Das Verhältnis der SPD zu Russland sorgt ohnehin für reichlich Zündstoff, da setzt der Ex-OB von Düsseldorf noch einen drauf: Thomas Geisel hat sich in seinem Blog kritisch über den ukrainischen Botschafter und den Präsidenten geäußert. Und sorgt damit für einen Eklat.
„Man kann sich nur noch schämen“Düsseldorfer Ex-OB Geisel sorgt mit Ukraine-Äußerungen für Eklat
In drei Wochen findet die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen statt, am 15. Mai entscheidet sich, ob Hendrik Wüst (CDU) Ministerpräsident bleibt oder durch Thomas Kutschaty (SPD) abgelöst wird. Umfragen zeigten zuletzt beide gleichauf – doch nun könnten ausgerechnet die Äußerungen eines Parteigenossen Konsequenzen für Kutschaty und die NRW-SPD haben.
Der einstige OB von Düsseldorf, Thomas Geisel, hat sich in seinem Blog kritisch über Kommunikationspolitik des ukrainischen Botschafters und seines Präsidenten geäußert. Unter der Überschrift „Es reicht, Herr Melnyk!“ bezichtigt er den Chefdiplomaten des Landes, in dem seit nunmehr 59 Tagen Krieg herrscht, ein „anmaßender PR-Profi“ zu sein.
Für seine Äußerungen bekommt Geisel nun jede Menge Kritik.
Geisel räumt in dem Blog-Text zwar ein, dass der Überfall auf die Ukraine „ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ ist, fragt jedoch anschließend: „Aber ist er wirklich ein expansiver Vernichtungskrieg, ja gar, wie uns Herr Melnyk glauben machen möchte, ein Genozid gegen das Volk eines friedliebenden demokratischen Landes? Ist er wirklich das Ergebnis einer verfehlten, weil zu nachgiebigen Politik des Westens gegenüber Russland?“
Ukraine: Thomas Geisel sorgt mit Äußerungen für Eklat
Geisel fragt, ob der Krieg wirklich nur dadurch beendet werden könne, „dass die Ukraine so lange mit Waffen versorgt wird, bis der Aggressor wieder vertrieben ist“ und ob es wirklich die zwingende Konsequenz sei, „dass wir auf unabsehbare Zeit sämtliche wirtschaftlichen und politischen Bindungen mit Russland kappen und uns – koste es, was es wolle – so schnell wie möglich unabhängig von den Rohstoffen dieses Riesenreichs machen, denen wir bislang zu einem guten Teil unseren Wohlstand zu verdanken haben?“
Geisel weiter: „Es ist in der Tat erstaunlich, wie es Herr Melnyk und mehr noch natürlich sein Präsident Selenskyj, dieser omnipräsente Social-Media-Alleskönner, geschafft haben, die Diskussion über den Krieg in der Ukraine zu beherrschen.“ Russland betreibe staatliche Propaganda, so Geisel weiter, „aber können wir der Rhetorik des Kriegsopfers, also der Ukraine, trauen?“
Thomas Geisel: „Stimmt es wirklich, dass Mariupol zu 90 % zerstört ist?“
Es sei von „historisch beispiellosen Kriegsverbrechen“ und Genozid die Rede, schreibt Geisel, „aber stimmt es beispielsweise wirklich, dass Mariupol zu 90 % zerstört ist? Die Bilder, die wir bekommen, sind schrecklich. Aber sind es nicht fast immer dieselben Motive?“
Geisel: „410 Zivilisten sind – nach ukrainischen Angaben – den Gräueltaten von Butscha zum Opfer gefallen. Selbstverständlich ist jedes zivile Opfer eines Krieges eine Tragödie und eines zu viel. Aber werden durch die ukrainische Genozid-Rhetorik nicht letztlich die Kriegsverbrechen von Srebrenica, My Lai und Babiyar (Babyn Jar), um nur einige zu nennen, und vielleicht auch die Bombennacht von Dresden, der angeblich 30.000 Menschen zum Opfer fielen, bagatellisiert?“
Das „Riesenreich“ Russland, dem Deutschland Wohlstand zu verdanken hat. Kritik an den harten wirtschaftlichen Sanktionen gegen Putin. Relativierung von Kriegsverbrechen. Geisels Äußerungen kommen zu einem Zeitpunkt, als ohnehin die Russland-Politik der SPD stark bemängelt wird. Kritikerinnen und Kritiker fragen sich, wie viel Nähe zu dem Land in der Partei steckt. Auch Melnyk findet den Grund für die Absage von Kanzler Olaf Scholz, schwere Waffen zu liefern, in der Geschichte der Partei. Er attestierte ihr eine „höchst bedenkliche Nähe zu Russland“.
Ukraine-Äußerungen von Thomas Geisel sorgen für scharfe Kritik
Ein Argument, dem Geisel mit seinen Äußerungen nun neue Nahrung gibt. „Besser einfach schweigen als auf diese Weise den Verdacht bestärken, in der SPD habe man die Zeitenwende nicht nur nicht verstanden, sondern lege der Ukraine defätistisch die Selbstaufgabe nahe“, kritisiert Wolfgang Ischinger, Chef der Sicherheitskonferenz. „Das Gegenteil von Ostpolitik – vergrößert leider den Reputationsschaden für Deutschland.“
Ruprecht Polenz (CDU), ehemaliger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, twittert: „Erst Schröder, dann Schwesig, jetzt Geisel. Ich hätte es für ausgeschlossen gehalten, dass sich ein führender SPD-Politiker wie der ehemalige Oberbürgermeister von Düsseldorf in dieser Weise zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine äußert.“
Der Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU), Kreisvorsitzender der CDU Düsseldorf, schreibt: „Das Russlandproblem der SPD in NRW geht weiter: Düsseldorfs ehemaliger Oberbürgermeister Thomas Geisel relativiert Gräueltaten in der Ukraine. Man kann sich nur noch schämen.“
Auch Botschafter Melnyk hat auf Geisels Blog-Eintrag reagiert. „Das Weltbild dieser selbstgefälligen Genossenschaft ist echt verstörend“, twittert er. Und ergänzt: „Viel Glück noch bei der NRW-Landtagswahl am 15. Mai.“