Die Pandemie hat die Arbeitswelt verändert: Viele Branchen wie die Gastronomie suchen nach monatelangem Arbeiten auf Sparflamme nun verzweifelt Arbeitskräfte. Aber die gibt es nicht – zumindest nicht sofort. Bei vielen Beschäftigten unterschiedlicher Branchen hat offenbar ein Umdenken eingesetzt – wir alle stehen daher vor einer riesigen Aufgabe. Ein Kommentar.
KommentarFachkräftemangel geht jeden an – warum Wertschätzung zumindest ein Anfang ist
Dann kam Corona. Dieser Satz ist weniger Feststellung denn gesellschaftliche Zäsur. Denn mit Corona kamen zunächst die Angst vor Ansteckung, Krankheit und gar dem Tod, die Sorgen vor sozialer Isolation.
Jetzt, nach gut zweieinhalb Jahren Pandemie, wird unser Fokus plötzlich auf die Menschen gelenkt, die sich „vor Corona“ um die schönen Seiten unseres Lebens rund um Essen, Ausgehen, Urlaub oder die Körperpflege gekümmert haben. Und die genau das nun nicht mehr tun.
Fachkräftemangel: Mit mehr Geld allein ist es nicht getan
Weil sie weg sind. Weg, abgewandert in Branchen, in denen sie angesichts unsicherer Pandemie-Entwicklung nicht mehr mit Schließungen, Kurzarbeit oder anderen Einbußen rechnen müssen. Deren Arbeitsleistung früher von manchem zu gering geschätzt worden sein mag. Die bei weitem nicht immer fair bezahlt wurden, sich oftmals in Schicht- und Nachtdiensten aufrieben, manchmal auch eben „einfach so mitliefen“ im Service-Hamsterrad. Und es doch am Laufen hielten.
Ob sie zurückkommen werden? Fraglich. Denn warum sollte jemand einen vergleichsweise krisensicheren Job, den er vielleicht jetzt hat, oder eine erfüllende Selbstständigkeit einfach wieder aufgeben? Was leicht gesagt beziehungsweise geschrieben ist, ist eine Herkulesaufgabe. Dem (Fach-)Kräftemangel entgegentreten können wir nur gemeinsam, weil er uns alle betrifft und vor allem angeht.
Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, weil viele nicht nur durch die berühmte „Work-Life-Balance“ attraktiver werden, sondern in Branchen mit Schicht- oder schwerer körperlicher Arbeit schlichtweg besser zahlen müssen. Die Politik, die faire Rahmenbedingungen schaffen muss. Und die Verbraucherinnen und Verbraucher, die begreifen müssen, dass es manches im Leben eben nicht zum Dumpingpreis geben kann. Einsicht ist auch eine Art von Wertschätzung.