Der Trend geht ganz klar in die falsche Richtung: 2022 sind die meisten Entwicklungs- und Schwellenländer autoritäre Regime. Ausgerechnet die Pandemie verhilft nun den Autokraten zu noch mehr Macht.
Demokratie in Gefahr?Immer mehr Länder zeigen beunruhigenden Trend auf – ein Grund ist Corona
Die Mehrheit der Länder bewege sich derzeit hin zur Autokratie und weg von der Demokratie, berichtet Sabine Donner von der „Bertelsmann Stiftung“.
Bei Entwicklungs- und Schwellenländern seien autoritäre Regime erstmals seit 2004 in der Überzahl, wie eine Studie der „Bertelsmann Stiftung“ vom Februar 2022 zeigt. 70 der untersuchten 137 Länder sind Autokratien, nur noch 67 Demokratien.
Allerdings gerieten auch Kern-demokratische Länder zunehmend unter Druck, so Donner. Ursache hierfür sei, dass Regierungen zunehmend „demokratische Institutionen aushöhlen“ und „Kontrollinstanzen abschaffen“ würden.
Demokratie in Bedrängnis: Deshalb schränken Autokraten Rechte ein
Wie so oft gehe es darum, die eigene Machtposition im Land zu stärken – ohne Rücksicht auf die gesellschaftlichen Auswirkungen.
Die Corona-Pandemie, die bereits zahlreiche wirtschaftliche Schäden mit sich bringt, werde obendrein leider „sehr häufig als Vorwand genutzt, um Freiheitsrechte weiter zu beschränken und Kritikerinnen und Kritiker zum Schweigen zu bringen“, weiß die Expertin.
Konkret wurden beispielsweise Grundrechte wie die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit in großem Stil eingeschränkt. Während die Maßnahmen in vielen etablierten Demokratien jedoch nur temporär sind und die Aufhebung in den meisten Fällen bereits absehbar ist, ist das in autoritären Staaten anders. Hier warten die Bürgerinnen und Bürger meist vergeblich.
Hoffnungsschimmer: Bürgerliches Engagement in Ländern „bemerkenswert“
Als „gut regierte Demokratien“ nennt der Index etwa Uruguay, Estland, Taiwan, Litauen, Tschechien oder auch Kroatien, Südkorea und Botswana. Hingegen werden Brasilien, Bulgarien, Indien, Serbien, Ungarn und Polen - vor wenigen Jahren noch als Demokratien bewertet - werden jetzt nur noch als „defekte Demokratien“ bezeichnet.
Sieben Länder sind seit der letzten Analyse von 2018 neu als Autokratien eingestuft, darunter Mali, Nigeria und Tansania. Russland und China sieht der Index als „Hartliner-Autokratien“. Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird „autoritärer Islamismus“ bescheinigt.
Doch es gibt auch einen Lichtblick: Zivilgesellschaftliches Engagement sei, so Sabine Donner, vor allem in den besonders betroffenen Ländern außerordentlich stark und könne helfen, politische Veränderungen anzustoßen. Zivilgesellschaftliche Akteure seien oft „die letzte Bastion im Kampf gegen Autokratisierung“ – so in Belarus, Myanmar oder im Sudan. Sie forderten vehement Reformen oder stemmten sich gegen Korruption und Amtsmissbrauch. (str, mei)