Die AfD will bei einem Parteitag am Wochenende Alice Weidel als Kanzlerkandidatin bestätigen und ihr Wahlprogramm verabschieden. Das sieht in vielen Bereichen einen radikalen Bruch mit der bisherigen Praxis in der Bundesrepublik vor – auch beim Thema Bürgergeld.
Bundestagswahl 2025AfD-Chefin Weidel erklärt Pläne der Partei – besonders über 50-Jährige könnte es hart treffen
In knapp sechs Wochen wählt Deutschland seinen Bundestag. CDU und CSU führen laut aktuellem „ARD-Deutschlandtrend“ weiterhin klar, neben der SPD (15 Prozent) kann auch die AfD mit 20 Prozent einen Prozentpunkt zulegen.
Aber was hat die AfD eigentlich mit Deutschland vor? Im Interview mit RTL spricht AfD-Chefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel nun über die Pläne für das Bürgergeld.
„Aktivierende Grundsicherung“ statt Bürgergeld
Das Bürgergeld hält die AfD für gescheitert und verspricht, „resolut“ gegen Missbrauch vorzugehen. Die Partei will mit einer „aktivierenden Grundsicherung“ insgesamt „hunderttausende arbeitsfähige Bürgergeldempfänger in den Arbeitsmarkt zurückbringen“, heißt es im Wahlprogramm.
Grundsätzlich soll der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr nach einem, sondern erst nach drei vollen Beitragsjahren gelten. Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher, die arbeiten können, sollen zudem nach sechs Monaten zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden – sogenannte „Bürgerarbeit“.
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„Die Dauer der Auszahlung des Arbeitslosengeldes sollte sich an die Arbeitszeit koppeln“, erklärte Weidel bei RTL. Zugleich will die AfD Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Solidaritätszuschlag abschaffen. Eine Maßnahme, die vorteilhaft für besonders hohe Gesamtvermögen wäre.
Das Arbeitslosengeld beträgt aktuell zwischen 60 und 67 Prozent des Nettoentgelts vor der Arbeitslosigkeit. Bedingung, es zu erhalten: Eine mindestens einjährige versicherungspflichtige Beschäftigung in der Zeit vor der Arbeitslosigkeit. Bereits bei zwei Jahren Beschäftigung läuft das Arbeitslosengeld ein Jahr lang.
AfD will finanziellen Druck auf Arbeitslose erhöhen
Die AfD will den finanziellen Druck auf Arbeitslose nun erhöhen. „Grundsätzlich soll der Anspruch auf Arbeitslosengeld erst nach drei vollen Beitragsjahren eintreten und ist zunächst auf sechs Monate beschränkt“, heißt es im Wahlprogramm. „Für je zwei weitere Beitragsjahre erhöht sich der Anspruch um einen Monat.“
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Mit anderen Worten: Das Minimum an Bezugsdauer gäbe es unter der AfD erst nach drei Jahren im Job statt nach einem wie bisher. Ein Jahr Arbeitslosengeld gäbe es mit der AfD erst nach 15 Jahren im Job (und nicht schon nach zwei Jahren). Weidel: „Das macht keinen Druck auf Arbeitslose“. Darum gehe es nicht.
Besonders hart träfen die AfD-Pläne über 50-Jährige, denn sie würden in der Regel besonders häufig arbeitslos. Aktuell können sie bis zu zwei Jahren Arbeitslosengeld beziehen, wenn sie in der Zeit davor vier Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Bei der AfD müsste ein Arbeitsloser oder eine Arbeitslose 39 Jahre lang beschäftigt gewesen sein, um zwei Jahre lang Arbeitslosengeld beziehen zu können – bevor sie dann Bürgergeld beziehen.
Interessant: Die strikten Positionen gegenüber Arbeitslosen vertritt die AfD, obwohl die Partei bei vergangenen Wahlen sehr von den Stimmen arbeitsloser Menschen profitierte: In der Bundestagswahl 2021 erreichte sie bei dieser Gruppe laut anonymen Nachwahlbefragungen einen Stimmanteil von 17 Prozent. 2017 waren sogar 21 Prozent der AfD-Wählerschaft arbeitslos. Arbeitslose machten so den größten oder zweitgrößten Anteil der Wählerschaft aus.