SolingenMesser-Angriff bei Stadtfest: Mehrere Tote und Verletzte – „schreckliche Bilder“

Großalarm der Polizei Solingen. Bei einem Stadtfest kam es zu einer Messer-Attacke. Drei Menschen starben, acht weitere wurden schwer verletzt.

Ein Angreifer hat auf einer Jubiläumsfeier der Stadt Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet. Nach Angaben der Polizei sind acht Menschen verletzt worden, fünf davon schwer. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen stufte die Tat vom Freitagabend (23. August) wegen des zielgerichteten Vorgehens des Täters als Anschlag ein.

Der Täter war am frühen Samstagmorgen weiter auf der Flucht. „Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort“, sagte ein Polizeisprecher. Zum Aussehen des Flüchtigen gebe es keine gesicherten Informationen.

Messer-Attacke bei Stadtfest in Solingen: Mehrere Menschen gestorben

„Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben noch nicht so viele Angaben zum Täter“, erklärte Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal. Zeuginnen und Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. „Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen.“

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Allerdings könnten die Ermittler derzeit davon ausgehen, dass es sich um einen einzelnen Täter handelt, sagte Kresta weiter. Alle Zeugenaussagen, die die Polizei bislang aufnehmen konnte, wiesen darauf hin. „Von weiteren Personen ist uns nichts bekannt.“

Dem Täter sei es gelungen, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik nach der Tat zu entkommen, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Laut Polizei scheint der Täter wahllos auf Passantinnen und Passanten losgegangen zu sein, seine Opfer also zufällig ausgewählt zu haben. Dem Innenministerium zufolge habe er aber sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen. Über den Zustand der Verletzten wurde bis zum Morgen nichts Neues bekannt.

Die späteren Opfer waren Besucherinnen und Besucher des Festes zum 650. Jahrestag der Stadtgründung Solingens. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war. Die Tat trug sich einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur zufolge unmittelbar vor der Bühne zu.

Polizei warnt Bürger vor Handeln auf eigene Faust

Die Suche nach dem Täter lief am Samstagmorgen weiter. Ein Polizeisprecher riet: Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigeninitiativ handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Die Polizei in Wuppertal rief via Facebook dazu auf, die Solinger Innenstadt zu meiden.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) traf in der Nacht am Tatort ein und zeigte sich sichtlich betroffen. „Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein“, sagte Reul. „Wir in Nordrhein-Westfalen, wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint.“ Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer.

Die Stadt hat das ursprünglich für drei Tage geplante Straßenfest komplett beendet. Auch die für diesen Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wurden abgesagt.

Wahllos auf Passanten eingestochen

Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort.

Laut „Solinger Tageblatt“ folgten tausende Besucherinnen und Besucher der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen. „Die Menschen sind geschockt, aber friedlich vom Platz (gegangen)“, wurde Philipp Müller zitiert, einer der Mitorganisatoren des Festes. Später herrschte dann gespenstische Stimmung in der fast menschenleeren Innenstadt.

Oberbürgermeister spricht von Attentat

Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte erschüttert. „Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer“, schrieb der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. „Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.“

Und weiter: „Auch alle Menschen, die dies miterleben mussten, haben mein großes Mitgefühl, es müssen schreckliche Bilder gewesen sein. Ich danke allen Rettungs- und Sicherheitskräften für ihren Einsatz.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete den Anschlag als „Akt brutalster und sinnloser Gewalt“. Die Tat habe „unser Land ins Herz getroffen“, schrieb er auf der Plattform X. NRW sei in Erschütterung und Trauer vereint. „In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen“, schrieb der CDU-Politiker weiter. Und: „Ein großer Dank gilt den vielen Rettungskräften und unserer Polizei, die in diesen Minuten um Menschenleben kämpfen.“

Die Polizei schaltete ein Hinweisportal frei, über das Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Die Stadt Solingen wiederum richtete für Bürger eine Hotline für Fragen nach Vermissten ein (0212 - 290-2000). Bei der Polizei hätten sich Anfragen besorgter Angehöriger gehäuft, hieß es.

Das „Festival der Vielfalt“ in Solingen hatte am Freitag begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung hieß es: „Solingen Mitte wird dabei zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert.“ In den Straßen erwarte die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.

Faeser kündigte erst kürzlich Verschärfung des Waffenrechts an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst kürzlich eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.

Mitte Juni war ein 27-jähriger Afghane in Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt von Beamten erschossen worden, nachdem er zunächst einen 23-Jährigen erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt haben soll. In Mannheim hatte am 31. Mai ein Afghane fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Beamten mit einem Messer verletzt. Der Polizist starb später. (dpa)