Der Kampf um Lützerath geht in seine finale Phase: Am 2. Januar brannten erstmals Barrikaden, die Polizei bereitet die Räumung vor. Die Aktivistinnen und Aktivisten aber kündigen weiteren Widerstand an –auch in Köln.
Brennende BarrikadenRuhe vor dem Sturm: Kampf um Lützerath geht in die finale Phase
Brennende Autoreifen, fliegende Flaschen, brummende RWE-LKWs und ein großes Polizeiaufgebot: Im besetzten Örtchen Lützerath gab es am Montag (2. Januar 2023) einen ersten Vorgeschmack auf die nächsten Wochen.
„Die Leute hier haben versucht zu verhindern, dass die Polizei ins Dorf kommt, um Vorbereitungen zu treffen, damit das Dorf abgerissen wird“, sagt Julia Riedel, Sprecherin der Initiative „Lützerath lebt“, die direkt an der brennenden Barrikade steht.
Lützerath-Aktivisten blasen Aktionstraining ab
Eigentlich hatten die Aktivistinnen und Aktivisten auch für ein „Aktionstraining“ eingeladen, um Blockade-Methoden zu üben. Das sagen sie allerdings ab. Nun hätten „andere Sachen Priorität“, sagt Mara Sauer, eine weitere Sprecherin.
Einen Tag später hat sich die Situation beruhigt. „Es ist weiter Polizei vor Ort“, sagt Zora Fotigou zu EXPRESS.de. „Es werden Bäume gefällt, Straßen geebnet, auf dem Tagebauvorfeld sind die Laster von RWE aktiv. Aber es ist deutlich ruhiger als gestern, das Dorfleben hier geht weiter.“
Das Gelände werde für den Großeinsatz erschlossen, heißt es von der Polizei Aachen. „Insgesamt ist die Lage ruhig, das wird auch die nächsten Tage so bleiben.“
In Lützerath haben sich Aktivistinnen und Aktivisten verschanzt, weil mit dem Abtragen und Verfeuern der Braunkohle unter dem Meiler am Niederrhein ihrer Meinung nach feststeht, dass Deutschland seine Klimaziele verfehlen wird.
Ausgerechnet eine grüne Ministerin muss jetzt die Räumung verteidigen und letztlich durchsetzen: Mona Neubauer (45) verteidigte den Entschluss, die Braunkohle zu nutzen. Dies sei nötig, um Wirtschaft und Bevölkerung mit ausreichend Energie zu versorgen, betont die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin – wohl wissend, dass sie damit auch Teile der eigenen Wählerschaft vor den Kopf stößt. „Deswegen geht da leider kein Weg daran vorbei, Lützerath zu räumen.“
Das sagt auch das Energieunternehmen RWE: „Die Inanspruchnahme der ehemaligen Siedlung in diesem Winter ist notwendig, um inmitten der Energiekrise eine sichere Versorgung der Kraftwerke zu gewährleisten.“ Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens sei durch die Gerichte abschließend bestätigt.
Doch da widersprechen die Aktivisten von „Lützerath lebt“. Fotigou: „Der Paragraf 48 des Kohlesaustiegsgesetzes, auf dem der Beschluss beruht, ist nach Gutachten von zwei Verfassungsrechtlern verfassungswidrig.“ Das hatte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (53), der nun die Räumung mit vorantreibt, 2021 auch selbst auf seiner Facebook-Seite geschrieben.
Lützerath: Räumung rechtlich umstritten
Trotzdem könnte es nach dem Hambacher Forst zum zweiten Mal zu einer möglicherweise gesetzeswidrigen Räumung kommen. Für den 10. Januar 2023 will die Polizei bereit sein, die Initiative „Lützerath lebt“ rüstet sich für den Tag, wird mit Mahnwachen und Dorfspaziergängen weiter für Aufmerksamkeit sorgen.
Und auch in Köln sind weitere Aktionen geplant – um den Kampf um Lützerath vom Niederrhein auch in die großen Städte zu tragen.
Von der Politik erwarten die Aktivisten nichts mehr. Stattdessen planen sie ihren Widerstand. „Über die gesamte Räumungsphase wird sich das bewegungsübergreifende Aktionsbündnis „Lützerath unräumbar“ mit vielfältigen Aktionen des zivilen Ungehorsams der drohenden Zerstörung in den Weg stellen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Es braut sich etwas zusammen am Niederrhein. Der Kampf um Lützerath geht in seine finale Phase.