Europa hat gewählt: Am Sonntag gaben auch die Deutschen ihre Stimmen ab, um Punkt 18 Uhr schlossen die Wahllokale. Kurz darauf gab es die ersten Prognosen. Allerdings gibt es dabei immer größere Schwierigkeiten. Der Grund: ein Wahltrend.
Europawahl 2024Schwierigkeit bei 18-Uhr-Prognose in ARD und ZDF: Kann das alles überhaupt stimmen?
Die Europawahl erreicht heute ihren Höhepunkt: In 21 der insgesamt 27 EU-Länder gaben die Menschen am Sonntag ihre Stimme ab – auch in Deutschland.
Pünktlich um 18 Uhr gab es auch die ersten ARD-Prognosen, später am Abend folgen Hochrechnungen aufgrund erster ausgezählter Ergebnisse. Doch bei der Prognose stehen die Meinungsforscherinnen und -forscher vor immer größeren Schwierigkeiten. Der Grund: Inzwischen wählen immer mehr Deutsche per Brief – und stehen damit für eine Nachwahlbefragung nicht zur Verfügung.
Europawahl und andere Wahlen: Zahl der Briefabstimmungen steigt
Im Ersten präsentiert am Sonntagabend ab 17.30 Uhr Jörg Schönenborn die Prognosen, Hochrechnungen und Wahlergebnisse, auch das ZDF sendet ab 17.30 Uhr live aus der Berlin. Kann das Ergebnis, das in der ARD und im ZDF gezeigt wird, noch stimmen?
Fest steht: Seit Jahren steigt nicht nur bei Europawahlen die Zahl derjenigen, die nicht an die Urne treten, sondern per Briefwahl abstimmen. Bei der letzten Europawahl 2019 waren es bereits 28 Prozent, bei der Bundestagswahl gut zwei Jahre später waren es satte 47,3 Prozent – damals allerdings auch coronabedingt.
Auch für 2024 wird damit gerechnet, dass die Zahl der Menschen steigt, die einen Brief einwerfen. Das aber stellt Meinungsforscherinnen und -forscher vor Herausforderungen, wenn sie mit Schließung der Wahllokale eine Prognose veröffentlichen wollen, die aussagefähig ist.
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Wie sehr also stimmt die Prognose noch, oder anders gefragt: Wie sehr weicht sie von den Ergebnissen ab? Stefan Merz von Infratest dimap erklärte gegenüber MDR, dass es auch zur Europawahl um 18 Uhr eine Prognose geben werde und dass darin auch Briefwahlen berücksichtigt seien. Dabei sei aber klar: Briefe mit Wahlzetteln würden nicht vor 18 Uhr geöffnet. Auch Nachwahlbefragungen gebe es dort nicht.
Europawahl: Für Prognose werden drei Quellen genutzt
Doch es gebe andere Quellen, wie das Ergebnis abgeschätzt werden kann: Merz nennt hier drei Quellen. Erstens: Erfahrungen aus früheren Europawahlen und aus anderen Wahlen der letzten Zeit. Die würden mit einbezogen. Zudem werde vor der Wahl auch ermittelt, ob die Befragten per Briefwahl abstimmen oder schon abgestimmt haben. Auch dadurch ergebe sich ein Bild vom möglichen Abstimmungsverhalten.
Und drittens werde am Morgen des Wahlsonntags in ausgewählten Wahlbezirken nachgefragt, wie viele Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen beantragt haben. Damit ergebe sich ein Bild, wie die Briefwählerinnen und -wähler im Land verteilt sind. All das fließe dann in die Modelle ein.
Eine zusätzliche Herausforderung: Zwischen denjenigen, die in der Kabine wählen und all jenen, die Briefe verschicken, gebe es durchaus signifikante Unterschiede. Stefan Merz: „Früher konnte man sagen, Briefwähler sind älter und wählen eher konservativer.“ Eine solche pauschale Aussage lasse sich aber nicht mehr treffen. Auch junge Wählerinnen und Wähler seien hinzugekommen, die am Wahltag etwas anderes vorhätten.