„Neue Frontline des Kalten Krieges“Deutsches Nachbarland rüstet zur stärksten Streitkraft auf

Mateusz Morawiecki, Ministerpräsident von Polen, besucht einen Truppenübungsplatz während der Militärübung „NIEDZWIEDZ-22“ im Südosten von Polen im September 2022.

Mateusz Morawiecki, Ministerpräsident von Polen, besucht einen Truppenübungsplatz während der Militärübung „NIEDZWIEDZ-22“ im Südosten von Polen im September 2022. Polen rüstet derzeit massiv auf.

Die deutsche Bundeswehr gleicht derzeit in vielen Bereichen einem Trümmerhaufen und ihre Oberbefehlshaberin tut ihr Übriges. Derweil ist es ein Nachbarland von Deutschland, das aktuell massiv in eine schlagkräftige Truppe investiert.

von Martin Gätke  (mg)

Verteidigungsminister Christine Lambrecht fremdelt seit Anfang ihrer Amtszeit mit ihrer neuen Rolle als Oberbefehlshaberin, nicht erst seit ihrer eigenartigen Neujahrsbotschaft oder dem Ärger um die Dienstreise mit ihrem Sohn. Hinzu kommt, dass Deutschlands Armee auch Monate nach der Zusage für die 100 Milliarden Euro, die sie erhält, weit davon entfernt ist, jene „schlagkräftigste Armee Europas“ zu sein, die sie sein soll. Vielmehr scheint die Bundesrepublik verantwortlich zu sein für eine Art militärische Lücke innerhalb der Europäischen Union.

Immer öfter wird von Pannen berichtet, von Lücken in der Ausrüstung – es scheint schon am Nötigsten zu fehlen. Der Zustand der deutschen Armee wirkt mangelhaft. Derweil ist es ein deutsches Nachbarland, das seine Armee extrem ausbaut.

Bundeswehr: Puma wird zum Debakel

Zuletzt hatte die zukünftige Speerspitze der Nato für Wirbel gesorgt: Der Puma, teuerster und schwerster Schützenpanzer der Welt, wird offenbar zu einem Totalausfall. Nach einer Schießübung der Bundeswehr waren ganze 18 von 18 Panzern nicht mehr einsatzfähig – innerhalb weniger Tage, wie der „Spiegel“ berichtete.

Ein zusätzliches Debakel: Ausgerechnet diese Panzer sind es, die in einer speziellen Konfiguration eingesetzt werden sollen, mit der sich Deutschlands Panzergrenadierbrigade 37 ab dem neuen Jahr an der Schnellen Eingreiftruppe (Very High Readiness Joint Task Force) des NATO-Bündnisses beteiligen soll.

Zwar betonte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, dass der Fall umgehend aufgeklärt werde und dass die Verpflichtungen gegenüber der Nato ab dem 1. Januar erfüllt würden – dennoch verfestigt sich der Eindruck immer mehr, dass die Bundeswehr massive Probleme hat.

Lücken in der Bundeswehr: „Armee muss in der Lage sein, sich zu verteidigen“

Das sieht auch Militärexperte Wolfgang Richter (Oberst a.D. bei der Bundeswehr) so, wie er gegenüber „t-online“ erklärt: Es gebe zahlreiche Lücken bei der Bundeswehr, vor allen Dingen in der Luftabwehr. Systeme wie der Gepard, die einst gut gewirkt hätten, habe die Bundeswehr selbst nicht mehr, da sie der Ukraine zur Verfügung gestellt wurden. Richter: „Wir müssen diese Lücken jetzt tatsächlich ausfüllen und das ist unabhängig von der Kriegssituation. Denn eine Armee muss in der Lage sein, sich in allen Domänen zu verteidigen.“

Die Nato selbst sei hingegen gut aufgestellt: Die Ostflanken wurden zuletzt verstärkt – nicht nur durch die USA, auch durch Deutschland. In Polen etwa wurden deutsche Patriot-Flugabwehrsysteme installiert – nach langem Hin und Her. Auch die Bundeswehr nehme dort an der Luftraumüberwachung mit Jets teil. „Dort hat man ein gutes Luftlagebild und kann dementsprechend schnell reagieren.“

Laut Berichten fehlt es den deutschen Soldatinnen und Soldaten nicht nur an schwerem Kriegsgerät, sondern auch am Nötigsten: Die Munition etwa würde nur für wenige Tage reichen.

Polen rüstet nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auf

Und während Deutschland aktuell den Anforderungen der Territorialverteidigung nicht gerecht wird, rüstet ein Nachbarstaat auf und zeigt, wie die militärische Ausrichtung in Kriegszeiten aussehen könnte: Die polnische Armee investiert massiv, um sich für die eigene Verteidigung zu wappnen.

Markus Reisner, Kommandant der Garde des österreichischen Bundesheers, erklärt gegenüber „t-online“, dass nicht nur die polnischen Streitkräfte mit der möglichen Bedrohung Russlands gestärkt werden. In mehreren Nato-Staaten werde derzeit aufgerüstet: „Wir sehen eine Verstärkung der Kräfte an der neuen Frontline des Kalten Krieges, von den baltischen Staaten hinunter bis in den Bosporus. Gerade Polen entwickelt sich gerade zu den stärksten Streitkräften Europas.“

Polen wird für umgerechnet rund 3,58 Milliarden Euro moderne Panzer, Kampffahrzeuge und Waffen aus den USA erhalten. Für das Rüstungsgeschäft gab das Außenministerium in Washington im Dezember grünes Licht. Polen kauft unter anderem 116 Kampfpanzer vom Typ M1A1 Abrams sowie Zehntausende Schuss Munition.