Die vierte Corona-Welle trifft Deutschland mit voller Wucht, die Virusvariante Omikron erhöht den Druck zusätzlich. Und die Frage um den derzeit wichtigsten Posten im Land bleibt und bleibt ungeklärt. Unser Autor findet in seinem Kommentar: In Zeiten höchster Unsicherheit ist das eine Blamage für die Ampel.
Das darf doch nicht wahr seinLauterbach-Frage ist eine einzige Zumutung
Auf der einen Seite: Hemmungsloses Geschacher um die besten Plätze im neuen Kabinett. Schon bevor der Koalitionsvertrag überhaupt gedruckt war, wurde über die neuen Ministerposten diskutiert. Und kaum lag er auf dem Tisch, flogen die Fetzen: Bei den Grünen zwischen Realos und Linken, der hoch gehandelte Anton Hofreiter ging am Ende leer aus, Özdemir wird überraschend Landwirtschaftsminister. Nach linker Lesart eine böse Überraschung: Von Wortbruch ist die Rede, von zerstörtem Vertrauen.
Auf der anderen Seite: Stoische Ruhe. Die FDP teile ihre Posten ohne viel Buhei mit. Und die SPD, die die neue Ministerin oder den neuen Minister im Gesundheitsministerium stellt, schweigt sich über das derzeit wohl wichtigste Amt der Nation aus. Die Partei will die Minister erst nach ihrem Parteitag am 4. Dezember öffentlich machen: Scholz sagte, man wolle „so vorgehen, wie es sich für die größte Regierungspartei anschickt.“
Wie bitte? Wer das Land aus dieser immer schlimmer werdenden Krise führen soll, erfahren die Bürger frühestens in einer Woche?
Das darf nicht wahr sein. Noch nie war die Frage nach dem „Wie“ in der Gesundheitspolitik so entscheidend wie jetzt, denn noch nie zuvor war die Corona-Pandemie dramatischer. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland erreichte einen weiteren Höchststand. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Sonntag mit 446,7 an. Die Gesundheitsämter meldeten binnen eines Tages 44.401 Neuinfektionen. Zudem breitet sich jetzt die als besorgniserregend eingestufte Omikron-Variante auch bei uns aus. In München wurde die Variante nach Angaben des Max-von-Pettenkofer-Instituts bei zwei Reisenden nachgewiesen.
Die Unsicherheit der Wirtschaft ist groß, die vieler Bürger ebenso. Kommt ein erneuter Lockdown, wie von vielen gefordert? Wird es eine Impfpflicht geben? Wie wird der Fahrplan aussehen für die kommenden Monate?
Karl Lauterbach: Wird er Gesundheitsminister oder nicht?
Für viele Bürger ist ein Name besonders naheliegend, wenn es um den Chefsessel des Gesundheitsministeriums geht: Karl Lauterbach. Von Anfang an erklärt er der Nation diese Pandemie, hat Epidemiologie sogar im Schwerpunkt studiert, kennt sich also bestens mit der Situation aus. Seine Haltung ist klar: Er sprach Tacheles, machte keine falschen Hoffnungen, vertrat die unbequeme Position. Die Mehrheit der Deutschen wünscht ihn sich laut Umfragen. Und auch er selbst hat Lust aufs Amt, wie er RTL verriet.
Wird also ein Hardliner Gesundheitsminister, einer der durchaus polarisiert? Viele bezeichnen ihn als „Panikmacher“ oder „Untergangpropheten“. Man mag ihn mögen oder eben nicht – aber die Antwort auf die Frage, ob er den Fahrplan für die Zukunft aufstellen wird, ist durchaus entscheidend.
Neuer Gesundheitsminister: Arbeitet er sich im Geheimen ein?
Oder wird es doch jemand anderes? Ist die Entscheidung schon womöglich getroffen, und derjenige oder diejenige wälzt im Büro schon Unterlagen für einen reibungslosen Übergang, arbeitet sich ein? Wie sehr arbeitet die neue und die alte Regierung derzeit wirklich zusammen, um das drängendste Problem unserer Zeit zu lösen?
Entscheidende Fragen für uns Bürger, die aber völlig unbeantwortet bleiben. Und das wohl noch für Tage. Eine Zumutung. Währenddessen laufen die Intensivstationen weiter voll, viele Menschen werden noch an Covid-19 sterben, viele Appelle und Warnrufe ertönen müssen. Es wird jetzt endlich Zeit, dass die Ampel hier schnell Verantwortung übernimmt. Und einen Verantwortlichen nennt.