Polizeibeamten. „Mein Mandant wird sich aller Entschiedenheit gegen die unberechtigten Vorwürfe wehren“, betont sein Verteidiger Burkhard Benecken. „Ich halte Herrn R. für unschuldig.“
Doch die Ankläger sehen dies anders. In zwei Fällen soll der Gangster gar einen Gerichtszeugen bedroht haben, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Nach illegalem Straßenrennen in Essen: Jamal R. bedrohte Kronzeugen
Im Sommer vor zwei Jahren soll das Familienoberhaupt einen seiner Söhne aus einem Prozess wegen Körperverletzung gepaukt haben. Auf dem Gerichtsflur entdeckte Jamal R. den Kronzeugen der Anklage.
In Rage soll er laut Staatsanwaltschaft auf den Mann gezeigt und mit der flachen Hand auf die Brust geschlagen haben: „Ich krieg Dich.“ Als der so Bedrohte in den Zeugenstand gerufen wurde, konnte er sich plötzlich an nichts mehr erinnern.
Der Fall belegt einmal mehr, wie kriminelle Zweige kurdisch-arabischer Großfamilien die Staatsmacht düpieren. Der R.-Clan machte vor allem in Berlin Schlagzeilen.
Da war der spektakuläre Diebstahl der 100 Kilogramm schweren Maple-Leaf-Goldmünze aus dem Bode-Museum. Überfälle auf Geldtransporter folgten, tödliche Baseballattacken auf Rivalen oder Geldwäsche durch den Ankauf von Immobilien, Corona-Soforthilfe-Schwindel - immer wieder taucht der Name R. auf.
NRW-Clans in Kontakt mit Berliner Clans
Längst drehen NRW-Ableger ihr eigenes Ding. Allen voran Jamal R. und seine Sippe. Dabei spielt vor allem das Drohpotenzial eine Rolle. Die Großfamilie verfügt im Ruhrpott über weit geringere personelle Ressourcen als führende Clans.
Treten Konflikte auf, ruft man nach Hilfstruppen aus Berlin. So geschehen Anfang Juli 2019 bei einer Clan-Fehde, die letztlich eine Art Friedensrichter schlichten sollte. Das Treffen in einer Shisha-Bar flankierten etwa 30 Abgesandte der R.s von der Spree.
Rhein- und Ruhrschiene als Clan-Hotspot
Seit Jahren zählt die Rhein- und Ruhrschiene zu den bundesweiten Clan-Hotspots. So listet das Lagebild des Landeskriminalamts NRW aus dem Jahr 2018 rund 14.225 Straftaten auf. Insgesamt wurden 6449 tatverdächtige Personen identifiziert.
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Jamal R. weist 28 Einträge im Strafregister auf. Die Familie soll Ermittlungen zufolge im Drogenhandel mitmischen. Raub, Erpressung, Diebstahl und Gewaltdelikte gehen ebenfalls auf ihr Konto. Derzeit laufen etliche Ermittlungsverfahren. So steht der Boss im Verdacht des Sozialhilfebetrugs in fünfstelliger Höhe.
Faktisch gilt R. laut Staatsanwaltschaft als Besitzer einer Shisha-Bar, die offiziell über einen seiner Söhne läuft. Bei einer Durchsuchung in der Familienwohnung fanden sich in Blechdosen mehr als 12.500 Euro. Viel Geld für eine Familie, die offiziell von Hartz-IV lebt.
Essen: Nach Angriff auf seinen Sohn: Jamal R. mit großem Rachefeldzug
Im Juni 2019 sollen verfeindete Clan-Gangster R.s Sohn (18) in einen Hinterhalt gelockt und verprügelt haben. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Laut Anklage soll Jamal R. mit seinem Bruder samt Söhnen zu einem Rachefeldzug aufgebrochen sein. Erst ein großes Polizeiaufgebot konnte die Massenschlägerei beenden.
Wenig später begann die Jagd auf die verfeindete Familie erneut. Die Vergeltungsaktion begann mit einem Angriff auf dem Essener Gänsemarkt. Mit einem schwarzen Messer soll ein Sohn Jamal R.s seine fliehende Zielperson verfolgt haben.
Dabei soll er gerufen haben: „Ich werde Dich töten.“ So steht es in den Ermittlungsakten. Tags darauf soll ein Rollkommando der R.s ihre Gegner mit Messern, Eisenstangen und Kanthölzern attackiert haben. Auch hier verhinderte die Polizei Schlimmeres.
Als vier mutmaßliche Angreifer auf seinen Sohn vorläufig freigelassen wurden, schäumte der Clan-Boss im Hof des Essener Polizeipräsidiums: „Ich f... euch alle, Ich f... das System.“ Der Wutanfall endete mit dem Satz: „Wir werden das jetzt in die eigene Hand nehmen.“
Essen: Jamal R. droht keine Abschiebung
Im Dezember 2019 wanderte Jamal R. vorübergehend in Untersuchungshaft. Nur zwei Tage nach seiner Entlassung im Januar 2020 ging er Polizisten an. Dafür kassierte er wegen versuchter Nötigung sechs Monate ohne Bewährung.
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Trotz des Vorstrafenregisters muss der Libanese keine Abschiebung fürchten. Jamal R. besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Laut Staatsanwaltschaft ist die Clan-Größe nach islamischen Recht verheiratet und Vater von sieben Kindern, drei der Nachkommen sind noch minderjährig und besitzen einen deutschen Pass.
„Ich f... das System“, hatte der Jamal R. gebrüllt. Womöglich liegt er damit gar nicht so falsch...